Mai 25

Finale

Heute findet das Champions-League Finale statt. Bayern München und Borussia Dortmund stehen sich gegenüber. Das allein ist eigentlich das Erstaunlichste. Zwei deutsche Mannschaften, ein Wahnsinn! Man hat das Gefühl, die spanische Dominanz ist irgendwie gebrochen. Ich als ab-und-zu-Gelegenheitszuschauer werde mir das Spiel sicher anschauen. Es soll ja das Jahrhundertspiel werden, mindestens. Bei den Erwartungen MUSS es eigentlich fast eine Enttäuschung werden. Dadurch, dass es zwei deutsche Mannschaften ins Finale geschafft haben, fehlt ja von vornherein ein gesamtdeutsches Feindbild. Der Fan ist gefordert: er muss differenzieren, einfach für Deutschland sein, reicht nicht. Was macht ein Hamburger oder Berliner oder gar jemand aus Heringsdorf? Selbst als Münchner oder Dortmunder ist es nicht selbstverständlich, für die lokale Mannschaft zu fiebern. Es stellt sich die Frage, was macht einen Fan eigentlich aus? Reicht es schon, dass man einfach Fußball mag oder muss man – um richtiger Fan sein zu können – sich tatsächlich mit einer Mannschaft identifizieren? Welche Mannschaft sucht sich der gemeine Fan? (Bei Erfolg spricht man gerne: ‚Wir haben gut gespielt‘, bei Nichterfolg: ‚Die haben schlecht gespielt‘). Eine Mannschaft, die dominant spielt und oft gewinnt – und so mit der Option auf häufiges feiern? Kann es sein, dass sich Fans gezielt positive Impulse suchen oder durch die Anteilnahme stimulieren? Bleibt der Erfolg beim angebeteten Team aus, wechseln dann die Fans? Fakt ist doch, für die meisten Fans geht das Leben nach dem entscheidenden Spiel so gewöhnlich-normal weiter wie zuvor, unabhängig vom Ergebnis.

Die Experten haben alles, was es zu besprechen gibt schon besprochen und ihre Tipps abgegeben. Ich hoffe auf ein spannendes Spiel, München wird zwar gewinnen. Morgen werde ich dann wieder selber Sport machen und mein eigener Fan sein!

Apr 10

Fußball als Management-Theorie

Der FC Bayern hat diese Woche 0:4 gegen den FC Barcelona verloren, wobei das Ergebnis nur annähernd das ungleiche Spiel von ungleichen Gegnern ausdrückt. Große Betretenheit in München und die Erkenntnis, dass das System Klinsmann wohl gescheitert ist.
Viel spannender als die Tatsache des Versagens finde ich den Vergleich zwischen Klinsmann als Trainer der DFB-Auswahl (WM Dritter 2006) und Klinsmann als Chefcoach von Bayern München (in den letzten beiden Spielen 9 Gegentore!). Was ist passiert? Auf der einen Seite so erfolgreich und nun das personifizierte Verlierer-Gen?
Ich denke zunächst ist das eine verzerrte Wahrnehmung. Wenn man sich die jeweilige Vorgeschichte anschaut, wird klar was ich meine.
Da ist zum einen die desaströse Leistung des DFB-Teams bei der EM 2004 und Klinsmann übernimmt als Retter ein Team am Tiefpunkt mit viel Potential nach oben. Jede noch so kleine Verbesserung ist ein Erfolg und Dritter der WM zu werden zählt da als Riesenerfolg.

Für den erfolgsverwöhnten FC Bayern ist ein dritter Platz – egal in welchem Wettbewerb –  mit einer Niederlage gleichzusetzen. Hier träumt man vom Tripple (Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League). Felix Magath wurden entlassen, da er ‚nur’ das Double schaffte! Mit dieser Vorgeschichte konnte Klinsmann eigentlich nur verlieren – außer er ist tatsächlich ein Genie. Die Frage Wie gut ist Klinsmann als Trainer tatsächlich? bleibt unbeantwortet. Und genau das ist aber das Problem! Auch in Unternehmen werden Positionen so besetzt. Es ist menschlich, nach dem Erfolg auszuwählen und Kompetenz implizit anzunehmen und weiterhin anzunehmen, dass der Erfolg der Vergangenheit kopierbar ist.
Könnte es nicht so gewesen sein, dass Klinsmann bei der WM einfach Glück gehabt hat? Eine gute Mannschaft ist ein Selbstläufer. Als Trainer kann man da eigentlich nicht viel falsch machen. Wenn der Erfolg jedoch auf Glück und nicht auf Kompetenz beruht, ist er nicht reproduzierbar – was der FC Bayern nun gerade schmerzlich erfahren muss.

Dieser Fall tritt tausendfach so oder in ähnlicher Form in Organisationen und Unternehmen auf. Bei der Neubesetzung von Positionen werden die Erfolge der Bewerber mit dem Wunsch der Wiederholung verknüpft. Als Ursachen der Erfolge werden Kompetenz vorgegeben und auch angenommen. Inkompetenz im Management – vor allem im mittleren Management – ist jedoch ein weit verbreitetes Phänomen. Systemkonformismus ist den meisten viel wichtiger als tatsächlicher Mehrwert für das Unternehmen oder die Organisation. Exzellenz wird zwar gefordert, aber Durchschnitt gefördert. Die Fehlbesetzung einer Managementposition fällt jedoch selten sofort auf. Ein stabiles Umfeld und gute Mitarbeiter schützen schlechte Chefs – ein Paradox. Um diese gefährliche Mittelmäßigkeit zu beenden sollten in Organisationen – ähnlich wie beim Fußball –  Herausforderungen vergleichbar der Champions League eingeführt werden. Die Idee mag noch nicht ganz ausgereift sein, der Charme besteht jedoch in der Konsequenz für das Management. Es würde Erneuerung statt Stillstand bedeuten.

Aber wer will schon aus seiner Kuschelecke raus?