Verlernen zu innovieren

In einem Buch (Millier: Auf dem Prüfstand, 2008, S.24) habe ich von einer Untersuchung zur Innovationstätigkeit erfahren. Das Buch ist recht gut, vielleicht etwas verworren geschrieben, aber die Untersuchung hat mich fast umgehauen.
Es geht um Folgendes: Die Umsätze der Unternehmen des CAC40 – das französische Pendant zum DAX – sind im Zeitraum von 1995 bis 2003 um 10 Prozent pro Jahr gestiegen. Sie legten von €419 Mrd auf €910 Mrd zu. Das ist beachtlich! Die Überraschung kommt aber, wenn man sich genauer anschaut, wie sich dieses Wachstum zusammensetzt. 57 Prozent sind ‚erkauft‘, also durch Fusionen und Akqisitionen in die Bilanz gerutscht (5,4 % jährlich). Weitere 29,5 prozent sind durch internationale Expansion zu erklären, das sind 3,1% pro Jahr. 12 Prozent sind auf Preiserhöhungen zurück zu führen, was jährlich zu 1, 4 % beiträgt. Nun bleiben genau 1,5 Prozent übrig, was einer jährlichen Rate von 0,2 % entspricht. Das entspricht dem organischen Wachstum, also der Erneuerungstätigkeit und Innovationstätigkeit der großen Firmen. Das ist ein Schock! Man bekommt das Gefühl, große Firmen resignieren, sie gestehen sich ein, dass sie das mit der Innovation und Erneuerung nicht gebacken bekommen und es einfacher ist, die Preise zu erhöhen oder einfach in ein noch unerschlossenes Land zu expandieren. Andererseits braucht es nicht verwundern, wenn die Industriegiganten das Innovieren quasi eingestellt haben, dass junge Technologiefirmen die Innovationsführerschaft übernehmen und neue Märkte kreieren. Apple und Google sind zwei gute Beispiele. Google schickt sich gerade an, den Markt für Navigationsgeräte aufzurollen. Mit ein paat Jahren der Existenz ist der markt noch recht jung aber eben doch schon wieder so alt, dass ein Branchenfremder mit einem neuen Geschäftsmodell alles umkrempelt. Die Zeiten, dass man Google wegen solcher Pläne belächelt sind vorbei. Die Untersuchung bezieht sich auf Frankreich aber es bestehen kaum Zweifel, dass es in Deutschlad anders ist. Die Firmen im DAX sind groß, aber sind sie innovativ? Die Geschichte lehrt, wer nicht innovativ ist und bleibt, hat keine Zukunft. Aber Größe sorgt scheinbar auch für Lernresistenz. Man bedenke nur, wenn die Giganten jährlich ihre Innovationskraft ähnlich steigerten wie das Wachstum durch Fusionen, ergäbe sich ein Wachstum von 15% pro Jahr. Davon träumt wohl jeder CEO, aber es ist auch anstrengender als mal schnell einen Konkurrenten zu übernehmen.

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