Feb 27

High hanging fruits

Im Gegensatz zu den ‚Low Hanging Fruits’ befinden sich die ‚High Hanging Fruits’ deutlich höher. Die Bezeichnung hat ihren Ursprung in der Unternehmenslehre und die Höhe der Früchte signalisiert den zu leistenden Aufwand bei der Ernte. Unten hängen die leicht zu erntenten, eventuell nicht ganz so süßen und saftigen Früchte, wie sie weiter oben zu finden sind. In den letzten Jahren ist nun eine klare Tendenz in Richtung zu den ‚Low Hanging Fruits’ zu erkennen. Und zwar in allen Bereichen der Gesellschaft, nicht nur in der Wirtschaft.

Es geht darum, möglichst schnell – ohne großen Aufwand – zu Ergebnissen zu kommen. Nicht umsonst gibt es in der Industrie die Bezeichnung Ergebnisorientierung. Beim Outsourcing stellen die billigeren Arbeitskräfte die verlockenden, vermeintlich tief hängenden Früchte dar. Viele Unternehmen stellten die Grundlagenforschung ganz ein – viel zu anstrengend, viel zu weit oben im Baum.

Eine andere überreife Frucht ergibt sich aus dem Portfoliomanagement. Unternehmen konzentrieren sich mit ihren Aktionen auf die Bereiche, die die höchsten Margen erzielen und stoßen die weniger lukrativen ab. Stellt ein Friseur beispielsweise fest, dass Damen sowohl öfter kommen als auch das üppigere Programm ordern und demzufolge wesentlich mehr Geld im Geschäft lassen, könnte er auf die Idee kommen, den Bereich Herren zu schließen. Wenn mehr auf die Idee kommen, werden Herrenfriseure zum Nichensegment. Was bei den Friseuren mit Marktgesetzen erklärt werden kann, ist in anderen Bereichen nicht so einfach zu erklären und das band zur Illegalität ist auch recht schmal, privat drängelt man sich mal in einer Warteschlange vor, im Sport wird gedopt, Lebensmittelproduzenten kommen öfter mal ins Gerede. Immer mit dem Ziel, schnelle Ergebnisse bei geringem Aufwand. Das schlimme ist, dass man das hat Gefühl, dieses Cherry-Picking wird von der Ausnahme zur Normalität.

Albert Einstein soll einmal gesagt haben, Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil die Ergebnisse sofort sichtbar sind. Gemeint hat er wohl, dass die Entwicklung der Relativitätstheorie wesentlich mehr Aufwand bedeutet und undankbarer ist.

Muss man sich nicht fragen, ob der Sinn des Lebens dieser Jagd nach den reifen Früchten geopfert wird? Aus überlegter, langfristiger und sinnstiftender Planung und Handlung wird hektisches Reagieren, Flickschusterei und Krisenmanagement. Nach Beispielen aus Wirtschaft und Politik muss man heute nicht lange suchen.

Das nächste Mal werde ich wohl etwas nachdenklicher als sonst zum Friseur gehen, so ich noch einen finde kann

Dez 19

Sparen

Die Idee des Sparens liegt darin, etwas kostengünstiger anzubieten oder eben ganz darauf zu verzichten – also ersatzlos zu streichen. Das geht natürlich nicht ohne Auswirkungen für die angebotene Leistung. Zur Zeit kann man in München einem Experiment der Münchener Verkehrsbetriebe beiwohnen, bei dem man besonders dämlich versucht zu sparen. Der MVV hat damit begonnen, die üblicherweise in den Wagen unterhalb des Fensters angebrachten Abfallbehältnisse zu entfernen. Die Motivation für diese offensichtlich gedankenbefreite Aktion liegt wohl darin, dass man sich die Entleerung sparen will: keine Abfallbehälter – keine Entleerung. Die Konsequenz ist für jeden vernünftigen Menschen absehbar. Der Müll wandert nicht mehr in den Behälter sondern landet nun im ganzen Abteil. Für den MVV scheint das jedoch eine gewisse Überraschung darzustellen, jedenfalls hat man reagiert und mit der Demontage der Abfallbehälter aufgehört. Nun fährt ein Teil mit – meist sauber -und ein Teil ohne – meist verdreckt Müllbehälter. Eine absurde Aktion, aber das Ergebnis ist erkennbar. Damit kann man darauf reagieren. Einsparungen, die man jedoch nicht verfolgen kann, können noch wesentlich mehr Schaden anrichten. Dummes Sparen bedeutet, dass an einer Stelle im Unternehmen etwas gespart wird, dafür jedoch an anderer Stelle umsomehr Kosten entstehen. Leider scheint das weit verbreitet zu sein. Intelligentes Sparen bedeutet im Gegensatz dazu, tatsächlich vermeidbare Kosten zu reduzieren. Das ist eine riesige Herausforderung. Wenn man sich so die Einsparziele der Unternehmen anschaut, kann es sich in den seltensten Fällen um richtig überlegte (intelligente) Einsparungen handeln. Die Lufthansa schwingt sich gerade zu einem neuen Sparprogramm auf. Herr Franz verkündet die Ziele und die Orientierung an den Billigfliegern. Ähnlich wie in der Münchner U-Bahn wird man recht bald das Ergebnis bewundern können. Das letzte mir bekannte Unternehmen was sparen wollte und dabei gleichzeitig wachsen, war BENQ. Bis zur Pleite war es ungefähr ein Jahr. Kein Unternehmen hat Anspruch aufs überleben. Bleibt abzuwarten, wie lange die Lufthansa das Spagat zwischen premium und billig verkraftet.