Jul 30

Gibt es ’scheiß‘ Innovationen?

Ja, gibt es! Die Frage ist natürlich, was bedeutet ’scheiß‘? In dem Fall vielleicht eine Mischung aus peinlich, unethisch und unmoralisch.
Innovation als Begriff ist positiv belegt und mein Verständnis dahingehend war sicher etwas naiv aber als Fan von Innovationen ging ich irgendwie immer davon aus, dass es bei Innovationen um eine positive Erneuerung geht. Erfolg ist der Feind von Innovationen (#Bequemlichkeitsverblödung, #Selbstgefälligkeit) Und nun kommt das Dieselfiasko. Unternehmen betrügen offensichtlich und nutzen Innovationen dazu (die Abschalteinrichtung ist zweifellos eine Innovation) . Das ist jedoch zum einen eine riesige Enttäuschung, schadet auch dem Konzept ‚Innovation‘. Der ‚Red-Queen-Effekt‘ wird so noch getoppt.

In dem Buch „Die Weisheit der Roulettekugel„, welches 2013 (!) erschien, beschäftigte ich mich schon mit Innovationen in der Automobilbau. Mein Fazit damals (siehe Textauszug, S.211): Mit dem ausgegebenen Ziel, größter Hersteller von Automobilen zu werden, verändert sich auch die Perspektive auf Innovationen. Es geht allein um Größe.
Dass sich meine Befürchtungen / Ahnungen von damals so brachial Bahn brachen, erschreckt mich selber. Innovationen wurden nicht nur vernachlässigt. Nein: Es wurde innoviert um zu betrügen!
So eine Abschalt-einrichtung für sich betrachtet ist ja zweifellos eine Innovation. Hätte man die vielen Milliarden, die nun an Strafe fällig sind in richtige Innovationen investiert, wäre man heute vielleicht nicht größter Hersteller aber man hätte saubere Autos und sicher einen guten Ruf und müsste sich nicht als ‚Kartell der Betrüger‚ betiteln lassen.
Bei Audi werden nun vier Vorstände entlassen. Ob das reicht? Solange die Vorstände immer als Götter betrachtet werden und Innovationen danach beurteilt werden, ob der Gott die gut findet, sicher nicht. Mitarbeiter orientieren sich an dieser Kultur – dem jeweiligen Chef in den Arsch zu kriechen (#Karrieregeil) wird wichtiger als Innovationen voran zu treiben. In uniformen Organisationen haben es Freigeister sowieso schwer. Trägheit ist vorprogrammiert. Wenn der Gott dann weg ist, entsteht Chaos, da man ja verlernt hat, selbstständig zu denken. Ich glaube, man müsste vielmehr austauschen und weniger über die Kultur und Innovationen reden sondern tatsächlich was ändern.
Gut, dass es Tesla besser macht.

 

Okt 19

Sabotage. Oder wie man Innovationen verhindert

Eigentlich ist es unglaublich aber wiederum auch eine ziemlich lustige Sache: Das CIA (wirklich, das CIA!) hatte im Jahre 1944 ein ‚Simple Sabotage Field Manual‚ erstellt. batterieAuf den ersten 20 Seiten geht es darum, wie man Wasserleitungen lahm legt, wie man Batterien kurzschließt (Bild), Bremsen an Autos manipuliert und so. Das übliche eben um den Gegner zu schwächen. Der Kracher kommt dann ab Seite 28 unter dem Punkt ‚General Interference with Organizations and Production‘:

 

Der Abschnitt ist in vier Unterabschnitte aufgeteilt:
a) Organizations and Conferences
b) Managers and Supervisors
c) Office Workers
d) Employees
Und jeder Bereich enthält Brisantes. Da steht unter a) zum Beispiel:
1) Bestehen Sie darauf, alles streng nach Vorschrift zu erledigen. Lassen Sie niemals den kurzen Dienstweg zu, um Entscheidungen evtl. zu beschleunigen.
organisation2) Halten Sie Monologe. Sprechen Sie so oft und so lang wie möglich. Schmücken Sie Ihre Beiträge mit langen Anekdoten …

3) Falls möglich, veranlassen Sie, dass Sachfragen für ‚weitere Untersuchungen und Diskussionen‘ an Ausschüsse weitergeleitet werden…
4) Bringen Sie unwichtige Themen so oft es irgend geht zur Sprache
und besonders lustig
5) Feilschen Sie bei Meldungen, Protokollen oder Beschlüssen um präzise Formulierungen
usw.
Beim Lesen kann man gar nicht anders als zu denken, ob in unseren Firmen nicht doch der eine oder andere Saboteur eingeschleust wurde. Spätestens Im Abschnitt b) Managers and Supervisors musste ich an meine ehemaligen Chefs denken:
2) Missverstehen Sie Aufträge. Stellen Sie endlose Fragen oder lassen Sie sich auf lange Schriftwechsel ein. …
7) Bestehen Sie auf perfekter Arbeit bei relativ unwichtigen Produkten …
10) Untergraben Sie die Arbeitsmoral, und behindern Sie die Produktion: Seien Sie freundlich zu ineffizienten Mitarbeitern; befördern Sie diese unverdient. …
13) Verkomplizieren Sie die Abläufe und Genehmigungswege …
zum Abschluss noch ein Beispiel aus dem Abschnitt d) Employees:
6) Gebe niemals dein Wissen und deine Erfahrung weiter an andere Mitarbeiter …

titel

Titelblatt: Feldanweisung zur Sabotage

 

Es liest sich wie eine Arbeitsanweisung und ist es nicht irgendwie der Alltag in den Organisationen? Noch mal zur Erinnerung: es ist eine Anleitung zur Sabotage (hier im Original nachzulesen).

 

Anonymes Feedback: htellonym.de/u/Professor

Dez 14

Musterbrecher brechen Muster

Musterbrecher – das Buch

Musterbrecher sind – so die Autoren – Personen, die etwas anders machen, also wie der Name sagt, bestimmte Muster durchbrechen. Die Muster beziehen sich dabei auf Routinen und betrieblichen Abläufe, die zwar gewohnt und effizient sind aber in der Regel jede Art von Innovationen verhindern. Das Phänomen kenne ich zu gut, nicht nur von Siemens , auch viele andere Organisationen habe ich kennengelernt als Innovationsverhinderungsinstitutionen.

Dass ich mich in die Reihe der sogenannten Musterbrecher einreihen darf, ehrt mich natürlich. Bei der Bucherstellung wurde ich zum Thema Innovationen interviewt. Es war eine spannende Erfahrung und umso mehr freut es mich, dass nun bei der Erstellung des Kalenders für 2015 wieder das Thema Innovation zum Zug kam und ich wieder erwähnt wurde.

Musterbrecher – der Kalender für 2015

Das Juli-Kalenderblatt: Vorderseite und Rückseite:

2014-12-30 Musterbrecher001

2014-12-30 Musterbrecher002Um Innovationen zu starten, sollte man natürlich nicht erst bis Juli 2015 warten. Falls Sie Inspirationen suchen oder eben Musterbrecher, dann sollten Sie / sie sich hier melden

Sep 08

Von Längs- und Querdenkern

Ein Artikel im Handelsblatt hat mich diese Woche erst zum nachdenken und dann zum Kopfschütteln gebracht. Titel: „Mehr Platz für Querdenker“ (in der Wochenendausgabe 1./2./3. August S.52/ S.53 oder als Bezahlinhalt online). Ein Lehrer würde sicher der Autorin – Stefani Hergert – attestieren ‚Sie hat sich bemüht!‘. Und tatsächlich ist der Artikel recht nett zu lesen, vorausgesetzt man versteht nichts von Innovationen. Es lässt sich etwa so zusammenfassen: ‚Früher war alles schwierig, heute haben jedoch viele Unternehmen Innovationsmanager und Zentraleinheiten, die kümmern sich um Ideen, Kultur und das ganze drumrum.‘ Natürlich kommen reichlich ‚Experten‘ zu Wort: ‚Heute haben viel mehr Unternehmen als noch vor zehn Jahren spezielle Teams, die sich um Innovationen kümmern.‘ lässt uns Linus Dahlander wissen. Accenture (die Berater, die Innovationen sonst meiden wie der Teufel das Weihwasser) kommt auch zu Wort: „Ein Mangel an Innovationskraft trägt dazu bei, dass Unternehmen gewisse Trends verschlafen.“ Nach dem Lesen der ersten Spalte habe ich schon Ohrensausen. Wie hängen noch mal Innovationskraft und Trends zusammen? Soso, die Fähigkeit, Neues zu erschaffen bzw. der Mangel daran sorgt dafür, dass man externe Entwicklungen (Trends) verschläft. Der Begriff Querdenker kommt außer in der Überschrift sonst im Text nicht mehr vor, statt dessen werden wohl die Innovationsmanager als die Querdenker angesehen. Steile These! Ich kenne einige wenige Querdenker und einige Innovationsmanager, die Schnittmenge ist jedoch NULL. Aber das geht im romantischen Innovations- und Querdenkerbestreben direkt unter.

Ablehnung von Idee_klein„Die eigenen Leute einzubringen, sei wichtiger geworden.“ weiß die Deutsche Bank zu berichten. „In einer Datenbank können Mitarbeiter Vorschläge eingeben, wird eine für gut befunden, gibt es eine Prämie.“ Das klingt zwar wahnsinnig ausgebufft, ist jedoch der Stand der frühen 80er Jahre und seit dem wenig erfolgreich. Den Vogel schießt jedoch die Telekom ab, die mit sogenannten MOOC (sonst aus der universitären Lehre bekannt) die „Megatrends der Zukunft erforschen“ wollen. Wenn es nur so einfach wäre, Technik und Prozesse können in der Regel kaum die Blutleere in den Chefetagen ausgleichen. Bei der Hypo-Vereinsbank hat wohl ein Mitarbeiter mal einen Vorschlag in der Art ‚mehr Englisch im Service‘ eingebracht. Jedenfalls gibt es jetzt ein Innovationsprojekt dazu. Was heutzutage schon als Innovation zählt, war vor 10 Jahren noch Eigeninitiative.
Das Feuerwerk an Innovationen, dass da gerade gezündet wird, ist beeindruckend. Zu den eigentlichen Problemen dringt der Artikel nicht vor. Die Verhinderung von Neuem, Innovativen und Kreativen ist oft reine Machtdemonstration. Das eigentliche Problem ist also nicht, dass Querdenker mehr Platz brauchen sondern mehr Macht!