Feb 24

Mein wunderbarer Arbeitsplatz

Irgendwas läuft schief mit den traditionellen Organisationsformen – und dem Arbeitsplatz. Immer öfter verhindern Hierarchien eine Weiterentwicklung. Ich denke, neben technischen Innovationen liegt hier die größte Herausforderung für die Zukunft der Unternehmer. Arte hat zu dem Thema eine richtig gute und spannende Dokumentation zusammengestellt:
„Um Mitarbeitern die Freude an der Arbeit zurückzugeben, experimentieren manche Unternehmen nun mit innovativen Konzepten. Zu diesen Vorreitern gehören etwa das belgische Sozialministerium, der indische Großkonzern HCL und die französische Firma Chronoflex. Die Mitarbeiter genießen dort vollkommene Entscheidungsfreiheit bei der Organisation ihrer Arbeit.
Mein wunderbarer Arbeitsplatz – Traum oder Wirklichkeit? Die Dokumentation begleitet Arbeitnehmer aus mehreren Wirtschaftszweigen und zeigt innovative Lösungen auf, mit denen das Vertrauen der Angestellten, Freiheit und Kreativität wieder Einzug in die Arbeitswelt finden. Die Geschichten sind alle unterschiedlich, aber stets positiv und ermutigend.
Fast überall liegen die Schlüssel zum Erfolg in einer grundlegenden Neuorganisation des Unternehmens: Auflösung hierarchischer Pyramidenstrukturen, Gleichbehandlung aller Mitarbeiter, Abschaffung von Kontrollen und Chefposten, umfassender Informationsaustausch. Von der besseren Atmosphäre am Arbeitsplatz profitieren alle. Hoffentlich finden diese Ideen bald weiteren Anklang.“

Besonders interessant sind die Ausführungen über Kontrolle, Bürokratie und unproduktive Manager und 30-40% Parasiten im System, im Film ab ca. 33 min.
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Feb 05

Die (Vorzeige-) Bürokraten

Niemand mag Bürokraten. Und nur noch wenige mögen die FDP. Zuviel Lobby- und Klientelhuberei wird hier als Parteiarbeit bezeichnet. Was aber der Parteivorsitzende Christian Lindner in seiner Wutrede da vorgetragen hat, finde ich sensationell. Zur Erinnerung:

FDP-Fraktionsvorsitzender Christian Lindner hält im Düsseldorfer Landtag eine Rede. Zuvor hatte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, SPD über den Rückstand der digitalen Entwicklung des Landes und Unternehmergeist fabuliert.
Soweit nichts ungewöhnliches und auch Lindners Rede wäre sicher im politischen Tagesgeschehen untergegangen, wenn nicht …
Ja, wenn nicht in Minute 21, nach Ausführungen zum Stellenwert von Unternehmensgründungen und Gründergeist, sich Volker Münchow (SPD) mit einem hämischen Zwischenruf „da haben Sie ja Erfahrung“ einmischt. Hämisch, weil eine Internetfirma von Christian Lindner 2001 gescheitert ist.

Was Lindner dann daraus macht ist genial: Unter anderem … „Wenn man Erfolg hat, gerät man in das Visier der sozialdemokratischen Umverteiler und wenn man scheitert, ist man sich Spott und Häme sicher“. Besonders pikant: Kraft hatte zuvor eben noch darauf verwiesen, dass gescheiterte Gründer zu oft ein Leben lang mit dieser ‚Pleite‘ konfrontiert, ja stigmatisiert werden. Offenbar ist ihr Wunsch, das zu ändern, um die Gründungskultur zu verbessern, in den eigenen Reihen noch nicht angekommen. Und die SPD outet sich einmal mehr als reine Umverteilungspartei. Auch das Bürokratiemonster von Fr. Nahles geht in die Richtung (Mindestlohn ist gut und richtig, aber die dahinter liegende Bürokratie lähmt und blockiert jedes Unternehmen). Insofern erscheint die FDP sogar sympathisch, vor allem da der Auftritt von Lindner authentisch daher kam, nicht so poliert und geschliffen, wie viel zu oft im Politzirkus.

Und natürlich ist das Verhalten der Bürokraten auf den Hinterbänken der Parlamente, die sich dann und wann aus der Deckung wagen, eins zu eins übertragbar auf Unternehmen. Auch da wird vom Top-Management eine offene Innovationskultur angemahnt. In der gelebten Praxis werden dann jedoch die aalglatten Karrieretypen gefördert. Diejenigen, die niemals Fehler gemacht haben (oder sie geschickt anderen untergejubelt haben), die nie angeeckt sind, die aber auch niemals mit einer Idee oder einer Innovation aufgefallen wären, genau die klettern dann die Karriereleiter hinauf.

Wenn Lindner sagt: „Es sind meistens solche Sozialdemokraten, die das ganze Leben im Staat gearbeitet oder vom Staat selbst gelebt haben, die anderen unternehmerisches Engagement vorwerfen.“ so kann man auch das direkt auf Organisationen übertragen. Hier sind es die Manager, die abgesichert durch die Hierarchie, großspurig Unternehmertum und Engagement einfordern (Joe Kaeser: Jeder sollte so handeln wie ein Unternehmer) aber dann doch am eigenen Widerspruch, an den Bürokraten und der Kontrollsucht scheitern, die jegliche Eigeninitiative im Keim erstickt.

Ein heuchlerisches, ein verlogenes Spiel – in der Politik genauso wie in den Unternehmen!