Aug 14

Macher statt Verwalter

Die Macher fehlen! Als ich den Beitrag „Gründergeist an der Konzernspitze gesucht“ im Handelsblatt las, musste ich schmunzeln und eine gewisse Genugtuung erfüllt mich. Warum? Schon in meinem Buch ‚Die Weisheit der Roulettekugel‚ habe ich versucht darzustellen, dass Organisationen in der Regel die belohnen – insbesondere durch Karrieresprünge – die sich anpassen, kein Risiko eingehen und genau die, die nicht das machen, was sinnvoll ist, sondern das, was ‚oben gut ankommt‘. Das ist der Trick! Sitzfleisch zählt – nicht Mut. Damit hat man Erfolg in Unternehmen: „Ein Sozialjongleur, der geschmeidig nach außen wirkt, aber mit der Wucht einer Dampfwalze zum eigenen Vorteil wirkt, wird bei Personalentscheidungen bevorzugt“ (ebd.). Der Artikel im Handelsblatt ist insofern sehr interessant, weil Unternehmen inzwischen wohl feststellen, dass der Unternehmergeist so verloren geht. An der Spitze stehen die glattgebügelten Planer – mit der klassischen Manager-Vita – und die suchen jetzt händeringend Gründer und Unternehmer.
Dilbert 6a00e54fd9f0598833017616e5c528970c-800wiDie Unternehmen sind vollgestopft mit Verwaltern (was ich selber bei der Siemens AG kennengelernt habe: an den entscheidenden Positionen findet man immer die braven Bewahrer, aber: „Macher statt Verwalter sind gefragt.“). „Im schlimmsten Fall folgt die Konzernsklerose: Der unternehmerische Biss geht verloren, immer neue Verwaltungsschichten machen das Unternehmen träge. Querdenker werden weggebissen, Innovationen aus Sorge um das lukrative Kerngeschäft ausgebremst.“ (ebd.) Unternehmen haben das inzwischen auch festgestellt und reagieren. Man möchte Mitarbeiter ‚kultivieren‘, damit sie „Unternehmer im Unternehmen“ werden. Das ist jedoch sowas von absurd! Wie soll das gehen? Gehen Sie mal zu ihrem Chef und sagen, er solle die Aufgaben jetzt selber machen, da man jetzt als Unternehmer im Unternehmen (Intrapreneur ist der Fachterminus!) ganz andere Verpflichtungen hat. Ein Irrsinn und ich habe trotz großer medialer Popularität noch kein einziges funktionierendes Beispiel aus Unternehmen erlebt. Ein anderer Versuch ist, den Silicon Valley Geist ins Unternehmen zu holen – Stichwort Start-Up-Community (dazu schrieb ich ja schon eine Kolumne). Im Prinzip sind das jedoch alles verzweifelte Versuche, das angenehme Verwalterdasein im Unternehmen zu bewahren und doch etwas Agilität in die Organisation zu holen. Würde man ernsthaft was ändern wollen, würde man die ganzen unbeweglichen Verwalter, Aussitzer und Karriereopportunisten feuern (vielleicht nicht alle, ein paar braucht man noch, zumindest aber an den entscheidenden Positionen). Und alle ersetzen mit Machern, Querulanten, Gründern und Freigeistern!

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Aug 12

Industrie 4.0 ? oder besser Basic 1.0 ?

Eine zeitlang war ich großer Fan von Industrie 4.0 und Digitalisierung. Aus Überzeugung! Weil ich den technischen Fortschritt mag und ich mich viel mit Innovationen beschäftige (und lehre). Die Erwartungen sind ja auch enorm, es wird ja schon von Revolution gesprochen (und spätestens dann sollte man dem mit etwas Skepsis begegnen.) Arbeitsplatz der Zukunft:

Und manchmal kommen mir dann auch richtig konkret Zweifel. Irgendwas läuft schief. Mein Gefühl geht in die Richtung, dass es andere ‚Baustellen‘ gibt, die eigentlich viel mehr Aufmerksamkeit und Beachtung bräuchten als die Optimierung der Produktion.

Ein Beispiel aus der Realwelt: Ich habe für meinen Drucker Tintenpatronen bestellt (wohlgemerkt: August 2016). Das mag nichts Besonderes sein. Man recherchiert etwas und bestellt dann – in dem Fall bei Amazon. Auftragswert: 15 Euro und da es etwas dringend ist, lasse ich mich darauf ein, die Prime-Mitgliedschaft zu testen. Die Tinte – so wird zugesichert – sei dann am nächsten Tag da. Das war aber vor einer Woche. Continue reading

Aug 04

Petra Hinz, SPD

So einfach geht das! Gutenberg gab sich ja noch Mühe mit seiner Promotion, also zumindest insofern als er sie an der Uni einreichte. Aber wie gesagt, es geht einfacher. Einfach den Lebenslauf ändern! Ruck-Zuck ist man Jurist. Das ist Betrug vom allerfeinsten. Und das allerschlimmste ist, es wird wohl geduldet. Es gibt nicht mal eine Form von Tatbestand. Das heisst, es ist nicht einmal im Strafrecht vorgesehen. Wenn eine Kassiererin einen Pfandbon einlöst, wird sie entlassen (Tatbestand: € 1,30). Als Abgeordnete vertritt die Dame (immer noch, bis zum heutigen Tage!) das deutsche Volk. Na dann, gute Nacht Deutschland. Betrug wird salonfähig und kaum geahndet – und ab € 100.000 wohl erst recht nicht. Deutschland ist ein / wird zum Paradis für Betrüger. Das ist echt nicht mehr mein Deutschland! Man kann sich doch nur noch schämen. Und ausgerechnet die SPD! Angeblich könne man nichts dagegen machen. Häh?

petra-hinz-bundestagSo einfach kommt man zum Studium. Und angeblich hat niemand was gemerkt. Ist klar. Jeder Bürger muss alle möglichen Urkunden vorzeigen und z. T. beglaubigen lassen, sobald Verantwortung übernommen wird. In der Politik offensichtlich nicht. Da nennt man das dann innovativ!

Feb 01

Wenn Unwissenheit auf Innovationswille trifft …

Der Wunsch nach Innovationen ist ungebrochen. Disruption ist das neue Stichwort (man kann getrost auch von Hype sprechen). Auffällig ist, dass im Moment gefühlt alle großen Unternehmen auf Start-Up machen. Das ist natürlich albern und wird nur im Ausnahmefall zu wirklichen Innovationen führen. Warum? Man braucht es sich ja nur einmal vorstellen: Auf der einen Seite die super-coolen Nerds vom Start-Up. Die haben eine Idee und brauchen Geld. Also wirklich: nur Geld, sonst nichts. Auf der anderen Seite: die üblichen Innovationsmanager oder sie nennen sich auch Manager New Business oder so. Die sind schon total angepasst an die Organisation, haben kaum Ideen und auch wenig Vorstellungskraft. Aber sie haben Geld. Also das Konzept ist wie sonst beim Innovationsmanagement: Idee sucht Geld. Es ist nichts anderes. Die Unsicherheit bleibt und der UmganUnbenanntg mit der Unsicherheit ist immer noch das eigentliche Problem – Start-Up hin oder her. Am Grunddilemma der großen Unternehmen mit guten Innovationen ändert sich nichts. Die meisten wollen große Innovationen aber niemand möchte das Risiko der Innovation eingehen bzw. es minimieren.  Managementfehler lassen sich nicht mit Start-Ups beheben. Dilbert bringt es ja wie so oft schon sehr schön auf den Punkt. Aber bei dem Thema zeigt sich sogar die HBR mal kritisch gegenüber der Innovationsfreude und Veränderungsbereitschaft großer Unternehmen.

12631461_10154060392539767_6010192520883714646_nIdeen und Innovationen kämpfen in der Regel gegen den ganzen Apparat – und bei Start-Ups wird sich daran nichts ändern. Der Chief Idea Killer wird sich schon darum kümmern, dass das Risiko gering bleibt und dafür dann wieder eine total überteuert Akquisition (Stichwort: Dreier-Rand) anstoßen.

Dez 28

Inflation der Disruption

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Fahren auf der Autobahn – ohne zu lenken – mit dem Tesla S

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Ohne zu ‚lenken‘

Ursprünglich wurden Umbrüche und Revolutionen im Technologiesektor als Disruption bezeichnet. Also eine wirklich fundamentale Änderung des Geschäftsmodells oder eine neue Technologie, die die Benutzung dramatisch vereinfacht oder verbessert – der Buchdruck bspw.. Eigentlich sollte klar sein, dass solche Disruptionen nicht beliebig oft auftreten sondern eher selten (schon weil Anwender auch nur eine begrenzte Kapazität haben). Blickt man auf das Jahr 2015 zurück, hat man das Gefühl, alles wäre irgendwie disruptiv. Inflationär in der Ausbreitung – zumindest medial. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch: nicht viel Neues auf dem Markt der Innovationen. Aber irgendwie ist ein Hype entstanden – aber eben nur auf der ‚Wollen-Seite“Können-Seite‘ hat sich nicht viel getan. Das muss schief gehen. Positiv an der Entwicklung ist, dass das Thema Innovation wieder ins Bewusstsein der Betriebsstrategen gelangt ist. Nur Innovationen können zukünftigen Erfolg sichern, ist plötzlich wieder en vogue. Und da man ja wirklich wettbewerbsfähig sein möchte, geht es gleich in die Königsdisziplin. Nicht einfach nur Innovationen, nein, gleich die radikalen Sachen – nicht kleckern sondern klotzen. Ich frage mich nur die ganze Zeit, wie das gehen soll. Organisationen, die bisher darauf trainiert wurden, möglichst keine Fehler zu machen und in denen sich vor allem durchsetzt, was im Management ‚gut ankommt‘ sind niemals in der Lage, Ideen mit revolutionären Potential umzusetzen. Es kann nicht funktionieren. Entscheidungen werden in großen Organisationen prinzipiell von schwachen, ideenlosen Opportunisten gefällt. Organisationen belohnen Anpassung und Konformität aber doch nicht radikale Veränderung! Jahrelang konnte ich bei Siemens das Spiel beobachten. Die stromlinienförmigen Anpasser werden doch nicht die Karriere aufs Spiel setzen, durch riskante und ungewisse Manöver. Das Innovationsklima wurde systematisch ruiniert, wichtige Posten sind längst nach Konformität statt nach Originalität besetzt worden. Um wieder innovativer zu werden, müsste man die Innovationsverweigerer feuern und durch Quergeister ersetzen. Macht das jemand? Ist mir nicht bekannt. Man lässt alles wie es ist und fördert jetzt StartUps und lässt auch mal die Krawatte weg (dann glaubt man, mehr Silicon-Valley-like zu sein) . Man möchte es erzwingen, aber bei Innovationen funktioniert ‚viel Geld bedeutet viel Innovation‘ nicht. Manager reden sich besoffen vor lauter Disruption.  Auf der Ein wirklich interessanter Artikel in der FAZ zum Thema Disruption. Zitat aus dem Text: „Die Blödmänner, die bis vor kurzem von Nachhaltigkeit gesülzt haben, faseln jetzt von Disruption, um sich nach oben zu strampeln“, spottet eine Führungskraft aus der Autoindustrie. Und vor lauter schwadronieren und sülzen über Disruptionen hat man die dann wohl glatt vergessen. Mir ist keine wirkliche Disruption ‚made in Germany‘ für das Jahr 2015 bekannt. Das selbst fahrende Auto mit den Software-Updates hat das Potential, ist aber von Tesla. Während in Deutschland (vor allem bei Siemens?!) noch über Disruptionen geredet wird, wird in den USA (wieder einmal) eine revolutionäre Idee umgesetzt.

Dez 27

Geheimnisse der Welt: Sagrada Familia

Sagrada Familia: Unvollendetes Bauwerk – 1882 mit dem Bau begonnen, geplante Fertigstellung ist 2026 zum 100. Todestag von Gaudi. In vielerlei Hinsicht ist das Bauwerk eine Sensation. Es ist eine Innovation! Sowohl architektonisch gesehen als auch gesellschaftlich. Ursprünglich ist es die Sühnekirche der heiligen Familie, aber längst ist es ein gesellschaftlich-politischer Auftrag. Der Bau hat zwei Weltkriege überstanden, eine Diktatur und Weltwirtschaftskrisen. Heute symbolisiert es die Wechselwirkung zwischen Moderne und Stabilität. Es gibt keinen Plan und dennoch wird weiter gebaut, der höchste Punkt soll über 170m sein. Ein unsystematisches System – das ist die Innovation mit doppelt gekrümmten Flächen, einzigartig!

Ein beeindruckender Film von Arte versucht das Geheimnis zu lüften. Sehr spannend und man kann nur hoffen, dass der Bau tatsächlich vollendet wird.

Okt 27

Das Leben ist schön!

Gerade wenn man das Gefühl hat, das Leben zerrinnt – es wird durch zu viele Termine fremdgesteuert oder andere Ereignisse betrüben die Lebensfreude, sollte man sich klar machen: das stimmt nicht!

Das Leben ist schön! So oder so, falls Zweifel aufkommen, einfach mal innehalten und die Schönheit und die vielen wunderbaren Kleinigkeiten bewusster wahrnehmen. Es ist nur verdammt kurz. Viel zu kurz, um sich mit Ärger, Gram oder miesen Gedanken aufzuhalten.

Das Leben ist NIE das was andere denken, sondern IMMER das, was man selber daraus macht.
Bewusster leben kann schon mit weniger fernsehen und mehr Rad fahren anfangen oder einfach mal einen Brief schreiben oder mal einen Tag frei nehmen und wandern gehen.

Das Leben ist schön, man erkennt es nur nicht immer auf den ersten Blick. Dann kann man ja nachhelfen.

Aug 16

Idee trifft Realität

Es ist bei vielen Entscheidern immer noch nicht angekommen: Innovationen sind ein wirklich kompliziertes Geschäft. Die weit verbreitete Ansicht, eine ‚gute‘ Idee (was auch immer das ist!) braucht einen richtig guten Business Plan und fertig ist die Innovation. Das ist FALSCH, bzw. es genügt vielleicht für Micky-Mouse-Innovationen. Man kann es jedoch so oft erzählen wie man will, die Erkenntnis scheint gerade in großen Unternehmen nicht anzukommen. Chefs entscheiden Was und Wie innoviert wird, basiert auf den Management-Theorien vom Anfang des 20.Jahrhunderts (Taylor: Command and Control). Der spannende Punkt bei jeder Idee / Innovation ist der ‚Idee trifft Realität‘ Punkt. Das Video von Astro Teller bringt vielleicht den einen oder anderen zum Nachdenken (es lohnt sich, es ganz anzuschauen, auch wenn es die Twitter-geprägte Aufmerksamkeitsspanne erheblich herausfordert.

Feb 05

Die (Vorzeige-) Bürokraten

Niemand mag Bürokraten. Und nur noch wenige mögen die FDP. Zuviel Lobby- und Klientelhuberei wird hier als Parteiarbeit bezeichnet. Was aber der Parteivorsitzende Christian Lindner in seiner Wutrede da vorgetragen hat, finde ich sensationell. Zur Erinnerung:

FDP-Fraktionsvorsitzender Christian Lindner hält im Düsseldorfer Landtag eine Rede. Zuvor hatte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, SPD über den Rückstand der digitalen Entwicklung des Landes und Unternehmergeist fabuliert.
Soweit nichts ungewöhnliches und auch Lindners Rede wäre sicher im politischen Tagesgeschehen untergegangen, wenn nicht …
Ja, wenn nicht in Minute 21, nach Ausführungen zum Stellenwert von Unternehmensgründungen und Gründergeist, sich Volker Münchow (SPD) mit einem hämischen Zwischenruf „da haben Sie ja Erfahrung“ einmischt. Hämisch, weil eine Internetfirma von Christian Lindner 2001 gescheitert ist.

Was Lindner dann daraus macht ist genial: Unter anderem … „Wenn man Erfolg hat, gerät man in das Visier der sozialdemokratischen Umverteiler und wenn man scheitert, ist man sich Spott und Häme sicher“. Besonders pikant: Kraft hatte zuvor eben noch darauf verwiesen, dass gescheiterte Gründer zu oft ein Leben lang mit dieser ‚Pleite‘ konfrontiert, ja stigmatisiert werden. Offenbar ist ihr Wunsch, das zu ändern, um die Gründungskultur zu verbessern, in den eigenen Reihen noch nicht angekommen. Und die SPD outet sich einmal mehr als reine Umverteilungspartei. Auch das Bürokratiemonster von Fr. Nahles geht in die Richtung (Mindestlohn ist gut und richtig, aber die dahinter liegende Bürokratie lähmt und blockiert jedes Unternehmen). Insofern erscheint die FDP sogar sympathisch, vor allem da der Auftritt von Lindner authentisch daher kam, nicht so poliert und geschliffen, wie viel zu oft im Politzirkus.

Und natürlich ist das Verhalten der Bürokraten auf den Hinterbänken der Parlamente, die sich dann und wann aus der Deckung wagen, eins zu eins übertragbar auf Unternehmen. Auch da wird vom Top-Management eine offene Innovationskultur angemahnt. In der gelebten Praxis werden dann jedoch die aalglatten Karrieretypen gefördert. Diejenigen, die niemals Fehler gemacht haben (oder sie geschickt anderen untergejubelt haben), die nie angeeckt sind, die aber auch niemals mit einer Idee oder einer Innovation aufgefallen wären, genau die klettern dann die Karriereleiter hinauf.

Wenn Lindner sagt: „Es sind meistens solche Sozialdemokraten, die das ganze Leben im Staat gearbeitet oder vom Staat selbst gelebt haben, die anderen unternehmerisches Engagement vorwerfen.“ so kann man auch das direkt auf Organisationen übertragen. Hier sind es die Manager, die abgesichert durch die Hierarchie, großspurig Unternehmertum und Engagement einfordern (Joe Kaeser: Jeder sollte so handeln wie ein Unternehmer) aber dann doch am eigenen Widerspruch, an den Bürokraten und der Kontrollsucht scheitern, die jegliche Eigeninitiative im Keim erstickt.

Ein heuchlerisches, ein verlogenes Spiel – in der Politik genauso wie in den Unternehmen!