Mai 20

Management Portraits im Vergleich

Mit Interesse verfolge ich die Entwicklung im Management von Unternehmen, deren Lenker und Persönlichkeiten. Natürlich gibt es nicht nur die Glanzzeiten und Feierstimmungen, welche oftmals auf ‚offiziellen‘ Fotos abgebildet sind . Wesentlich spannender als die Pressefotos sind die Augenblicke der Ernüchterung und der Erkenntnis ‚Hoppla, hier ist was schief gelaufen.‘ Wenn man sich die Bilder dann im Vergleich anschaut, kann man einiges über die betrachtete Person erfahren. In der nachfolgenden Tabelle enthält die Spalte ‚Something wrong here‘ die weniger glänzenden Momente. Ich habe sie mir ganz genau angeschaut. Was verraten die Augen, was die Mundwinkel oder die Körperhaltung? Vielleicht täusche ich mich, aber die Mimik verrät in den meisten Fällen vor allem, dass man unzufrieden ist und die Ursachen eher woanders als bei sich selber sucht. Wenn die Lippen so zusammen gepresst werden, spürt man förmlich die Mischung aus Unmut, Selbstgefälligkeit und Trotz. Manchmal ist auch etwas Ratlosigkeit (z.B. Heide Simones nach der missglückten Wiederwahl) dabei, aber Selbstzweifel sind weit und breit nicht erkennbar. Das finde ich bemerkenswert. Es ist gar nicht mal so sehr der Grund für den Unmut oder ob es gerechtfertigt ist oder nicht was mich so fesselt, sondern einfach die Mimik. Ich bin davon fasziniert, was die Portraits von ein und der selben Person in zwei verschiedenen Situationen verraten kann, was wahrscheinlich sogar verborgen bleiben sollte.

Management Portraits:

‚The sky is the limit‘ ‚Something wrong here‘
File photo of Fitschen Co-CEO of Deutsche Bank Jürgen Fitschen,
CEO Deutsche Bank
Juergen Fitschen Attends Ruhr Initiative Congress
silvio-berlusconi-2-540x304Silvio Berlusconi,
Ex-Premier von Italien
Silvio-Berlusconi-_1751740a
Wölbern-Invest-owner-Heinrich-Maria-Schulte-Source-Arnold-Morascher-for-Handelsblatt schulte-540x304
Heinrich Maria Schulte,
Ex-Wölbern Invest Chef
 thomas-middelhoff-arcandor
Thomas Middelhof,
Ex- Arcandor-Chef
 1094420452
Kaeser_Joesf300dpi-AufmacherJoe Kaeser,
CEO Siemens
joe-kaeser-108~_v-img__16__9__l_-1dc0e8f74459dd04c91a0d45af4972b9069f1135Ein möglicher Grund könnte hier zu finden sein:
‚Der Mann, der Josef Käser über den Tisch zog.‘
(Bilanz Magazin Mai 2015, S.26)
11527620 Uni Bayreuth prueft Plagiatsvorwuerfe gegen zu GuttenbergKarl-Theodor zu Guttenberg,
Ex-Verteidigungsminister
_41368874_apotheker203afpLeo Apotheker,
Ex-HP/SAP-Chef
leo-apotheker-550x389
simonis_heide_spd.jpg;jsessionid=EF502588B726867DD580C0A134D198BBHeide Simonis,
Ex-Ministerpräsidentin Schleswig-Holstein
2010-03-17-simonis
Blatter0901_468x337 Joseph-Blatter Joseph Blatter, FIFA Präsident
Fotos: Handelsblatt, FAZ, SZ, WiWo, Welt, Abendblatt

2-format2010

Wow, selbst als US-Geheimdienstchef gibt es wohl Grund für Ärgernisse – in dem Fall über den BND.
Freunde werden die sicher nicht mehr, aber es ist ja auch eine Frechheit, wenn die Krauts nicht mehr das machen wollen, was der mächtigste Spionage-Boss will, „Alles Flaschen!“

Mai 05

Täglicher Streikbericht

Kommt es mir nur so vor, oder ist es tatsächlich so, dass die Streiklaune in Deutschland deutlich zugenommen hat? Täglich neue Meldungen: Deutsche Bahn (ok, seit 10 Monaten erfolglose Verhandlung macht nervös), Postbank, Sicherheitsdienste (in Berlin wird das Bargeld knapp!), Krankenhaus und nun auch Kindergärten und weitere (Piloten pausieren grad, jedoch kaum aus Einsicht).
Natürlich haben Streiks Auswirkungen auf das tägliche Leben. Das ist ja genau die Idee vom Streik, ohne Auswirkungen wären sie sinnlos. Das kann man gut finden oder nicht (gerade wenn man betroffen ist).
Nun kann man sich fragen ‚Warum auf einmal so viele Streiks?‘ Man kann nur spekulieren. Kann es sein, dass viele das Gefühl haben, dass der Wohlstandszuwachs ungleich verteilt wird? Täglich kann man lesen: Schäuble kann mit höheren Steuereinnahmen rechnen.  Was macht der eigentlich mit dem Geld? Ich glaube, bei detaillierterer Erklärung bzgl. des Verbleibs wären die Begehrlichkeiten seitens der Steuerzahler geringer und die Streiktendenz eventuell weniger ausgeprägt. Ist nur so eine Idee.

Beim Bahnstreik kann man beobachten wie blank die Nerven liegen. Beim Namen Weselsky steigt in Deutschland der gesellschaftliche Blutdruck. Sogar die SPD vergisst ihre Ideale. Frau Nahles plant das Tarifeinheitsgesetz. Da reibt man sich die Augen, war nicht die SPD bisher das Sprachrohr der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihrer Interessen? Aber offensichtlich wittert die SPD nun Kontrollverlust. Interessenvertretung geht eben nur so weit, wie es die SPD gut findet.
Sehr seltsam ist das alles. Ich bin auch oft von Streiks betroffen (vor allem Bahn!) und sicher nicht immer einverstanden mit den Streikwilligen. Was ich aber immer geschätzt habe, ist die Tarifautonomie – also die Ansicht, das die Tarifparteien sich da irgendwie einigen müssen. Und zwar egal wie und das muss man eben auch mal aushalten. Wenn sich Nahles nun jedoch durchsetzt, ist es damit vorbei. Dann gibt es nur noch Kuschelstreiks, also welche, die nicht weh tun. Aber halt, geht damit nicht die Wirksamkeit des Streiks verloren? Ausgerechnet die SPD, die sich doch immer als Aushängeschild der Arbeiterklasse sah. Verkehrte Welt irgendwie, aber bei der SPD wundert man sich ja kaum noch über was.

Apr 28

Kreativität lernen – verlernen?

 

Foto[1]Kreativität ist etwas Faszinierendes. Ein schlauer Mann hat mal gesagt (mir fällt gerade nicht ein, wer es war. Ich liefere es nach …), dass Kreativität die Erschaffung von Etwas aus Nichts ermöglicht. Kinder sind alle kreativ, sie fragen nicht, sondern probieren viel aus. Sie lernen die Welt kennen. Die Erfahrungen machen uns müde. Sie verleiten uns dazu, Dinge nicht mehr zu hinterfragen. Organisationen, insbesondere die großen Organisationen sind wahre Meister darin, Kreativität mit allen möglichen Mitteln zu unterdrücken. Prozesse sind wichtig, sie fördern die Effizienz – heisst es. Kreativität stört da nur. Selbst für Innovationen wird die Notwendigkeit von Kreativität vielfach angezweifelt. In Unternehmen wird hart gearbeitet (was auch immer), alles was verdächtig nach Spass oder Freude aussieht, gilt es zu vermeiden. Man könnte mal das Experiment machen und in der Organisaitone vorschlagen, sich an der Kreativität der Kinder zu orientieren. Man würde wahrscheinlich recht schnell ein ernsthaftes Problem bekommen.
Leider bemerkt man in Organisationen erst die fehlende Innovationsfähigkeit bzw. Kreativität, wenn es zu spät ist. Also wenn der Markt schwächelt oder Wettbewerber mal radikal umdenken. Dann wird schnell eine bessere Innovationskultur angemahnt.
Aber man könnte von vornherein einfach mehr Kreativität zulassen und diese nicht mit allen Mitteln verhindern. Eins ist klar, die Kreativen sind anstrengend, die lassen sich auch nicht so einfach steuern, sie sind auch kreativ, wenn vielleicht Konzentration gefragt ist. Gesunde Organisationen halten das aus und so klappt es auch mit der Innovationskultur!

Mrz 25

Wie man immer Neukunde bleibt

Nicht der Kunde ist König, sondern ‚Der Neukunde ist König‚. So müsste es neuerdings heißen.

Schon immer war es wohl so, dass Unternehmen ihre Kunden irgendwie in ‚Bestandskunden‘ und ‚Neukunden‘ einteilten. Nun scheint diese Praktik einer Entwicklung zu weichen, die man durchaus als überhitzt bezeichnen kann. Denn was mal harmlos begann – Neukunden bekamen eine kleine Aufmerksamkeit zum neuen Vertrag, entwickelt sich zu einem wahren Wettkampf. Viele Märkte sind gesättigt, Wachstum ist nur über Verdrängung möglich. Das bedeutet: Abwerbung. Das bedeutet aber auch, jeder Bestandskunde ist für andere Firmen potentieller Neukunde.
Man kann nun beobachten, dass sich viele Firmen vor allem auf die Gewinnung von Neukunden konzentrieren, Vertrieb und Marketing sehen das als eine ihrer Hauptaufgaben. Für Bestandskunden fühlt sich traditionell kaum jemand verantwortlich. ‚Customer Service‘ wäre geeignet, in der Regel treten die jedoch nur noch bei Problemen bzw. nur bei massiven Problemen (bei kleineren Problemen gilt immer öfter: ‚help yourself‘).

Nun ist es ja so, dass Kunden auch dazu lernen. In dem Fall z.B.: als Neukunde bekommt man den besten Service, als Bestandskunde ist man in der Regel Bittsteller. Das führt dazu, dass man eigentlich immer Neukunde bleiben möchte. Wie geht das? Nun, sobald ein neuer Vertrag abgeschlossen ist, sollte man sofort kündigen, SOFORT!

Viele Unternehmen wollen ihre Kunden ja erziehen – man denke nur an die Entwicklung zur Selbstbedienung (und nun auch Selbstbezahlung z.B. bei IKEA) Die Kunden lernen jedoch auch dazu. Und als Bestandskunde steigt nicht unbedingt die Zufriedenheit, wenn man zwar mit dem Service zufrieden ist, jedoch erkennen muss, dass man als Kunde 2.Klasse behandelt wird

Und so kann man als Kunde auch seinen Lieferanten oder Serviceanbieter erziehen, zumindest ein stückweit. Diese sind zwar irritiert, aber vielleicht bewirkt es ja etwas.

Feb 24

Mein wunderbarer Arbeitsplatz

Irgendwas läuft schief mit den traditionellen Organisationsformen – und dem Arbeitsplatz. Immer öfter verhindern Hierarchien eine Weiterentwicklung. Ich denke, neben technischen Innovationen liegt hier die größte Herausforderung für die Zukunft der Unternehmer. Arte hat zu dem Thema eine richtig gute und spannende Dokumentation zusammengestellt:
„Um Mitarbeitern die Freude an der Arbeit zurückzugeben, experimentieren manche Unternehmen nun mit innovativen Konzepten. Zu diesen Vorreitern gehören etwa das belgische Sozialministerium, der indische Großkonzern HCL und die französische Firma Chronoflex. Die Mitarbeiter genießen dort vollkommene Entscheidungsfreiheit bei der Organisation ihrer Arbeit.
Mein wunderbarer Arbeitsplatz – Traum oder Wirklichkeit? Die Dokumentation begleitet Arbeitnehmer aus mehreren Wirtschaftszweigen und zeigt innovative Lösungen auf, mit denen das Vertrauen der Angestellten, Freiheit und Kreativität wieder Einzug in die Arbeitswelt finden. Die Geschichten sind alle unterschiedlich, aber stets positiv und ermutigend.
Fast überall liegen die Schlüssel zum Erfolg in einer grundlegenden Neuorganisation des Unternehmens: Auflösung hierarchischer Pyramidenstrukturen, Gleichbehandlung aller Mitarbeiter, Abschaffung von Kontrollen und Chefposten, umfassender Informationsaustausch. Von der besseren Atmosphäre am Arbeitsplatz profitieren alle. Hoffentlich finden diese Ideen bald weiteren Anklang.“

Besonders interessant sind die Ausführungen über Kontrolle, Bürokratie und unproduktive Manager und 30-40% Parasiten im System, im Film ab ca. 33 min.
Continue reading

Jan 28

Ach, Siemens …

Die Quartalszahlen sind enttäuschend, wieder einmal. Und dann kommt Apple um die Ecke und präsentiert die Ergebnisse des letzten Quartals – und die lassen den Siemens-Gewinn besonders mickrig erscheinen. Ein neuer Rekord auf der einen Seite, 18 Mrd Dollar Gewinn in 3 Monaten (noch nie hat ein Unternehmen in einem Quartal mehr verdient als Apple im letzten Berichtsmonat) und ein Rückgang auf rund 1,1 Mrd Euro Gewinn auf der anderen Seite (ein Einbruch von etwa 25 Prozent, Rückgang Umsatz, Rückgang Auftragseingang usw.).Immer wieder beschäftigt mich der Unterschied zwischen Siemens (Houston, wir haben ein Problem) und Apple und ich habe natürlich eine Reihe von Erklärungsversuchen. 300px-Apple_logo_Think_Different_vectorized.svg

Zunächst einmal fällt auf, dass Apple selten Firmen aus strategischen Gründen kauft (Die Kopfhörerfirma Beats – für 3 Mrd Dollar – ist wohl die Ausnahme). Siemens versucht jedoch in der Regel über Käufe / Verkäufe die Wettbewerbsposition zu stärken. Auffällig hier ist das recht glücklose agieren. Der Kauf von Dresser-Rand für knapp 8 Mrd Dollar erscheint besonders fraglich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass im Gegenzug profitable Geschäfte verkauft wurden (BSH, Hörgerätesparte). Der Ölpreis fällt und Siemens kommt – wie so oft – wieder einmal einen Schritt zu spät.

Siemens_München_Perlach
Das organische Wachstum von Apple hingegen ist beeindruckend: eigene Ideen, eigene Innovationen, neue Produkte. Sicher geht noch vieles davon auf Jobs und seine Visionen zurück. Die Vision, die Hr. Kaeser für Siemens verkündet wirkt da wie aus einer anderen Zeit:

„Wir werden Siemens auf die nächste Generation der Elektrifizierung vorbereiten.“

Die Planwirtschaft lässt grüßen. Da fällt mir sofort Lenin ein, der vor rund hundert Jahren formulierte:

„Kommunismus – das ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes.“

Na dann, bis dahin bastelt Hr.Kaeser weiter an der ‚One-Man-Show‘ – so ein Einwand auf der Hauptversammlung (passend dazu ein aktueller Beitrag bei Spiegel-Online: „In Konzernen machen sich Ego-Typen breit„.) Vielleicht ist Steve Jobs sogar das große Vorbild, aber der hatte eben große Ideen. Und Siemens? Ist wegen einer Idee schon länger nicht aufgefallen. Dafür ist die teuerste Übernahme in der 168 jährigen Siemens-Geschichte wohl ein Desaster und man wundert sich, warum ein gutes Geschäft (BSH) abgegeben wurde und dafür ein schlechtes Geschäft (D-R) gekauft wurde.

Ergänzung Mai 2015:

Die Geschichte, welche in der Zeitschrift Bilanz-Magazin erzählt wird, liefert spannende Details ( ‚Der Mann, der Josef Käser über den Tisch zog‘, Bilanz Mai 2015, S.26)

Bildquellen: Wikipedia

Nov 09

Genau vor 25 Jahren …

war die Mauer plötzlich ‚offen‘. Wenn ich so zurück schaue, war das einer der größten Momente in meinem Leben. Heute wundert mich vor allem, wie plötzlich sich Wertesysteme auf den Kopf stellen können. Aus Helden können Verbrecher werden und umgekehrt. Wie kommt das? Sind es nicht die selber Menschen? Die Erkenntnis ist doch, dass jede Form von Macht auch Machtmissbrauch mit sich bringt.

Nov 08

Innovationsminimalisten at work

Die Firmen sind voller Innovationsminimalisten. Das sind diejenigen, die nie eigene Ideen produzieren, dafür aber andere Vorschläge in der Regel erfolgreich zerreden. Immer wieder bin ich dann erstaunt, dass sich genau diese durchschnittlichen Bürowerker als innovativ einschätzen (Querdenker!). Schaut man genauer hin, bleibt nur die eigene Wunschvorstellung und jede Menge Ausreden:
– keine Zeit für die Entwicklung von Ideen
– kein Geld für Experimente
– keine Unterstützung und keine Entscheidungen
– zu riskant für alle und oftmals viel zu radikal
– die Kultur stimmt nicht
– man hat kein ‚Push-Mandat‘ (was soviel wie „man hat mir nicht gesagt, was ich machen soll“ heisst) und die Ideen der Anderen sind so komisch.Innovationsminimalisten_V2
Dabei haben sich die meisten wohlig in der Nestwärme der Organisation eingerichtet und haben gelernt, dass wirkliche Innovationen nur etwas für Karriereverweigerer und Hasardeure ist. Wenn unkonventionelle Ideen auf konventionelle Entscheider treffen herrscht schnell Windstille. Und überhaupt … wenn es keine Innovationen gibt, vermisst sie auch kaum jemand. Die schärfste Waffe der Innovationsminimalisten ist übrigens MS Powerpoint. Vom Schreibtisch aus kann man recht erfolgreich Konzepte entwickeln, die niemand wirklich weh tun. Und darauf kommt es schließlich an! In der Comfort-Zone tut man niemandem richtig weh. Es gibt so viel bessere Möglichkeiten um in der Arena der Organisation sichtbar zu sein. Leider gibt es viel zu viele von den Innovationsminimalisten und vor allem sind sie überall: Mitarbeiter, Mittel-Manager genauso wie Top-Manager – sie lähmen die Organisation.

Sep 29

Zielvereinbarungen

Was wären die ‚modernen‘ Organisationen mit ihren ‚modernen‘ Management Praktiken ohne das Instrument der Zielvereinbarung? Sehr hilflos, vermute ich. Die ursprüngliche Idee war damals – vor ca. 100 Jahren – so einfach wie auch genial.
Ausgangspunkt ist zunächst die Feststellung, dass der ordinäre Mitarbeiter ohne Zielvorgabe entweder hilf- bzw. orientierungslos oder wenig engagiert seinem Tagwerk nachgeht. Damit der ‚Wurstelei‘ eine Richtung verliehen werden kann, bedarf es der Zielvorgaben. In der Regel werden die durch die Vorgesetzten festgesetzt, damit bekommt auch die Führung einen Zweck.
Im Industriezeitalter war das eine prima Sache, aber wie ist das in einer Zeit, die angeblich durch Wissen, Wissensvorsprung und Dynamik gekennzeichnet ist?
Sketch 2014-09-25 09_Zielvorgabe_mit CR_kleinIn der Ausgangs-situation ging man davon aus, dass der Vorgesetzte den Überblick sowohl über die Aufgaben und Kompetenzen der Mitarbeiter als auch die Situation und aktuellen Erfordernisse – im Sinne der Organisation – hat. Dieser Anspruch ist kaum erfüllbar, weder damals noch heute und mit zunehmendem Grad an Wissensarbeit in Zukunft immer weniger. Ziele, die über den Vorstellungshorizont des Vorgesetzten hinausgehen, sind so kaum denkbar. Oder anders ausgedrückt: die gegebenen Ziele sind durch den geistigen Horizont des Vorgesetzten begrenzt.
Jede Erneuerung oder Innovation wird so zu einem Akt der Unge-horsamkeit. George Bernard Shaw hatte dazu schon 1903 bemerkt: „Der vernünftige Mensch passt sich der Welt an; der unvernünftige besteht auf dem Versuch, die Welt sich anzupassen. Deshalb hängt aller Fortschritt vom unvernünftigen Menschen ab.“ (im Drama ‚Mensch und Übermensch‘).

Spinnt man den Gedanken weiter, könnte man mutig schlussfolgern, dass Organisationen, die konsequent über Zielvorgaben gesteuert werden, auf die Beibehaltung des Status-Quo setzen. Alles bleibt beim (messbaren) alten. Erneuerung ist nur insofern vorgesehen, als das es bei der folgenden Zielvorgabe auch als Ziel formuliert werden kann. Fortschritt braucht also einen innovativen Ungehorsam. Lässt den die Organisation nicht zu (oder schränkt den durch Zielvorgaben ein) entsteht das Neue woanders. Aufhalten lässt es sich jedenfalls nur schwer.

Apr 09

Im Schatten der Planwirtschaft …

Ein Teil meines Lebens war geprägt durch die Planwirtschaft. Ich wuchs in der DDR auf und machte ddr-parolefrühzeitig die Erfahrung der zentral gesteuerten Wirtschaftspolitik und der Begleit-Propaganda. Wenn ich zurückdenke, dann nicht im Groll. Es war anders. Es gab keine Werbung dafür aber Mangelwirtschaft, die Preise waren überall gleich und der Staat war eigentlich chronisch überfordert. Das Interessante war jedoch, dass man beim Lesen der Zeitung und als Empfänger der zentral organisierten Kommunikation ein ganz anderes Bild präsentiert bekam. Glaubte man dem in den Medien gezeichneten Bild, so war das Leben schillernd und der Sozialismus alternativlos und erfolgreich. Der erlebte Alltag und das gezeichnete Bild hatten kaum etwas miteinander zu tun – und alle wussten das und hatten sich damit arrangiert. Man lernte damit zu leben: In der Zeitung wurde z.B. von  den Erfolgen der Partei und den übererfüllten Plänen berichtet. Der Alltag war eine Monokultur und durch Mängel und Langsamkeit geprägt. Es war keineswegs Armut aber eben auch nicht so wie in den Medien dargestellt. War es Propaganda oder Realitätsverlust? Es war nicht ganz klar, vermutlich eine Mischung aus beidem.junge_welt

Das Verblüffende ist nun, daß dieses Phänomen – also die Diskrepanz zwischen der Wirklichkeit und der Darstellung – genauso in große Unternehmen (insbesondere mit internationaler Ausrichtung) zu beobachten ist. Zunächst einmal ist bemerkenswert, dass die Unternehmen in ähnlicher Weise organisiert und gesteuert werden wie damals in der zentralistischen Planwirtschaft. Wichtige Entscheidungen werden in zentralen Machtzirkeln entschieden, beide Systeme sind eher Diktaturen als Demokratien und die Strukturen und Machtverhältnisse sind intransparent. pic159eUnd am Auffälligsten ist, dass die Darstellung nach den gleichen Mustern abläuft wie im Sozialismus (ich kann das beurteilen, da ich beides erlebt habe / erlebe): alles ist rosig, fast alles ist vom Erfolg gekrönt und Probleme sind nicht erkennbar (man ist immer ‚gut aufgestellt‘). Auch hier sind die Unterschiede zur Realität enorm groß und es wird wohl auch – wie zuvor schon beschrieben eine Mischung aus Realitätsverlust und Propaganda sein.
Und genau das bereitet mir etwas Sorgen. Ich weiß, was aus der DDR wurde und ich befürchte das die Verleugnung der Realität und die verzerrte Darstellung hier wie dort der Anfang vom Ende ist.