Und ab morgen alles ohne Chef …

Führungskräfte mag kaum jemand und sie machen es einem auch nicht einfach sie zu mögen. Zunächst ein paar ‚Fakten‘, entnommen einer Umfrage (n = 2411) des Online-Karriereportals Monster:

  • über 75% der Umfrageteilnehmer haben so wenig Vertrauen in ihren Chef, dass sie ihn, wenn es die Möglichkeit dazu gäbe, abwählen würden.
  • Knapp ein Drittel der Befragten (30%) würde sich in diesem Zuge selbst zum Chef wählen;
  • 25% gaben an, dass ein Kollegen den Posten übernehmen sollte.
  • 21% würden keine dieser Optionen wählen und auf einen neuen Kandidaten hoffen.
  • die Mexikaner haben das höchste Selbstvertrauen: 46% von ihnen gaben an, selber die Rolle des Chefs übernehmen zu wollen
  • In Europa herrscht dagegen keine so große Selbstsicherheit – nur 28% würden für sich selbst stimmen
  • Lediglich in Frankreich würden sich 45% selbst gerne im Chefsessel sehen.
  • Was die Bevorzugung eines Kollegen angeht, gehören US-amerikanische Beschäftigte zu den kollegialsten. 27% glauben, dass ein Kollege einen besseren Job machen würde als ihr derzeitiger Chef.

Ganz ohne Chef können es sich wohl die Wenigsten vorstellen. Ein hoher Anteil würde sich ja selbst zum Chef machen  (30%). Das signalisiert Selbstvertrauen und steht für die Kritik und den Wunsch, es besser machen zu wollen oder zu können. Aber ist das Konzept ‚Chef‘ überhaupt noch zeitgemäß? Ich habe so meine Zweifel. Es lebt wohl eher von der Tradition. Als die Welt noch simple war und man sich als Chef seiner Rolle durch Wissens- und Informationsvorsprung sicher sein konnte, traf das zu. Heute ist dieser Zusammenhang nicht mehr unbedingt gegeben. Nicht selten stehen heute Organisationen vor dem Problem, dass Chefs zunächst ’schlau gemacht werden müssen‘ damit sie überhaupt entscheiden können. In Management-tauglichen PowerPoint Foliensätzen werden dann Enstscheidungsvorlagen erstellt. Man hat dann das Gefühl, dass genau dieser Foliensatz zum Dreh- und Angelpunkt für die Beurteilung von Kompetenz und die daraus evtl. resultierende Anerkennung erhoben wird. Das ist ziemlich absurd, fällt jedoch kaum auf. Wäre es nicht besser, wenn man sich den Weg über den Chef ganz spart und gleich selbst entscheidet? Effizienter wäre es doch, den Wissenstransfer so zu gestalten, dass nicht die großen Wissensdeltas sonder eher die kleinen Wissensdeltas vermittelt werden. In der Praxis wäre das wohl in der Mehrzahl dann von der Führungskraft zum Mitarbeiter.

Nun könnte man ja argumentieren, dass Chefs nicht zwangsläufig schlauer, intelligenter und mit mehr Wissen ausgestattet sein müssen als die Mitarbeiter. Das mag sein, aber woraus resultiert dann heute deren Daseinsberechtigung? Das ist oftmals nicht einfach zu erkennen. Bei Raumschiff Enterprice war Kirk auch nicht der smarteste der Besatzung. Spok, McCoy und Scotty waren Spezialisten, aber Kirk konnte inspirieren und integrieren und er hatte die Visionen. Aber können Chefs damit punkten? Die Statistik sagt ‚Nein‘. Also wäre es nun an der Zeit, es mal ganz ohne Chef zu probieren. Mit Gary Hamel gibt es auch einen bedeutenden Unterstützer (‚Das Ende des Managements‘). Er argumentiert, dass es vor allem die Chefs selber sind, die sich für unverzichtbar halten und in ihrem Streben nach Bedeutung immer weitere Hierarchieebenen aufbauen und damit die Organisation träge machen. Dass Organisationen ohne Chefs nicht in Anarchie versinken, beweisen viele Beispiele. Die ‚Zeit‘ berichtet in ihrer neuesten Ausgabe von einem recht erfolgreichen Unternehmen aus Berlin – partake (Ausgabe 14/ S.69). Spannende Geschichte und irgendwie auch ziemlich cool.

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