Mrz 19

Erstaunliche Experimente (2): Rosenhans Pseudopatienten

Bekanntermaßen faszinieren mich Experimente, um so mehr, wenn sie Bewährtes und Allzuselbstverständliches in Frage stellen. Beim nachfolgend beschriebenen Experiment kann man sich einer gewissen Schadenfreude kaum erwehren. Jedoch nur kurz, denn rasch wird einem bewusst, wie verbreitet das dargestellte Schubladendenken tatsächlich ist – und das macht nachdenklich.

Der amerikanische Psychologieprofessor David L. Rosenhan führte das Experiment zwischen 1968 und 1972 durch und veröffentlichte die Ergebnisse im Science-Magazin unter dem Titel ‚On being sane in insane places‘  (übersetzt etwa: Gesund in kranker Umgebung).
Acht Pseudopatienten (fünf Männer und drei Frauen – alle kerngesund) gehen zum Arzt und erklären im Aufnahmegespräch, sie würden Stimmen hören und könnten Worte wie etwa ‚leer‘, ‚hohl‘ und ‚dumpf‘ wahrnehmen. Alle anderen Angaben wurden wahrheitsgetreu vorgetragen und ansonsten war das Verhalten normal. Wie abgesprochen wurde anschließend bei jeder Gelegenheit darauf verwiesen, dass die Stimmen verschwunden seien. Es half jedoch nichts, alle wurden eingewiesen und blieben zwischen 7 und 52 stationär in Behandlung um dann – alle – mit dem Befund ‚abklingende Schizophrenie‘ wieder entlassen zu werden.
Keiner der Pseudopatienten könnte also enttarnt werden und Rosenhan schlussfolgert, dass man eben gerne sieht was man sehen will. Als ein Institut mit den Ergebnissen konfrontiert wurde, gab man sich ungläubig: so etwas könne nicht passieren. Darauf hin folgt der zweite Teil des Experiments. Rosenhan kündigte an, in den folgenden drei Monaten weitere Pseudopatienten einzuschleusen. Nun werden von 193 Patienten 41 als Pseudopatienten ‚enttarnt‘. Das Problem dabei: nicht ein Pseudopatient stellte sich tatsächlich vor.

Katze

Das ist bemerkenswert. Die Psychologie ist keine exakte Wissenschaft und tut sich wohl nach wie vor sehr schwer mit Befunden. Obwohl schon vierzig Jahre her, ist es wohl heute auch noch recht ähnlich. Erinnert sei hier an den Justizskandal um Gustl Mollath. Zweifelhafte Fachexpertise wird selten in Frage gestellt – und das kennt man auch von Innovationen.