Mai 25

Finale

Heute findet das Champions-League Finale statt. Bayern München und Borussia Dortmund stehen sich gegenüber. Das allein ist eigentlich das Erstaunlichste. Zwei deutsche Mannschaften, ein Wahnsinn! Man hat das Gefühl, die spanische Dominanz ist irgendwie gebrochen. Ich als ab-und-zu-Gelegenheitszuschauer werde mir das Spiel sicher anschauen. Es soll ja das Jahrhundertspiel werden, mindestens. Bei den Erwartungen MUSS es eigentlich fast eine Enttäuschung werden. Dadurch, dass es zwei deutsche Mannschaften ins Finale geschafft haben, fehlt ja von vornherein ein gesamtdeutsches Feindbild. Der Fan ist gefordert: er muss differenzieren, einfach für Deutschland sein, reicht nicht. Was macht ein Hamburger oder Berliner oder gar jemand aus Heringsdorf? Selbst als Münchner oder Dortmunder ist es nicht selbstverständlich, für die lokale Mannschaft zu fiebern. Es stellt sich die Frage, was macht einen Fan eigentlich aus? Reicht es schon, dass man einfach Fußball mag oder muss man – um richtiger Fan sein zu können – sich tatsächlich mit einer Mannschaft identifizieren? Welche Mannschaft sucht sich der gemeine Fan? (Bei Erfolg spricht man gerne: ‚Wir haben gut gespielt‘, bei Nichterfolg: ‚Die haben schlecht gespielt‘). Eine Mannschaft, die dominant spielt und oft gewinnt – und so mit der Option auf häufiges feiern? Kann es sein, dass sich Fans gezielt positive Impulse suchen oder durch die Anteilnahme stimulieren? Bleibt der Erfolg beim angebeteten Team aus, wechseln dann die Fans? Fakt ist doch, für die meisten Fans geht das Leben nach dem entscheidenden Spiel so gewöhnlich-normal weiter wie zuvor, unabhängig vom Ergebnis.

Die Experten haben alles, was es zu besprechen gibt schon besprochen und ihre Tipps abgegeben. Ich hoffe auf ein spannendes Spiel, München wird zwar gewinnen. Morgen werde ich dann wieder selber Sport machen und mein eigener Fan sein!

Mai 20

Von Quantensprüngen und Superlativen

In der heutigen Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung – der Printausgabe Nr. 20 / S. 26 – geht es um die Geschichte der Kaffeemaschine: „Der Siegeszug der Kaffeemaschinen“(von Niklas Wirminghaus). Es ist ein sehr interessanter Beitrag, insbesondere da ich Kaffee in allen möglichen Variationen sehr mag und reichlich genieße. Ich mag solche Artikel – eigentlich. Man lernt dabei, dass der schwäbische Küchengerätespezialist WMF die Kaffeemaschine quasi erfunden hat und 1927 die erste ‚Großkaffeemaschine‘ auf den Markt brachte. Damit begann eine neue Ära des Kaffeegenusses. Soweit so gut, nun aber kommst: Das Bild eben der Kaffeemaschine ist beschriftet mit: es sei „… ein Quantensprung in der technischen Entwicklung der maschinellen Kaffeezubereitung.“

Das ist hart! Soso, ein Quantensprung! Es wird eine Metapher aus der Physik verwendet. In der Quantenphysik werden Übergänge von einem quantenmechanischen Zustand in den anderen als Quantensprung bezeichnet. Das ‚Hopsen‘ zwischen den Energieniveaus geht mit einer Abgabe oder Aufnahme von Energie einher. Quantitativ betrachtet beträgt die Energiebilanz den kleinsten nur möglichen Wert, qualitativ ändert sich für sehr kurze Zeit der diskrete Zustand um dann wieder den Ausgangszustand einzunehmen. Laut Wikipedia wurde der Begriff Anfang des 20. Jahrhunderts geprägt, in einer Zeit, als die traditionelle Physik mit der Quantenphysik um Erklärungsversuche rang und der ganze Bereich eine neue Dimension erreichte. Erstmals wurde eingeräumt, dass neben kontinuierlichen Abläufen in der Natur auch diskrete Zustände und Zustandsänderungen auftreten, aber eben in Bereichen, die nicht wahrnehmbar sind und nur an Modellen (z.B. Bohr) darstellbar sind.

Zurück zur Kaffeemaschine. Der Autor wollte sicher hervorheben, wie bedeutend die Erfindung war. Ärgerlich ist es jedoch, dass Journalisten Worthülsen verwenden, die in einem Zeitalter des inflationären Gebrauchs von Superlativen diesen vermeintlich noch überbieten können. Aber sowohl der Quantensprung als auch andere Superlative scheinen so fest in der Umgangssprache verankert zu sein, dass jede Anmerkung dazu eigentlich aussichtslos erscheint (Bei Amazon gibt es mehr als hundert Bücher mit ‚Quantensprung‘ im Titel – die wenigsten sind Physikbücher). Was hier fehlt, ist ein echter Quantensprung. Aber selbst öffentliche Medien sind vor dieser ‚Superlatitis‘ nicht gefeit, die kündigen seit mehr als 20 Jahren immer den ‚aktuellsten Verkehrsservice‘ an, wobei sich doch die Frage stellt, kann man etwas, was aktuell ist, noch aktueller machen? Wie bitte soll das gehen? Optimalste und idealste Grüße aus den Bergen!

Mai 07

Servicewüste Deutschland

Heute erreichte mich folgende Nachricht, mit der Empfehlung, sie hier zu veröffentlichen:

„Servicewüste Deutschland?“

Ich persönlich bin ja kein Fan solcher Plattitüden, obwohl man relativ kognitionsressourcenschonend mit jenen flugs einen ganzen Abend gesprächstechnisch füllen kann, ohne sich allzu groß anzustrengen.

Nichtsdestotrotz erwischte ich mich heute dabei, dass ich eben über genau jene (s.o.) leise in mich hinein und laut aus mir heraus schimpfte.

Denn es begab sich wie folgt (zwar war das heute nur ein Tag, jedoch  – glaube ich meinen Bekannten und Freunden – ist dieser durchaus typisch in Deutschland):

Ich möchte meinen Handy-Vertrag kündigen und meine alte Rufnummer zu meinem neuen Anbieter mitnehmen. Das Service-Portal im Internet meines bisherigen Anbieters empfand ich als unübersichtlich, die entsprechenden Formulare fand ich gleich gar nicht, so dass ich mich flugs – eben vor 1980 geboren – dazu entschloss, den analogen Weg dem  digitalen vorzuziehen und  den T-Mobile-Shop in meiner Nähe aufzusuchen.

Die freundlichen Damen am Empfang hörten sich mein Anliegen genau bis zum Begriff „…kündigen…“ an, um dann wie folgt einzuhaken: „Kündigungen nehmen wir nicht an, die gehen nur schriftlich. Aber vielleicht möchten Sie vor einem Anbieter-Wechsel einmal unsere Angebote anschauen?“ Nein, möchte ich nicht. Auch die entsprechenden Formulare zur Verzichtserklärung und Rufnummernportierung (ach so, so heißt das!) hatten die beiden Angestellten nicht verfügbar. Die sind nämlich bei der Telekom in Bonn anzufordern. Aha.

Nun gut, als alter Recke, der ich bin, lasse ich mir da nicht so schnell den Schneid abkaufen. Nun war ich hier also nicht erfolgreich, aber auf meiner to-do-Liste für den heutigen Tag gibt es ja noch andere Punkte, die erfolgreich abgearbeitet werden sollen.

Ich möchte nicht nur ein Paket in der Postfiliale abholen, oh nein, ich wollte auch noch Geld abheben und – oh Schreck! – eine Abbuchung von meinem Postbank-Konto reklamieren. Nun, der Reihe nach:

Ein übliches Bild in der Postfiliale am Ostbahnhof um die Mittagszeit: ca. 25 brave Kundenschafe reihen sich bis kurz hinter die Eingangstüre. Bewaffnet mit Ausweis und Benachrichtigungskarte, damit es dann am Schalter schneller geht. AM Schalter. Genau: EIN Schalter ist geöffnet

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