Mrz 29

Und ab morgen alles ohne Chef …

Führungskräfte mag kaum jemand und sie machen es einem auch nicht einfach sie zu mögen. Zunächst ein paar ‚Fakten‘, entnommen einer Umfrage (n = 2411) des Online-Karriereportals Monster:

  • über 75% der Umfrageteilnehmer haben so wenig Vertrauen in ihren Chef, dass sie ihn, wenn es die Möglichkeit dazu gäbe, abwählen würden.
  • Knapp ein Drittel der Befragten (30%) würde sich in diesem Zuge selbst zum Chef wählen;
  • 25% gaben an, dass ein Kollegen den Posten übernehmen sollte.
  • 21% würden keine dieser Optionen wählen und auf einen neuen Kandidaten hoffen.
  • die Mexikaner haben das höchste Selbstvertrauen: 46% von ihnen gaben an, selber die Rolle des Chefs übernehmen zu wollen
  • In Europa herrscht dagegen keine so große Selbstsicherheit – nur 28% würden für sich selbst stimmen
  • Lediglich in Frankreich würden sich 45% selbst gerne im Chefsessel sehen.
  • Was die Bevorzugung eines Kollegen angeht, gehören US-amerikanische Beschäftigte zu den kollegialsten. 27% glauben, dass ein Kollege einen besseren Job machen würde als ihr derzeitiger Chef.

Ganz ohne Chef können es sich wohl die Wenigsten vorstellen. Ein hoher Anteil würde sich ja selbst zum Chef machen  (30%). Das signalisiert Selbstvertrauen und steht für die Kritik und den Wunsch, es besser machen zu wollen oder zu können. Aber ist das Konzept ‚Chef‘ überhaupt noch zeitgemäß? Ich habe so meine Zweifel. Es lebt wohl eher von der Tradition. Als die Welt noch simple war und man sich als Chef seiner Rolle durch Wissens- und Informationsvorsprung sicher sein konnte, traf das zu. Heute ist dieser Zusammenhang nicht mehr unbedingt gegeben. Nicht selten stehen heute Organisationen vor dem Problem, dass Chefs zunächst ’schlau gemacht werden müssen‘ damit sie überhaupt entscheiden können. In Management-tauglichen PowerPoint Foliensätzen werden dann Enstscheidungsvorlagen erstellt. Man hat dann das Gefühl, dass genau dieser Foliensatz zum Dreh- und Angelpunkt für die Beurteilung von Kompetenz und die daraus evtl. resultierende Anerkennung erhoben wird. Das ist ziemlich absurd, fällt jedoch kaum auf. Wäre es nicht besser, wenn man sich den Weg über den Chef ganz spart und gleich selbst entscheidet? Effizienter wäre es doch, den Wissenstransfer so zu gestalten, dass nicht die großen Wissensdeltas sonder eher die kleinen Wissensdeltas vermittelt werden. In der Praxis wäre das wohl in der Mehrzahl dann von der Führungskraft zum Mitarbeiter.

Nun könnte man ja argumentieren, dass Chefs nicht zwangsläufig schlauer, intelligenter und mit mehr Wissen ausgestattet sein müssen als die Mitarbeiter. Das mag sein, aber woraus resultiert dann heute deren Daseinsberechtigung? Das ist oftmals nicht einfach zu erkennen. Bei Raumschiff Enterprice war Kirk auch nicht der smarteste der Besatzung. Spok, McCoy und Scotty waren Spezialisten, aber Kirk konnte inspirieren und integrieren und er hatte die Visionen. Aber können Chefs damit punkten? Die Statistik sagt ‚Nein‘. Also wäre es nun an der Zeit, es mal ganz ohne Chef zu probieren. Mit Gary Hamel gibt es auch einen bedeutenden Unterstützer (‚Das Ende des Managements‘). Er argumentiert, dass es vor allem die Chefs selber sind, die sich für unverzichtbar halten und in ihrem Streben nach Bedeutung immer weitere Hierarchieebenen aufbauen und damit die Organisation träge machen. Dass Organisationen ohne Chefs nicht in Anarchie versinken, beweisen viele Beispiele. Die ‚Zeit‘ berichtet in ihrer neuesten Ausgabe von einem recht erfolgreichen Unternehmen aus Berlin – partake (Ausgabe 14/ S.69). Spannende Geschichte und irgendwie auch ziemlich cool.

Mrz 23

Die Multitasking Falle

Man hatte zwar schon immer so ein komisches Gefühl, aber nun scheint es erwiesen zu sein. Der Versuch, viele Sachen gleichzeitig zu machen – also im Multitasking-Mode – zu arbeiten oder zu agieren, lässt die Produktivität sinken.
In einem Versuch wurde das Verhalten von Büroangestellten untersucht. Exemplarisch sind zwei Beispiele aufgeführt:Sketch 2013-03-23 Multitasking

Links ist das Tätigkeitsprofil eines konzentriert arbeitenden Angestellten, rechts ein ‚Multitasker‘. Deutlich zu erkennen ist, dass Multitasking eigentlich Tätigkeitswechsel bedeutet (277 zu 496). Bei jedem Wechsel muss neu eingestiegen werden. Und dieses ein- und aussteigen drückt die Produktivität (85% zu 33%, wobei hier lediglich die Arbeit und nicht das Ergebnis gewertet werden kann). Wenig überraschend ist indes die Tatsache, dass die Multitasker sich und ihre Fähigkeiten erheblich überschätzen.

Neben der geringeren Produktivität der Multitasker steigt wohl auch die Fehlerhäufigkeit. Wer kennt sie nicht, die Servicekräfte die ausgerüstet mit einem Headset versuchen, gleichzeitig zu bedienen, zu beraten und noch über das Headset kommunizieren. Hier ist besondere Aufmerksamkeit geboten, man wird entweder sein Anliegen mehrfach wiederholen müssen oder wird gar nicht bedient oder wird gefragt ‚Sammeln Sie Punkte?‘ (oder wahlweise Herzen, Treupunkte …) obwohl man noch gar nicht bezahlt hat usw.
Ich hoffe, es spricht sich rum – auch im Management, dass konzentriertes Arbeiten im Vergleich zur Gschaftlhuberei nichts Schlimmes ist.

(Quelle: Auf einen Blick, HBM April 2013, S.22-23)

Mrz 15

„Spaß beiseite“

Jeder hat es schon einmal erlebt: Irgend jemand sagt „Spaß beiseite“.
Der harmlose Fall erwächst aus einer Eltern-Kind-Situation, wenn es die kleinen Racker etwas zu bunt getrieben haben und das erziehende „Spaß beiseite“ soll wohl signalisieren, ‚jetzt ist endgültig Schluß mit [der Rumalberei, wahlweise ersetzen mit anderen Tollereien]‘ und somit wird Ernsthaftigkeit eingefordert für nachfolgend anspruchsvollere Aufgaben oder einfach nur zur Risikominimierung, bspw. beim Essen oder so.
Der andere Fall hingegen ist eher peinlich: Es hält jemand eine Rede und mitten im monotonen Redefluß … das Publikum hat sich schon mit eigenen Gedanken angefreundet … kommt es wie eine Peitsche: „Spaß beiseite“. Jetzt wissen alle, dass etwas schwach humoriges voran ging. Erst kürzlich habe ich es wieder in einer Moderation miterlebt und seit dem grüble ich, warum sich jemand wohl so leichtfertig disqualifiziert. Denn sind wir ehrlich, es ist einfach nur grotesk. Falls etwas wirklich lustig ist, kann man nach dem Lachen die Rede fortsetzen. In weniger lustigen Situationen sollte man nicht noch darauf hinweisen, dass der Witz nun wirklich krepiert ist.
Ich werde das „Spaß beiseite“ Phänomen mal weiter verfolgen und ggf. über neue Anwendungen oder Entwicklungen berichten. Solange kann ich nur den Vortrag von Sir Ken Robinson empfehlen, er war und ist Vorbild für mich:

Mrz 11

Das Leben

Es gibt ja immer weniger Dinge im Leben, auf die man sich richtig verlassen kann. Das Leben selber – und das ist sicher – ist kurz und endlich. Zweifellos aber sehr schön. Ich denke, man sollte immer versuchen, dem täglichen Trott zu entfliehen. Das ist nicht einfach, aber machbar. Es gibt ein Gedicht, wahrscheinlich von Jorge Lois Borges, dass mich immer wieder fasziniert und recht deutlich ausdrückt, was ich meine:

Augenblicke

Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte,
im nächsten Leben würde ich versuchen,
mehr Fehler zu machen.

Ich würde nicht so perfekt sein wollen,
ich würde mich mehr entspannen.
Ich wäre ein bisschen verrückter als ich gewesen bin,
ich würde viel weniger Dinge so ernst nehmen.
Ich würde nicht so gesund leben.
Ich würde mehr riskieren, würde mehr reisen,
Sonnenuntergänge betrachten, mehr Bergsteigen,
mehr in Flüssen schwimmen.

Ich war einer dieser klugen Menschen,
die jede Minute ihres Lebens fruchtbar verbrachten.
Freilich hatte ich auch Momente der Freude.

Aber wenn ich noch einmal anfangen könnte,
würde ich versuchen, nur mehr gute Augenblicke zu haben.
Falls Du es noch nicht weißt, aus diesen besteht nämlich das Leben.
Nur aus Augenblicken.
Vergiss nicht den jetzigen.

Wenn ich noch einmal leben könnte,
würde ich von Frühlingsbeginn an
bis in den Spätsommer barfuß gehen.
Und ich würde mehr mit Kindern spielen,
wenn ich das Leben noch vor mir hätte.

Aber sehen Sie …
ich bin 85 Jahre alt und weiß,
dass ich bald sterben werde …

Zum Glück bin ich noch nicht 85 und es gibt noch viele Gelegenheiten dafür, etwas zu unternehmen, damit man mit 85 Jahren nicht bedauern muss, sein Leben mit zu vielen Banalitäten vergeudet zu haben.