Mrz 04

Bundelsliga für Lehrer

Einige Bundesländer verleihen ihre Lehrer an andere um den Lehrermangel dort zu lindern, so jedenfalls eine Schlagzeile diese Woche. Der Lehrermangel hat nun schon dramatische Dimensionen angenommen, mag man meinen. Aber es kommt noch schlimmer, vor allem da – wieder einmal – nur an den Symptomen gewerkelt wird, statt an den Ursachen zu operieren.
Eine Parallele drängt sich geradezu auf: die Bundesliga. Auch hier wird das Personal fleißig verliehen. Nicht jedoch um den Mangel an Spielern anderswo zu lindern, sondern schlicht aus betriebswirtschaftlichen Gründen. Der Spielermarkt wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt – im Unterschied zu den Lehrern in Deutschland. Damit sind wir mitten im Vergleich zwischen Spieler-Verleih und Lehrer-Verleih. Frappant ist zunächst der riesige Unterschied im Gehalt. Das Monatsgehalt eines (älteren) Lehrers entspricht schätzungsweise dem Tagessalär eines Spielers – eines schlechten Spielers wohlgemerkt. Bei jüngeren Lehrern ist die Dimension wohl noch erschreckender. Was mag die Ursache für solche Verzerrungen sein? Und die Frage ist nicht, warum die Spieler soviel verdienen, sondern warum die Lehrer so wenig verdienen. Unbestritten ist doch, dass Lehrer wesentlich mehr für die Zukunft des Landes tun, als schlechte Fußballspieler.
Die Bundesliga ist die höchste Spielklasse in Deutschland und wird dementsprechend auch professionell vermarktet. Gelder kommen hauptsächlich durch Fernsehrechte, Übertragungsrechte und Werbeeinnahmen in die Kassen der Clubs. Es ist ein Milliardenmarkt und das Interesse erwächst aus der emotionalen Bindung der Fans zu ihrem Verein und der vielen Fußballbegeisterten. Anders die Schule, sie ist eine Pflichtveranstaltung, gefangen im grauen Wirrwarr der Zuständigkeitsbereiche zwischen Gemeinden, Ländern und Bildungsministerkonferenzen. Anders als beim Fußball versucht man hier, möglichst viel Bildung durch möglichst billige Lehrer zu vermitteln. Fußballclubs haben verstanden, dass gute Spieler teurer sind. Deshalb verwundert es auch nicht, wenn das Ansehen der Lehrer und damit auch die Attraktivität des Lehrerberufes stetig fällt. Studienanfänger wählen Lehramt lediglich als Alternative, wenn andere Fächer zu anspruchsvoll sind. Eine Spirale nach unten, die die Verschärfung des Lehrermangels erwarten lässt. Das Verleihen ist da nur eine Kosmetikmaßnahme. Besser wäre, statt die Abwrackprämie für Altautos zu verlängern und so den Markt für Autos auf Jahre kaputt zu machen, das Geld in die vielbeschworene Bildung zu investieren. Das Gehalt der Lehrer zu verdoppeln klingt auf den ersten Blick wie eine unüberlegte Maßnahme. Aber es ist wohl der einzige Weg, um die gesellschaftliche Rolle des Lehrers entsprechend anzuerkennen und das Ansehen wieder zu verbessern. Der Vergleich mit der Bundesliga ist sicher extrem, aber einige nützliche Elemente sollten ruhig übernommen werden, um auch den Wettbewerb um die besten Lehrer anzukurbeln, bzw. erst einmal einen Lehrermarkt entstehen zu lassen. Vielleicht haben ja heute vereinzelt Lehrer schon Fans oder gar Fanclubs?
In Thailand können übrigens nur die Besten des Jahrganges Lehrer werden, von einem Mangel an Pädagogen ist nichts bekannt.

Mrz 04

Planwirtschaft

Die ganze Woche verfolgt mich schon ein Gedanke, ohne dass ich jedoch schon fertig wäre mit durchdenken. Es geht um ein Paradox. Ein Paradox ist durch einen Widerspruch gekennzeichnet, der zwei gegenläufige Argumente als plausibel darstellt. Es gibt beispielsweise Menschen, die Lotto spielen und um die geringe Gewinnwahrscheinlichkeit wissen (1: 140 Millionen), andererseits aber bei der Wahl der Fluggesellschaft sehr genau die Absturzstatistik studieren und bei ungünstigen Werten nicht in den Flieger steigen. Oder, um beim Tanken 5 Euro zu sparen, geben Menschen an, bis zu 10 km weit zu fahren. Dieselben Menschen würden jedoch bei einem Anzug (ca. 500 Euro) nicht 10 km weiter fahren, um den Anzug 5 Euro billiger zu bekommen. Merkwürdig, es gibt menschliche Reaktionen, die rational und logisch nicht erklärbar sind.
Und so ist auch die Planwirtschaft ein interessantes Phänomen. Mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten hat auch die Planwirtschaft massiv an Popularität eingebüßt. Es ist akzeptiert, dass es durch eine zentrale Planung früher oder später zu Anpassungsproblemen kommt. Mit der Zeit entfernen sich die Planer mehr und mehr von den Ausführenden und Betroffenen. Aufgrund der Entfernung vom Geschehen kommt es zu Informationsverlusten, Falscheinschätzungen und somit zu Fehlplanungen.
Das Paradoxe ist nun, dass das im Großen – also auf nationaler Ebene – von den Meisten anerkannt wird. Jedoch, Unternehmen und Unternehmensorganisationen funktionieren genau so, nämlich planwirtschaftlich organisiert. Die zentrale Unternehmensführung ist in den meisten Unternehmen gewillt, mit einer größtmöglichen Kontrolle das Unternehmen zu leiten und zu steuern. Fehlende Kontrolle wird mit Unsicherheit und Führungsschwäche verbunden. Dieses Phänomen ist sehr gut beobachtbar und wird beispielsweise durch die Bespitzelung bei der Bahn oder ausufernde Reportingsysteme deutlich. Die Erfahrungen aus dem Scheitern der Planwirtschaft scheinen in Unternehmensführungen kein Gehör zu finden. Im Gegenteil, und das ist eben extrem paradox. Die interne (betriebswirtschaftliche) Verherrlichung der Planwirtschaft widerspricht der externen Verdammung (Volkswirtschaft).

Das Entscheidende ist die Fähigkeit zur Erneuerung und zur Anpassung. Bei zentral regierten und geplanten Unternehmensorganisation ist die Fähigkeit unterentwickelt. Entscheidungen werden nicht im Sinne der Anpassung an neue Umweltbedingungen getroffen sondern im Sinne der (zentralen) Unternehmensführung u.a. um die Position zu festigen, Macht auszubauen und bestehende Strukturen zu zementieren. Erneuerung ist riskant und damit nicht gewollt.

Früher oder später wird Organisationen, die in der weiteren Entwicklung keine Möglichkeiten zur Erneuerung verfolgen, das gleiche Schicksal ereilen wie die zentral geplanten Volkswirtschaften. Die Pleite ist vorprogrammiert und Beispiele dafür gibt es auch reichlich. Viele Manager wurden von der Finanzkrise überrascht und wissen nun nicht, was zu tun ist. Die Krise war schlicht nicht eingeplant – schon gar nicht in den Planungsbänden der Unternehmen. Über die These, dass zentral geplante und gesteuerte Unternehmen früher oder später vom Markt verschwinden, werde ich weiter recherchieren und nachdenken.