Dez. 17

Normaler Wahnsinn

Normal – was bezeichnen wir als normal? Was irgendwie in die soziale Norm passt scheint auch normal zu sein. Wer legt diese Norm fest? Eigentlich niemand so richtig, oder? Knigge versucht sich immer mal wieder damit, ein paar verbindliche Richtlinien für den Umgang – vor allen Dingen den formalen Umgang – aufzustellen. Aber so richtig ernst scheinen das Wenige zu nehmen.

Bedeutet Normal nicht Durchschnitt und Durchschnitt ist gleichbedeutetend mit langweilig? Wer will schon als langweilig gelten? Knigge ist also etwas für Langweiler!

Ist das Leben also eine Gratwanderung zwischen gerade noch soviel Normal, um nicht ein Langweiler zu sein und so viel wie möglich Verrückt, um nicht allzu oft anzuecken? Das ist doch normaler Wahnsinn.

Nov. 25

TAZ versus Bild

Ein richtig guter Film: kurz, lustig und treffend.

TAZ versus Bild – hat sogar die Gerichte beschäftigt. Im Oktober 2005 ließ die „Bild“-Zeitung diesen zweiteiligen Werbespot der TAZ per einstweiliger Verfügung sperren. Zwei Jahre später gab das Hamburger Oberverwaltungsgericht der Bild-Zeitung damit recht. Wieder zwei Jahre später, am 1. Oktober 2009, setzte die taz vorm Bundesgerichtshof durch, ihn doch zeigen zu können.

Jens Junker und Philip Haucke habe diesen Kurzfilm gedreht. Mit dem Spot hatten die beiden den „First Steps Commercial Award 2006“ gewonnen. In der Begründung hieß es, es gelinge ihnen „auf überzeugende Art und Weise, den Kampf ‚David gegen Goliath‘ zu visualisieren und den journalistischen Anspruch der taz klar von einem ‚beschränkten Horizont‘ abzugrenzen.“

Wie auch immer, ich habe herzlich gelacht.

Nov. 12

‚Gesundheit!‘

Nun ist es wieder soweit. Der Herbst ist da, das Wetter wird kühler, feuchter, nebeliger und damit steigt die Zahl der Schniefnasen. Leute erkälten sich oder noch schlimmer, sie bekommen Grippe (soll jedoch nicht das Thema heute sein).
Worauf ich hinaus will: Wenn jemand niesst, dann sagen die meisten ‚Gesundheit‘, fast reflexartig. Die Betroffenen waren sich damit wenigstens des Mitgefühls der anderen sicher und bedankten sich brav. Ich bin damit aufgewachsen; ich fand diese Interaktion weder als störend noch war ich ein Extremist in der Anwendung oder gar Bekehrung. Es war einfach so, basta. Jetzt habe ich jedoch schon des öfteren vernommen, dass Schlaukekse mit der Aussage „‚Gesundheit‘ sagt man -laut Knigge- nicht mehr“ in den Dialog grätschen. Was soll man davon halten? Ist das Klugscheißerei? Oder hält sich ernsthaft jemand an Knigge? Ich bin jedesmal aufs neue verblüfft. Ich hielt Knigge für noch bedeutungsloser als Anne Will. Und die Auffassung, ob man nun Gesundheit sagt oder nicht, ist so banal, dass es schon wieder witzig ist (und ich darüber schreibe). Irgendwann werden die Knigge-Ratgeber auf die Idee kommen und in ihre Statuten aufnehmen ‚Man lacht nicht mehr, wenn jemand etwas lustiges erzählt‘ Ob es auch so lemming-gleich aufgenommen wird? Vermutlich. Oder die Knigge-Leute wollten nur mal testen, wie weit sie gehen können mit ihrer Gängelei. Die Orientierungslosen wird es freuen, die anderen sagen und tun weiterhin, was sie für richtig halten – ‚Gesundheit‘ .

Okt. 08

Das Wasserhahn-Dilemma

Es ist ein Wahnsinn. Händewaschen ist ja eine Routinetätigkeit. Nach der Benutzung der Toilette oder überhaupt einfach mal so – Händewaschen kann man immer mal. Schadet nicht – im Gegenteil, jetzt zu Zeiten der Schweinegrippe soll es ja Wunder wirken.
Auffällig ist, dass in den letzten Jahren die Vielfalt bei den Wasserhähnen quasi explodiert ist. Was früher einfach war – Hahn aufdrehen, Hände einseifen, abspülen und Hahn zudrehen – kann heute schnell zur Tortur werden. Vereinzelt gibt es noch die traditionellen Wasserhähne zum drehen. Einhebelmischer sind inzwischen auch weit verbreitet. Hebel für kalt und warm getrennt gibt es zusätzlich noch. Der Vielfalt sind quasi keine Grenzen gesetzt. Ich stand schon an einem Waschbecken mit eingeseiften Händen und habe vergeblich versucht, den Wasserhahn zu öffnen. Besonders absurd sind die Wasserhähne mit Bewegungssensor. Ich erlebe es kaum auf öffentlichen Toiletten, dass diese auf Anhieb funktionieren. Häufig sieht man jedoch Anwender, die mit ihren Händen im Becken rumfuchteln und versuchen, irgendwie das Wasser zum laufen zu bringen. Ziemlich absurd wie ich finde. Mir ist bis jetzt noch kein vernünftiger Grund eingefallen, warum ein Wasserhahn bewegungslos funktionieren sollte. Möglich wäre, dass Betreiber verhindern wollen, dass vergessen wird den Wasserhahn vollständig – nach der Benutzung – zuzudrehen. Das ist in der Tat ärgerlich und falls das der Grund sein sollte, würde ich in jedem Fall die Version vorziehen, bei der mechanisch die Laufzeit zeitlich begrenzt ist. Ärgerlich ist es in jedem Fall. Ich mag ja prinzipiell den technischen Fortschritt. Furchtbar finde ich jedoch, wenn Neuerungen nicht zuverlässig funktionieren bzw. unzuverlässiger sind als zuvor. Innovationen sollten nie einfache Sachen verkomplizieren, was jedoch viel zu oft passiert. Der berührungslose Wasserhahn ist eine Pseudo-Innovation. Seitdem es sie gibt, lerne ich die normalen Wasserhähne zu lieben. Eine andere Geschichte ist es, die Hände wieder trocken zu bekommen. Man ahnt es, es ist nicht mehr so einfach wie früher. Das wäre aber schon fast die nächste Kolumne.

Juli 16

Es ist Sommer

Nun endlich ist Sommer. Jede Jahreszeit hat zwar ihre Reize, aber irgendwie ist der Sommer doch etwas Besonderes. Irritierend ist die Tatsache, dass es einen kalendarischen oder astronomischen und einen metereologischen Sommer gibt und beide nur ungefähr übereinstimmen. Der kalendarische Sommer beginnt am 21. Juni, der meteorologische Sommer hingegen am 01. Juni. Es gibt einen Kernsommer, also der Teil, bei dem alle Fakultäten zustimmen, dass nun Sommer ist. Irgendwie beruhigend eigentlich andererseits verwirrend, da es ja ca. 3 Wochen gibt, an denen nicht ganz klar ist, was nun eigentlich ist. Am 21.Juni ist jedenfalls der Tag, an dem es am längsten hell ist. Allgemein sagt man, dass die Tage danach ‚wieder kürzer werden’ (obwohl jeder weiß, dass ein Tag immer 24 Stunden hat). Früher war alles einfacher, da war einfach Sommer. Für viele ist ja der Sommer das Highlight des Jahren. Die Sonne scheint, es ist warm und die Leute sind gut gelaunt. Ich bin recht froh, wenn es nicht ganz so heiß ist und ich werde es nie verstehen können, was toll daran sein soll, wenn in der Sommerhitze klebrige Leiber vor sich hin transpirieren. Diesen Sommer 2009 finde ich ganz ok. Die Phasen zwischen sehr warm und nicht so sehr warm wechseln relativ rasch. Bevor man sich also an allzu extreme Wetterlagen gewöhnen muss, ändert sich das Wetter schon. Das ist auch gut für die ewigen Nörgler. Denn gerade in der höchsten Wahrscheinlichkeit des Sommerlochs haben die ewig Unzufriedenen Hochkonjunktur. Scheint die Sonne, ist es Ihnen zu warm. Regnet es, ist es ein scheiß Sommer. Ist das Wetter einfach mal grau, sind sie deprimiert. Dabei weiß doch jeder, dass es sich nicht lohnt, über das Wetter aufzuregen, da man bis auch die anthropologe Erwärmung kaum Einfluss auf das Wetter nehmen kann. Jedenfalls kommen die Wetternörgler dieses Jahr nicht richtig zum Zug. Hoffentlich entladen sie ihren Unmut nun nicht anderswo. Da ja jetzt auch noch ‚die Tage kürzer werden’ könnte da eine explosive Mischung entstehen und das auch noch so kurz vor der Wahl. Irgendjemand sollte hier mal eine Warnung aussprechen und die Bevölkerung auf dies virulente Gefahr hinweisen: ‚Warnung vor wetter-induziertem sozialen Sprengstoff!’ Was im Übrigen auch eine gute Sommerloch – Schlagzeile wäre.

Vergessen wir nicht, das Leben ist schön und bunt und eigentlich viel zu kurz um Dinge zu tun, die man nicht mag. Gerade im Sommer. Aber ehe man sich versieht, ist es schon wieder (gefühlter meteorologischer) Herbst und eigentlich wollte man doch in diesem Sommer so viele tolle, verrückte Sachen machen.

Apr. 23

Eyjafjallajökull

Ein Vulkan spukt Asche und in halb Europa legt ein Flugverbot den Luftverkehr lahm. Tausende Reisende sitzen fest, sogar die Produktion bei BMW muss gestoppt werden. Ein überraschendes Ereignis und nun, ein paar Tage später läuft der Flugverkehr schon fast wieder normal. Interessant an diesem Vorfall sind vor allem zwei Dinge. Zum einen wird den Menschen mal wieder bewusst, dass trotz aller verfügbarer Technik und entwickelter Technologie die Natur ein Eigenleben führt und zum Teil unkalkulierbar ist. Mehr Demut gegenüber unserer Umwelt scheint angebracht und die Erinnerung, dass wir Menschen Gast sind auf der Erde und die Erde ohne uns weiter existiert aber eben nicht umgekehrt.
Das andere wirklich erstaunliche an dieser Ereigniskette – Vulkanausbruch – Aschewolke – Flugverbot – dass niemand mit absoluter Sicherheit sagen konnte, was da eigentlich passiert war und welche Konsequenzen das haben wird. Die Datenlage war sehr dünn, Messergebnisse erst nach Tagen verfügbar. Da Sicherheit nun einmal vorgeht, hat die Flugsicherung den Luftraum gesperrt. Das ist nachvollziehbar und absolut verständlich. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn auf Grund der Aschewolke Menschenleben zu beklagen gewesen wären. Das wirklich erstaunliche an der Situation ist jedoch, dass viele der Beteiligten sich eine Meinung auf Grund des vorliegenden Halbwissens bildeten und darin stark beeinflusst durch die Auswirkungen waren. Die Airlines waren die ersten, die das Flugverbot in Frage stellten, viele Passagiere waren hin und her gerissen zwischen Sicherheitsbedenken und den Unannehmlichkeiten. Niemand wusste etwas Genaues aber viele der Beteiligten meinten mehr zu wissen und meldeten sich wortgewaltig. Alles war Spekulation! Eine besonders traurige Figur machte wieder einmal die Politik – allen voran Herr Ramsauer. Man kann sich nur immer wieder wundern, wie und vor allem warum solch Orientierungslose auf Ministerposten gehievt werden.
Bis heute ist nicht genau zu ermitteln, ab welcher Größe die Partikel der Asche den Triebwerken schaden. Wäre nicht genau das mal ein erster Schritt, damit im Wiederholungsfall (z.B. falls der Katla aktiv wird) nicht wieder alle nur spekulieren und im Geschrei von Halbwissen der Sicherheitsaspekt gerade noch so durchsetzen kann?

März 05

Kassenkampf

Wer steht schon gern in einer Warteschlange? Niemand. Endlos erscheinen die Sekunden und Minuten, bis man endlich an der Reihe ist. Es gibt Geschäfte, da sind immer Warteschlangen und andere haben das irgendwie im Griff. Das ‚Wartepotential‘ scheint für Kunden ein wichtiges Kriterium beim Vergleich der Einkaufsmöglichkeiten zu sein.
Nun wäre ja die einfachste Option um Warteschlangen möglichst kurz zu halten, mehr Kassen zu betreiben – quasi durch Parallelisierung den Durchsatz zu vergrößern. Das bedeutet jedoch höhere Kosten und welcher Händler will das schon. Das Ziel vieler Einzelhändler scheint vielmehr zu sein, die bestehende Kapazität – zu annähernd gleichen Kosten – zu erhöhen. Diese serielle Steigerung wiederum bedeutet für das Personal Höchstleistung. Aber nicht nur für das Kassenpersonal – auch für die Kunden. Diese werden regelrecht dressiert von den Einzelhändlern. Wer ab und zu bei Aldi oder Lidl o.ä. einkauft, weiss wovon ich spreche. Das kann richtig stressig werden, zumal der ganze Kassiervorgang ja quasi als Wettstreit zwischen Kassierer(in) und Kunde inszeniert wird. Wer zuerst fertig ist, hat gewonnen. Nun gut, als Kunde kann man eigentlich nie gewinnen: Irgendwann kommt man in die Nähe der Kassenzone und legt die ausgewählten Produkte auf das Warenband. Die Kassenkraft fetzt in Höchstgeschwindigkeit den Einkauf Stück für Stück über den Scanner, nur unterbrochen von evtl. Wiegevorgängen für Obst / Gemüse oder ähnliche Artikel ohne Code für den Scanner. Das ist der Frontalangriff im Kassenkampf. Die geschickte Verteidigung sieht so aus, dass man wieselflink alle Artikel am Ende des Bandes wegräumt – in den Einkaufswagen oder so – damit kein Stau entsteht. Die Situation spitzt sich noch zu, wenn der letzte Artikel eingescannt wurde und wie ein Torschuß der Preis in schrillem Quitschen das monotone Kassenzonengerassel zerreisst: „45,62 bitte“. Jetzt ist der Ball beim Kunden. Kann er parieren, wie sieht seine Verteidigung aus? In der Regel ist der Kunde noch mit dem Verstauen der Waren beschäftigt und wird eiskalt erwischt. Die Niederlage ist abzusehen – Geld wird rausgefummelt, bezahlt und dann zu Ende eingepackt. Nun kann es schon mal passieren, dass die Kassiererin ihren Sieg genüsslich auskostet und entweder mit den Augen rollt oder noch mit beim einpacken hilft. Einkaufsprofis rücken ja gleich zu zweit an. Da ist zwar feige, aber wenn einer einpackt und der andere zahlt hat man eine Chance, die Taktgeschwindigkeit der Kasse zu erreichen. Aber warum eigentlich? Warum muss man sich so hetzen lassen? Die meisten lassen sich nötigen, ohne es zu merken, bzw. empfinden es als normal. Ich habe mir angewöhnt, nur noch mit Karte zu bezahlen, selbst wenn ich meistens ausreichend Bargeld dabei habe. Das gleicht einer Vollbremsung in der Kassenzone. Während die Verbindung zu ihrer Bank hergestellt wird, kann man in Ruhe einpacken. Falls das zeitlich nicht reichen sollte, einfach mal die falsche Geheimzahl eingeben. Das bringt zusätzliche Zeit und vor allem die Genugtuung ein Unentschieden erkämpft zu haben.

Jan. 29

Montag morgen …

Montag morgen ist ja ein recht kritischer Zeitpunkt für uns Menschen die dem gnadenlosen Wochenzyklus unterliegen. Der Körper schaltet vorsichtig von Spaß auf Ernst. Betroffene gehen damit unterschiedlich souverän um. Die einen sind bis Mittwoch schlecht gelaunt, andere die ganze Woche. Wieder andere machen das Wochenende gleich durch, um die schwierige Anlaufphase Montag früh zu vermeiden. Und dann gibt es auch Menschen, die sind eigentlich immer gut drauf. Oder es liegt an der Süddeutschen Zeitung. Die gibt sich nämlich Montag besonders Mühe, den Lesern die kritische Montag-Morgen-Phase zu versüßen. So jedenfalls interpretiere ich die immer Montags erscheinende Rubrik ‚Führungsspitzen‘ im Wirtschaftsteil. Der Artikel ist meistens recht originell und witzig geschrieben und meistens geht es um Manager und deren Verhalten. Das ist zwar nicht immer lustig aber die unkonventionelle Redaktion finde charmant und erfrischend.
Diesen Montag – um endlich zum Thema zu kommen – ging es um die gestresste Manager-Spezi im Allgemeinen und die überlasteten Berater im Besonderen. Frau Deckstein lässt und wissen, dass die Aufmerksamkeitskapazität eines Meschen gegrenzt ist. Immer größere Anteile davon müssen für SMS, Telefon, e-mail und Twitter & co. geblockt werden. Die gute Nachricht: es bleibt eine Restaufmerksamkeit für die eigentliche Arbeit erhalten. Wer ahnte sowas nicht schon? Nun haben wir es schwarz auf weiß und es kommt noch besser. In einem Versuch wurde die Leistungsfähigkeit von zwei Gruppen verglichen. Eine Gruppe hatte zuvor heftig gekifft (Marihuana glaube ich wurde das Gerauchte genannt) und die andere wurde mit SMS, e-mail und Telefonanrufen bombardiert. Das überraschende Ergebnis: die Kiffer waren leistungsfähiger. Diese Erkenntnis ließ mich die ganze Woche schmunzeln, besonders als ich einen gestressten Manager traf. ‚Hoffentlich kifft der nicht noch‘, dachte ich.
Und so freue ich mich schon wieder auf Montag.

Dez. 10

Eine gute Zeitung

Zeitungen sind was Fantastisches! Sie erscheinen jeden Tag (zumindest kann jeden Tag eine Zeitung gelesen werden, berücksichtigt man die Sonntagszeitungen). Sie sind meistens aktuell, enthalten Neues, Informationen und teilweise auch Wissen. Klar, man kann nicht alle lesen aber wie wählt man aus?
Bei Büchern gibt es ja die Bestseller, die erleichtern die Entscheidung. Wenn man sich also für einen solchen entscheidet, hat man die Gewissheit, dass schon jede Menge Leute vorher das Buch gekauft und vielleicht auch gelesen haben. Dass das jedoch keine Garantie dafür ist, tatsächlich ein gutes Buch zu erwerben, wissen wir seit Babara und Allan Pease‘ „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“. Dennoch dient es vielen als Orientierungshilfe. Im Unterschied zu Zeitungen, die ja täglich mit neuem Inhalt erscheinen, werden Bücher unregelmäßig aufgelegt. Die Entscheidung für ein Buch ist insofern folgenreicher und nicht direkt vergleichbar mit einer täglich neu erscheinenden Zeitung, mit der Option, am nächsten Tag zu wechseln.
Dennoch hat der Vergleich Buch – Zeitung – einen gewissen Charme, da – übertragen auf die Ausgangsfrage – die Bild-Zeitung unsere erste Wahl sein müsste.
Aber ist es wirklich so einfach? Die Bild-Zeitung ist die auflagenstärkste Zeitung aber es gibt wohl kaum jemand, der richtig stolz darauf ist, Leser der Zeitung zu sein. Die Überschriften sind zu groß, die Bilder auch und der Inhalt ist zu flach. Eine gute Zeitung zeichnet sich zunächst einmal durch umfangreichen Inhalt aus – gut ausgewogen in Tiefe und Vielfalt. Gewöhnlich liest man nicht mehr als fünfzig Prozent einer Zeitung und das ist ein guter Wert. Gute Überschriften sind fesselnd und beim Überfliegen bleibt man als Leser an denen hängen, die den persönlichen Interessen entsprechen und die neugierig machen. Jeden Tag also ein neues Spiel.
Ich persönlich schätze an einer Zeitung, wenn sie mir persönlich Freiraum lässt, mir meine Meinung zu bilden, jedoch ausreichend Informationen zur Verfügung stellt – möglichst neutral. Das erfordert Nachdenken und aktiven Umgang mit der Materie und das ist der entscheidende Unterschied zur Bild-Zeitung, die einem das größtenteils abnimmt.
Diese Balance recht gut trifft die Süddeutsche Zeitung, aber auch die Financial Times Deutschland. Ergänzt man die Lektüre dann noch mit Die Zeit und der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und ab und zu auch mal die Bild-Zeitung, ist man gut informiert und hat ausreichend Stoff zum nachdenken. Einer Leserbefragung würde ich sowas dennoch niemals anvertrauen,

Nov. 13

Wenn Unternehmen sterben …

Quelle ist nun pleite. Wieder ist ein Traditionsunternehmen gescheitert. Die spannende Frage ist nun, woran hat es gelegen? Den Berichten in der Zeitung kann man entnehmen, dass sich bspw. die Mitarbeiter keiner Schuld bewusst sind „Wir haben doch nichts falsch gemacht.“ bemerkt einer der entlassenen Quelle-Mitarbeiter (SZ vom 31.10./01.11). Der ehemalige Chef ist sich auch keiner Schuld bewusst: Am 19. Dezember 2007 zeigt sich Middelhoff „sehr zufrieden“ mit der Entwicklung des Konzerns. Von anderen Mitarbeitern, vor allem dem mittleren Management weiss man wenig, aber es ist zu vermuten, dass auch alle alles richtig gemacht haben. Jeder Mitarbeiter hat die ihm übertragene Aufgabe ordentlich erfüllt. Genau das ist ein interessantes Phänomen. In einem System sind viele Funktionen sehr fein auf einander abgestimmt. Alles funktioniert, bis – ja solange sich nichts ändert, also Kunden, Einkaufsverhalten, Bestellpräferenzen gleich bleiben. Unternehmen sind oft Spezialfälle für genau eine Umweltsituation. Wenn sich das Umfeld sehr langsam ändert, wird das schnell gefährlich – wie bei Quelle. Alle machen ihre Arbeit ordentlich, aber sie müssten sie eigentlich anders machen. Das erfordert Weitsicht vom Management. Solange sich Top-Manager lieber mit ihren Zahlenwerken auseinander setzen und Strategie mit Kosteneinsparung verwechselt wird, wird es noch viele weitere Quelles geben. Darwin nannte das natürliche Auslese.