Der FC Bayern hat diese Woche 0:4 gegen den FC Barcelona verloren, wobei das Ergebnis nur annähernd das ungleiche Spiel von ungleichen Gegnern ausdrückt. Große Betretenheit in München und die Erkenntnis, dass das System Klinsmann wohl gescheitert ist.
Viel spannender als die Tatsache des Versagens finde ich den Vergleich zwischen Klinsmann als Trainer der DFB-Auswahl (WM Dritter 2006) und Klinsmann als Chefcoach von Bayern München (in den letzten beiden Spielen 9 Gegentore!). Was ist passiert? Auf der einen Seite so erfolgreich und nun das personifizierte Verlierer-Gen?
Ich denke zunächst ist das eine verzerrte Wahrnehmung. Wenn man sich die jeweilige Vorgeschichte anschaut, wird klar was ich meine.
Da ist zum einen die desaströse Leistung des DFB-Teams bei der EM 2004 und Klinsmann übernimmt als Retter ein Team am Tiefpunkt mit viel Potential nach oben. Jede noch so kleine Verbesserung ist ein Erfolg und Dritter der WM zu werden zählt da als Riesenerfolg.
Für den erfolgsverwöhnten FC Bayern ist ein dritter Platz – egal in welchem Wettbewerb – mit einer Niederlage gleichzusetzen. Hier träumt man vom Tripple (Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League). Felix Magath wurden entlassen, da er ‚nur’ das Double schaffte! Mit dieser Vorgeschichte konnte Klinsmann eigentlich nur verlieren – außer er ist tatsächlich ein Genie. Die Frage Wie gut ist Klinsmann als Trainer tatsächlich? bleibt unbeantwortet. Und genau das ist aber das Problem! Auch in Unternehmen werden Positionen so besetzt. Es ist menschlich, nach dem Erfolg auszuwählen und Kompetenz implizit anzunehmen und weiterhin anzunehmen, dass der Erfolg der Vergangenheit kopierbar ist.
Könnte es nicht so gewesen sein, dass Klinsmann bei der WM einfach Glück gehabt hat? Eine gute Mannschaft ist ein Selbstläufer. Als Trainer kann man da eigentlich nicht viel falsch machen. Wenn der Erfolg jedoch auf Glück und nicht auf Kompetenz beruht, ist er nicht reproduzierbar – was der FC Bayern nun gerade schmerzlich erfahren muss.
Dieser Fall tritt tausendfach so oder in ähnlicher Form in Organisationen und Unternehmen auf. Bei der Neubesetzung von Positionen werden die Erfolge der Bewerber mit dem Wunsch der Wiederholung verknüpft. Als Ursachen der Erfolge werden Kompetenz vorgegeben und auch angenommen. Inkompetenz im Management – vor allem im mittleren Management – ist jedoch ein weit verbreitetes Phänomen. Systemkonformismus ist den meisten viel wichtiger als tatsächlicher Mehrwert für das Unternehmen oder die Organisation. Exzellenz wird zwar gefordert, aber Durchschnitt gefördert. Die Fehlbesetzung einer Managementposition fällt jedoch selten sofort auf. Ein stabiles Umfeld und gute Mitarbeiter schützen schlechte Chefs – ein Paradox. Um diese gefährliche Mittelmäßigkeit zu beenden sollten in Organisationen – ähnlich wie beim Fußball – Herausforderungen vergleichbar der Champions League eingeführt werden. Die Idee mag noch nicht ganz ausgereift sein, der Charme besteht jedoch in der Konsequenz für das Management. Es würde Erneuerung statt Stillstand bedeuten.
Aber wer will schon aus seiner Kuschelecke raus?