Jun 13

Womit wir uns so beschäftigen …

In einer Diskussion mit Freunden war plötzlich ein Thema im Fokus, was uns ja alle irgendwie betrifft. Womit beschäftigen wir uns bei unserer Tätigkeit in den Büros, den Unternehmen oder allgemein den Organisationen? In der Art der Tätigkeit mag es ja enorme Unterschiede geben: Lesen, recherchieren, analysieren, buchen, abheften, lochen, abheften, sortieren, abtippen, formulieren, gestalten, konzipieren, kommunizieren und so weiter und so fort. Es ist unüberschaubar und das Spektrum ist vielfältig. Wenn man an dieser Stelle gedanklich kurz innehält (um dann wieder lossprinten zu können) kann man bemerken, dass der Organisation dieser Tätigkeiten wohl eine größere Bedeutung zukommt, als man zunächst vielleicht annehmen möchte. Erst lochen und dann abheften ist noch einfach, sobald jedoch andere Menschen involviert sind, kann es schnell kompliziert werden. Einbinden (also andere Personen gedanklich einbinden), informieren (über irgendetwas, meistens banales Zeug), abstimmen (z. B. das gemeinsame Vorgehen in einer bestimmten Sache), bestätigen (ist immer gut), entscheiden (gibt es auch immer was, auch keine Entscheidung ist ja eine Entscheidung, sagt man) und vor allem Entscheidungen vorbereiten (also alles zusammentragen, was notwendig ist, damit ein erfahrener Wirtschaftskapitän dann seine Entscheidungen fällen kann) sind heutzutage die typischen Tätigkeiten in den Büros. Und es gilt sie zu managen.

Wenn man sich nun vorstellt, man hat auf der einen Seite einen Block an auszuführenden Tätigkeiten und auf der anderen Seite eine ‚Mannschaft‘ (Manager sprechen gerne von ‚ihren‘ Leuten), die diese Aufgaben abarbeiten und bewältigen. Wie organisiert man diese Arbeit? Aus dem was ich so erlebe und beobachte kam ich zu folgender These: Manager kümmern sich immer weniger um Inhalte, wollen aber entscheiden. Das macht es schwierig, da man kommunikativ entsprechend aufrüsten muss. Das bedeutet weiter, der Anteil der Arbeit, der für die Kommunikation (Reporting, Entscheidungsvorlagen etc.) aufgewendet wird, wird überproportional steigen. Andererseits sind Unternehmen bestrebt, immer bessere (also intelligentere, fähigere) Leute einzustellen.

Wird das irgendwann dazu führen, dass immer schlauere Leute mit immer trivialerem Zeug beschäftigt werden? Potentiale liegen brach und der Grad der Frustration steigt?

In der Diskussion waren wir uns jedenfalls einig, dass in den letzten Jahren sowohl die Banalisierung als auch die Frustration unter beschäftigten zugenommen hat. Was wäre ein Ausweg? Es mag hochspekulativ sein, aber vielleicht wäre ein Ausweg: weniger Powerpoint und mehr sachlich, fachlich, inhaltlicher Diskurs?

Apr 09

Im Schatten der Planwirtschaft …

Ein Teil meines Lebens war geprägt durch die Planwirtschaft. Ich wuchs in der DDR auf und machte ddr-parolefrühzeitig die Erfahrung der zentral gesteuerten Wirtschaftspolitik und der Begleit-Propaganda. Wenn ich zurückdenke, dann nicht im Groll. Es war anders. Es gab keine Werbung dafür aber Mangelwirtschaft, die Preise waren überall gleich und der Staat war eigentlich chronisch überfordert. Das Interessante war jedoch, dass man beim Lesen der Zeitung und als Empfänger der zentral organisierten Kommunikation ein ganz anderes Bild präsentiert bekam. Glaubte man dem in den Medien gezeichneten Bild, so war das Leben schillernd und der Sozialismus alternativlos und erfolgreich. Der erlebte Alltag und das gezeichnete Bild hatten kaum etwas miteinander zu tun – und alle wussten das und hatten sich damit arrangiert. Man lernte damit zu leben: In der Zeitung wurde z.B. von  den Erfolgen der Partei und den übererfüllten Plänen berichtet. Der Alltag war eine Monokultur und durch Mängel und Langsamkeit geprägt. Es war keineswegs Armut aber eben auch nicht so wie in den Medien dargestellt. War es Propaganda oder Realitätsverlust? Es war nicht ganz klar, vermutlich eine Mischung aus beidem.junge_welt

Das Verblüffende ist nun, daß dieses Phänomen – also die Diskrepanz zwischen der Wirklichkeit und der Darstellung – genauso in große Unternehmen (insbesondere mit internationaler Ausrichtung) zu beobachten ist. Zunächst einmal ist bemerkenswert, dass die Unternehmen in ähnlicher Weise organisiert und gesteuert werden wie damals in der zentralistischen Planwirtschaft. Wichtige Entscheidungen werden in zentralen Machtzirkeln entschieden, beide Systeme sind eher Diktaturen als Demokratien und die Strukturen und Machtverhältnisse sind intransparent. pic159eUnd am Auffälligsten ist, dass die Darstellung nach den gleichen Mustern abläuft wie im Sozialismus (ich kann das beurteilen, da ich beides erlebt habe / erlebe): alles ist rosig, fast alles ist vom Erfolg gekrönt und Probleme sind nicht erkennbar (man ist immer ‚gut aufgestellt‘). Auch hier sind die Unterschiede zur Realität enorm groß und es wird wohl auch – wie zuvor schon beschrieben eine Mischung aus Realitätsverlust und Propaganda sein.
Und genau das bereitet mir etwas Sorgen. Ich weiß, was aus der DDR wurde und ich befürchte das die Verleugnung der Realität und die verzerrte Darstellung hier wie dort der Anfang vom Ende ist.

Mrz 29

Und ab morgen alles ohne Chef …

Führungskräfte mag kaum jemand und sie machen es einem auch nicht einfach sie zu mögen. Zunächst ein paar ‚Fakten‘, entnommen einer Umfrage (n = 2411) des Online-Karriereportals Monster:

  • über 75% der Umfrageteilnehmer haben so wenig Vertrauen in ihren Chef, dass sie ihn, wenn es die Möglichkeit dazu gäbe, abwählen würden.
  • Knapp ein Drittel der Befragten (30%) würde sich in diesem Zuge selbst zum Chef wählen;
  • 25% gaben an, dass ein Kollegen den Posten übernehmen sollte.
  • 21% würden keine dieser Optionen wählen und auf einen neuen Kandidaten hoffen.
  • die Mexikaner haben das höchste Selbstvertrauen: 46% von ihnen gaben an, selber die Rolle des Chefs übernehmen zu wollen
  • In Europa herrscht dagegen keine so große Selbstsicherheit – nur 28% würden für sich selbst stimmen
  • Lediglich in Frankreich würden sich 45% selbst gerne im Chefsessel sehen.
  • Was die Bevorzugung eines Kollegen angeht, gehören US-amerikanische Beschäftigte zu den kollegialsten. 27% glauben, dass ein Kollege einen besseren Job machen würde als ihr derzeitiger Chef.

Ganz ohne Chef können es sich wohl die Wenigsten vorstellen. Ein hoher Anteil würde sich ja selbst zum Chef machen  (30%). Das signalisiert Selbstvertrauen und steht für die Kritik und den Wunsch, es besser machen zu wollen oder zu können. Aber ist das Konzept ‚Chef‘ überhaupt noch zeitgemäß? Ich habe so meine Zweifel. Es lebt wohl eher von der Tradition. Als die Welt noch simple war und man sich als Chef seiner Rolle durch Wissens- und Informationsvorsprung sicher sein konnte, traf das zu. Heute ist dieser Zusammenhang nicht mehr unbedingt gegeben. Nicht selten stehen heute Organisationen vor dem Problem, dass Chefs zunächst ’schlau gemacht werden müssen‘ damit sie überhaupt entscheiden können. In Management-tauglichen PowerPoint Foliensätzen werden dann Enstscheidungsvorlagen erstellt. Man hat dann das Gefühl, dass genau dieser Foliensatz zum Dreh- und Angelpunkt für die Beurteilung von Kompetenz und die daraus evtl. resultierende Anerkennung erhoben wird. Das ist ziemlich absurd, fällt jedoch kaum auf. Wäre es nicht besser, wenn man sich den Weg über den Chef ganz spart und gleich selbst entscheidet? Effizienter wäre es doch, den Wissenstransfer so zu gestalten, dass nicht die großen Wissensdeltas sonder eher die kleinen Wissensdeltas vermittelt werden. In der Praxis wäre das wohl in der Mehrzahl dann von der Führungskraft zum Mitarbeiter.

Nun könnte man ja argumentieren, dass Chefs nicht zwangsläufig schlauer, intelligenter und mit mehr Wissen ausgestattet sein müssen als die Mitarbeiter. Das mag sein, aber woraus resultiert dann heute deren Daseinsberechtigung? Das ist oftmals nicht einfach zu erkennen. Bei Raumschiff Enterprice war Kirk auch nicht der smarteste der Besatzung. Spok, McCoy und Scotty waren Spezialisten, aber Kirk konnte inspirieren und integrieren und er hatte die Visionen. Aber können Chefs damit punkten? Die Statistik sagt ‚Nein‘. Also wäre es nun an der Zeit, es mal ganz ohne Chef zu probieren. Mit Gary Hamel gibt es auch einen bedeutenden Unterstützer (‚Das Ende des Managements‘). Er argumentiert, dass es vor allem die Chefs selber sind, die sich für unverzichtbar halten und in ihrem Streben nach Bedeutung immer weitere Hierarchieebenen aufbauen und damit die Organisation träge machen. Dass Organisationen ohne Chefs nicht in Anarchie versinken, beweisen viele Beispiele. Die ‚Zeit‘ berichtet in ihrer neuesten Ausgabe von einem recht erfolgreichen Unternehmen aus Berlin – partake (Ausgabe 14/ S.69). Spannende Geschichte und irgendwie auch ziemlich cool.

Jan 08

Verlernen zu innovieren

In einem Buch (Millier: Auf dem Prüfstand, 2008, S.24) habe ich von einer Untersuchung zur Innovationstätigkeit erfahren. Das Buch ist recht gut, vielleicht etwas verworren geschrieben, aber die Untersuchung hat mich fast umgehauen.
Es geht um Folgendes: Die Umsätze der Unternehmen des CAC40 – das französische Pendant zum DAX – sind im Zeitraum von 1995 bis 2003 um 10 Prozent pro Jahr gestiegen. Sie legten von €419 Mrd auf €910 Mrd zu. Das ist beachtlich! Die Überraschung kommt aber, wenn man sich genauer anschaut, wie sich dieses Wachstum zusammensetzt. 57 Prozent sind ‚erkauft‘, also durch Fusionen und Akqisitionen in die Bilanz gerutscht (5,4 % jährlich). Weitere 29,5 prozent sind durch internationale Expansion zu erklären, das sind 3,1% pro Jahr. 12 Prozent sind auf Preiserhöhungen zurück zu führen, was jährlich zu 1, 4 % beiträgt. Nun bleiben genau 1,5 Prozent übrig, was einer jährlichen Rate von 0,2 % entspricht. Das entspricht dem organischen Wachstum, also der Erneuerungstätigkeit und Innovationstätigkeit der großen Firmen. Das ist ein Schock! Continue reading

Nov 12

Bestseller

Als Bestseller bezeichnet man Bücher (oder Musik, aber heute geht es im Wesentlichen um Bücher), die sich gut verkaufen. Wenn man sich die Liste der meistverkauften Bücher anschaut – auch Bestseller-Liste genannt – lassen sich bestimmte Muster erkennen. Kochbücher gehen wohl immer gut, viele Ratgeber sind vertreten, Krimis, aktuelle Themen und Unterhaltung sind gut geeignet. Es muss ein weit verbreitetes Interesse ansprechen, darf nicht zu anspruchsvoll sein und auch nicht zu teuer (mölichst unter €20).
Zum einen fragt man sich, ob es so schwer sein kann, Autor eines Bestsellers zu werden wenn man sich strikt an einige Vorgaben hält. Zum Anderen sollte man sich immer vor Augen führen, dass man es für die Massen schreibt und auch jede Menge Glück dazu gehört (z.B. dass jemand auf das Buch aufmerksam wird und es dann massenwirksam empfiehlt).
Aber nicht nur die Autoren, auch die Leser lassen sich zumindest teilweise von den Bestseller-Listen oder Bücherläden inspirieren. Continue reading

Sep 26

Eindringliche Warnung

Eine Warnung ist die Vorhersage des möglichen Eintritts eines Schadens, der jedoch noch bei Konzentration auf die Gefahr unterbunden werden kann. So der spröde Erklärungsversuch aus einem gängigen Nachschlagewerk. Damit eine Warnung auch nur annähernd Sinnhaftigkeit vermitteln kann, sollte der oder die Gewarnte sich der Gefahr zum einen noch nicht bewusst sein und zum anderen sollte es eine Handlungsoption geben. Die Reaktion auf die Gefahr kann sowohl die aktive Unterdrückung als auch die Vermeidung sein. Das mag jetzt kompliziert klingen, ist aber eigentlich ganz einfach. Bei einer Unwetterwarnung beispielsweise erfährt der Grillfan, dass die Sonne in Kürze weg sein wird. Somit ergeben sich die Optionen entweder das Grillevent verschieben oder zu riskieren, dass es etwas turbulenter zugeht beim Steak essen. Oder ein Arzt warnt einen Patienten vor den Gefahren des Nikotinkonsums.
In jüngster Zeit scheinen die Politiker Warnungen als attraktives Kommunikationsmittel für sich entdeckt zu haben. Sehr beliebt sind Warnungen vor der Klimaerwährmung. Letztes Jahr um diese Zeit waren Warnungen vor einem zu hohen Ölpreis sehr populär. Vor hohen Lebensmittelpreisen und hohen Arbeitslosenzahlen, aber auch vor den Auswirkungen von Streiks und zu hohen oder wahlweise auch zu niedrigen Zinsen. Auffällig an diesen von Politikern geäußerten Warnungen ist stets, dass es für die meisten schon wissen und es im Grunde keine alternative Handlungsoption als Reaktion auf die Gefahr gibt. Wenn Horst Seehofer beispielsweise vor einem zu niedrigen Milchpreis warnt, habe ich das Gefühl, er möchte damit signalisieren, dass er den Ernst der Lage verstanden hat, aber nichts machen kann. Die Warnung als politisches Instrument signalisiert Wille und Aktionsimus ohne jedoch notwendigerweise handeln zu müssen. Die Warnung richtet sich ja an die anderen. Die WHO hat ihre Warnung vor der Schweinegrippe sogar verschärft! Was das wohl bedeuten mag? Als normaler Bürger hat man ja wenig Einfluss auf die Ausbreitung einer Pandemie, auch nicht bei verschärfter Warnung. Also was tun? Die vielen sinnlosen Warnungen führen zu einer wahren Inflation und dazu, dass man sie in der Informationsflut kaum noch ernst nimmt.
Auch wenn es das Wetter nicht unbedingt vermuten lässt, haben wir Sommer und trotz meiner verschärften Warnung wird das Sommerloch auch in diesem Jahr einige kuriose Meldungen hervor bringen. Ausdrücklich beziehe ich hohe Arbeitslosigkeit, Inflation und Deflation, Terrorgefahr, soziale Unruhen, Steuererhöhung, zu hohe Managergehälter und eine zu hohe Staatsverschuldung in meine verschärfte Warnung mit ein!

Mai 04

Textbausteine

‚So jung kommen wir nicht mehr zusammen‘ (#1) Das ist einer jener Sätze, der auf jeder Party wenigstens einmal aufgesagt wird. In der Regel ein Indiz für einen erhöhten Promillegehalt im Blut des Absenders oder für fortgeschrittene Dämlichkeit. ‚Wie auch immer!‘ (Textbaustein #2). Das ist heute nicht unser Thema (#3). Thema heute: Textbausteine. Die Textbausteine in unserer täglichen Kommunikation nehmen inflationäre Züge an. Hier ein paar Beispiele:

‚Ihr Anruf ist uns wichtig‘ (Telekom Hotline, #4).
‚Vielen Dank für ihren Einkauf‘ (Rewe Kassenzettel, #5).
‚Das ist Chefsache!‘ (wahlweise Bundesregierung oder Chefetagen von Konzernen, #6)
‚Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil“ (leider in allen Lebensbereichen, auch zu Hause, #7)
‚Da kannst du mal sehen‘ (Verlegenheitsspruch, der gerne als Füllbaustein bei verbalen Aussetzern genommen wird, #8)
‚Schatz, wir müssen sprechen‘ (bekannt aus dem Partnerschaftsalltag wenn es wirklich ernst wird, #9)

Textbausteine vereinfachen die Kommunikation, nachdenken wird minimiert, die Textbausteine gehen direkt – ohne Einbeziehung des Hirns – zum Sprechzentrum. Zur Perfektion getrieben bedeutet das, ganze Dialoge sind ausschließlich mit Textbausteinen möglich:

A: ‚Was zählt sind Fakten, Fakten, Fakten.‘ (#10)
B: ‚Traue keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast.‘ (#11)
A: ‚Behalten sie es im Auge.‘ (#12)
B: ‚Nehmen sie es nicht persönlich‘ (#13)
A: ‚Nichts für ungut‘ (#14)

Naja, ‚Die Hoffnung stirbt zuletzt‘ (#15) , ‚Wehret den Anfängen!‘ (#16)
Der wirklich beste ist jedoch ‚Wir sind gut aufgestellt‘ (#17) Weil, irgendwie sind Organisationen ja immer gut aufgestellt – bis eben zur nächsten Umorganisation. Und die findet nur statt, damit man … man ahnt es schon … gut aufgestellt ist.

Nov 13

Wenn Unternehmen sterben …

Quelle ist nun pleite. Wieder ist ein Traditionsunternehmen gescheitert. Die spannende Frage ist nun, woran hat es gelegen? Den Berichten in der Zeitung kann man entnehmen, dass sich bspw. die Mitarbeiter keiner Schuld bewusst sind „Wir haben doch nichts falsch gemacht.“ bemerkt einer der entlassenen Quelle-Mitarbeiter (SZ vom 31.10./01.11). Der ehemalige Chef ist sich auch keiner Schuld bewusst: Am 19. Dezember 2007 zeigt sich Middelhoff „sehr zufrieden“ mit der Entwicklung des Konzerns. Von anderen Mitarbeitern, vor allem dem mittleren Management weiss man wenig, aber es ist zu vermuten, dass auch alle alles richtig gemacht haben. Jeder Mitarbeiter hat die ihm übertragene Aufgabe ordentlich erfüllt. Genau das ist ein interessantes Phänomen. In einem System sind viele Funktionen sehr fein auf einander abgestimmt. Alles funktioniert, bis – ja solange sich nichts ändert, also Kunden, Einkaufsverhalten, Bestellpräferenzen gleich bleiben. Unternehmen sind oft Spezialfälle für genau eine Umweltsituation. Wenn sich das Umfeld sehr langsam ändert, wird das schnell gefährlich – wie bei Quelle. Alle machen ihre Arbeit ordentlich, aber sie müssten sie eigentlich anders machen. Das erfordert Weitsicht vom Management. Solange sich Top-Manager lieber mit ihren Zahlenwerken auseinander setzen und Strategie mit Kosteneinsparung verwechselt wird, wird es noch viele weitere Quelles geben. Darwin nannte das natürliche Auslese.

Okt 22

Die Beschleunigungsillusion

Wir haben uns an die Krise gewöhnt. Was früher als Hiobsbotschaft galt, ist heute eine Randnotiz. Die Größenordnungen haben sich verschoben. Heute geht es um Milliarden, um Rettungsaktionen und um Schadensbegrenzung. Nach Jahren des ungebremsten Wachstums erleben wir nun eine Vollbremsung. Was sicher für viele Leute als sehr schmerzhaft empfunden wird, wird sich langfristig als gesunde Korrektur herausstellen.
Rückblickend stellt man fest, dass bestimmte Bereiche der Gesellschaft sich unterschiedlich schnell entwickeln– sowohl im Auf- als auch im Abschwung. Die Obergrenze für Beschleunigung ist durch die Geschwindigkeit des Transfers und der Verarbeitung von Waren, Geld und Informationen limitiert. Informationen können elektronisch übertragen werden – theoretisch mit Lichtgeschwindigkeit. Die Verarbeitung wird durch immer leistungsfähigere Prozessoren übernommen. Ähnlich schnell können monetäre Werte elektronisch verschoben und verarbeitet werden. Interessant ist nun, dass es in beiden Bereichen in jüngster Vergangenheit zu einer Krise kam. Im Jahre 2000 barst die Internetblase und 2008 wurde die Finanz- und Wirtschaftskrise durch den Bankrott von Lehman Brothers ausgelöst. Auffällig ist, dass in beiden Fällen die ‚abgekoppelten‘ Anwender die Krise auslösten. Es wird klar, dass die Aufnahme- und Verarbeitungskapazität des Menschen auch ein nicht zu unterschätzender Begrenzungsfaktor ist. Der Mensch kann nun einmal nur eine begrenzte Menge von Informationen und Fakten verarbeiten, insofern kann man von einer Beschleunigungsillusion sprechen. Ebenso ist die Menge an zu erwirtschaftenden Finanzmitteln limitiert und der Konsum von Produkten hat irgendwo auch eine Grenze. Letztlich ist die reale Welt der wichtigste Indikator und trotz virtueller Beschleunigung der Finanz- und Informationsmärkte kann ein Mensch jeweils immer nur ein Auto fahren, ein Buch lesen und in einen Fernseher schauen. Um mithalten zu können, müsste der beschleunigte Konsument vielmehr einkaufen und vielmehr und viel öfter die Produkte umschlagen, also viel kaufen und viel wegwerfen. Die Abwrackprämie beweist doch, dass photo posted on post-gazette.comdie Wirtschaft zu hoch getaktet ist und nur mit Staatshilfe aufrecht gehalten werden kann. Mehr Gelassenheit würde allen gut tun und obwohl ich mein iPhone inzwischen ganz gerne mag, bewundere ich die Amish in ihrer Lebensweise. Wie man hört, spüren die Angehörigen dieser Glaubensgemeinschaft nichts von der aktuellen Krise.