Jan 05

Kluge Menschen in dummen Organisationen

Jeder kennt kluge Menschen oder hat eine Vorstellung davon. Aber dumme Organisationen? Ab welchem Punkt kann man sagen, dass eine Organisation ‚dumm‘ ist? Was ist überhaupt das richtige Kriterium?

Das ist wieder eine dieser Fragen, die mich nicht mehr loslassen in der Adventszeit. Hilfe bei der Beantwortung bekomme ich bei einem Interview von Reinhard Sprenger bei Welt-Online „Wir sind alle Marionetten des Managerschnickschnacks“.

extViele schlaue Leute sind zusammen keine kluge Organisation, andererseits können viele weniger Begabte zusammen eine smarte Organisation darstellen. Was ist der Unterschied?
Den einzigen und alleinigen Grund macht das Management. Und leider ist das nicht offensichtlich erkennbar. Aber ein mittelmäßiges Management führt maximal zu einer mittelmäßigen Organisation, egal wie helle die Mitarbeiter sind.

Feb 24

Mein wunderbarer Arbeitsplatz

Irgendwas läuft schief mit den traditionellen Organisationsformen – und dem Arbeitsplatz. Immer öfter verhindern Hierarchien eine Weiterentwicklung. Ich denke, neben technischen Innovationen liegt hier die größte Herausforderung für die Zukunft der Unternehmer. Arte hat zu dem Thema eine richtig gute und spannende Dokumentation zusammengestellt:
„Um Mitarbeitern die Freude an der Arbeit zurückzugeben, experimentieren manche Unternehmen nun mit innovativen Konzepten. Zu diesen Vorreitern gehören etwa das belgische Sozialministerium, der indische Großkonzern HCL und die französische Firma Chronoflex. Die Mitarbeiter genießen dort vollkommene Entscheidungsfreiheit bei der Organisation ihrer Arbeit.
Mein wunderbarer Arbeitsplatz – Traum oder Wirklichkeit? Die Dokumentation begleitet Arbeitnehmer aus mehreren Wirtschaftszweigen und zeigt innovative Lösungen auf, mit denen das Vertrauen der Angestellten, Freiheit und Kreativität wieder Einzug in die Arbeitswelt finden. Die Geschichten sind alle unterschiedlich, aber stets positiv und ermutigend.
Fast überall liegen die Schlüssel zum Erfolg in einer grundlegenden Neuorganisation des Unternehmens: Auflösung hierarchischer Pyramidenstrukturen, Gleichbehandlung aller Mitarbeiter, Abschaffung von Kontrollen und Chefposten, umfassender Informationsaustausch. Von der besseren Atmosphäre am Arbeitsplatz profitieren alle. Hoffentlich finden diese Ideen bald weiteren Anklang.“

Besonders interessant sind die Ausführungen über Kontrolle, Bürokratie und unproduktive Manager und 30-40% Parasiten im System, im Film ab ca. 33 min.
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Jan 28

Das Peter-Prinzip neu aufgelegt

Vor etwas mehr als 40 Jahren veröffentlichten Laurence J. Peter und Raymond Hull das Buch The Peter Principle. Basierend auf Beobachtungen  in der kanadischen Schulverwaltung formulierten sie das Peter-Prinzip: ‚In einer hierarchischen Organisation neigen die meisten Beschäftigten dazu, bis zu ihrer Stufe der höchsten Unfähigkeit aufzusteigen.’ Es ist in der Tat ein beeindruckendes Werk und es hat wie ich meine nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Continue reading

Feb 11

Power-Point Wahrheiten

Seit es Power-Point von Microsoft und damit quasi auch einen Standard für die Erstellung und Präsentation der Foliensätze gibt, hat sich die Kommunikation in Organisationen erheblich verändert. Sie ist anders geworden, nicht unbedingt besser. Das Beste ist, man kann oder besser könnte damit komplizierte Sachverhalte zuhörergerecht aufbereiten und vermitteln. Könnte, weil es kaum jemand richtig tut. In der Tat ist die Erstellung aussagekräftiger und zuhörer-orientierter Präsentationsfolien eine oft unterschätzte Gabe. Fluch und Segen gleichermaßen liegen in der einfachen Bedienung begründet. Viele Anwender werden dadurch wohl dazu verleitet sowohl zu viele Folien zu erstellen und sich viel zu sehr auf die Folien zu konzentrieren und den angesprochenen Zuhörer zu vergessen. Entscheidend ist doch, was beim Zuhörer tatsächlich ankommt und auch verstanden wird. Die Folie und die Präsentation ist nur Mittel zum Zweck.

Worauf ich jedoch heute hinaus will, ist ein Phänomen im Zusammenhang mit Powerpoint, was ich zwar schon länger beobachte, was mir aber erst jetzt so richtig bewusst wird. Die zugrunde liegende Hypothese lautet, dass das Medium Power-Point in der Anwendung  in einer Organisation von unten nach oben zunimmt. Extrem formuliert ist Power-Point an der Werkbank unbekannt und im Vorstand wird es flat-rate genutzt. Nur was mit Power-Point dokumentiert ist, gilt als akzeptierte Realität in der Organisation. Ohne das wissenschaftlich nachweisen zu wollen, ist die Tendenz beobachtbar und zur Vereinfachung sei das nun verallgemeinert. Auch wenn es vielleicht überraschend klingt, wirklich neu ist es nicht.

Denkt man nun noch einen Schritt weiter, kann man zügig schlußfolgern, dass Power-Point das wichtigste Kommunikationswerkzeug in den Chefetagen ist. Strategien werden entworfen, Vorschläge zur Entscheidung vorbereitet und vorgestellt, Statusberichte präsentiert, Quartalszahlen erläutert und Projekte verworfen. Und immer mit dabei – Power-Point.

Wenn man nun noch weiß, dass in Organisationen der Informationsfluß von unten nach oben durch jede Ebene gefiltert und immer positiver dargestellt wird (R.Feynman Experiment) kann man sich vorstellen, dass Chefetagen in rosa-roten Power-Point-Welten leben, möglichst fernab der Realität. Die Realität wird in Power-Point übersetzt und dann vorzugsweise auch dort belassen. Dieser rosa-rote Power-Point Kosmos wird wohl nur durch ausßergewöhnliche Ereignisse getrübt. Falls beispielsweise das Unternehmen pleite (z.B. HRE), unangegebene Übernahmeraufereien anstehen (VW-Porsche) oder Banken-Boni zur Disposition stehen (wohl alle Banken). Alles in allem glaube ich, dass in vielen Chefetagen lediglich ein Power-Point Verständnis vom eigenen Unternehmen vorhanden ist. Diese Power-Point-Schranke können und wollen wohl nur Wenige durchbrechen. Danke Power-Point.

Feb 27

High hanging fruits

Im Gegensatz zu den ‚Low Hanging Fruits’ befinden sich die ‚High Hanging Fruits’ deutlich höher. Die Bezeichnung hat ihren Ursprung in der Unternehmenslehre und die Höhe der Früchte signalisiert den zu leistenden Aufwand bei der Ernte. Unten hängen die leicht zu erntenten, eventuell nicht ganz so süßen und saftigen Früchte, wie sie weiter oben zu finden sind. In den letzten Jahren ist nun eine klare Tendenz in Richtung zu den ‚Low Hanging Fruits’ zu erkennen. Und zwar in allen Bereichen der Gesellschaft, nicht nur in der Wirtschaft.

Es geht darum, möglichst schnell – ohne großen Aufwand – zu Ergebnissen zu kommen. Nicht umsonst gibt es in der Industrie die Bezeichnung Ergebnisorientierung. Beim Outsourcing stellen die billigeren Arbeitskräfte die verlockenden, vermeintlich tief hängenden Früchte dar. Viele Unternehmen stellten die Grundlagenforschung ganz ein – viel zu anstrengend, viel zu weit oben im Baum.

Eine andere überreife Frucht ergibt sich aus dem Portfoliomanagement. Unternehmen konzentrieren sich mit ihren Aktionen auf die Bereiche, die die höchsten Margen erzielen und stoßen die weniger lukrativen ab. Stellt ein Friseur beispielsweise fest, dass Damen sowohl öfter kommen als auch das üppigere Programm ordern und demzufolge wesentlich mehr Geld im Geschäft lassen, könnte er auf die Idee kommen, den Bereich Herren zu schließen. Wenn mehr auf die Idee kommen, werden Herrenfriseure zum Nichensegment. Was bei den Friseuren mit Marktgesetzen erklärt werden kann, ist in anderen Bereichen nicht so einfach zu erklären und das band zur Illegalität ist auch recht schmal, privat drängelt man sich mal in einer Warteschlange vor, im Sport wird gedopt, Lebensmittelproduzenten kommen öfter mal ins Gerede. Immer mit dem Ziel, schnelle Ergebnisse bei geringem Aufwand. Das schlimme ist, dass man das hat Gefühl, dieses Cherry-Picking wird von der Ausnahme zur Normalität.

Albert Einstein soll einmal gesagt haben, Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil die Ergebnisse sofort sichtbar sind. Gemeint hat er wohl, dass die Entwicklung der Relativitätstheorie wesentlich mehr Aufwand bedeutet und undankbarer ist.

Muss man sich nicht fragen, ob der Sinn des Lebens dieser Jagd nach den reifen Früchten geopfert wird? Aus überlegter, langfristiger und sinnstiftender Planung und Handlung wird hektisches Reagieren, Flickschusterei und Krisenmanagement. Nach Beispielen aus Wirtschaft und Politik muss man heute nicht lange suchen.

Das nächste Mal werde ich wohl etwas nachdenklicher als sonst zum Friseur gehen, so ich noch einen finde kann