Okt 30

Das Gehalt meines Chefs

Der oberste Chef in meiner Firma – Hr.Löscher – verdient ungefähr das einhundertfache (also 100 mal mehr) von dem was mir die Firma so überweist. Es ist nicht einfach, diese Erkenntnis in mein Weltbild einzuordnen. Zum einen muss man wissen, dass ich mit meinem Gehalt keine Not leide. Zum anderen hilft vielleicht der Vergleich, dass mein CEO für ungefähr zwei Arbeitstagen einen finanziellen ‚Ausgleich‘ bekommt, den ich als Jahresgehalt bezeichne oder anders ausgedrückt: Ich müsste ca. 100 Jahre arbeiten, um das Jahresgehalt meines Ober-Ober-Chefs zu bekommen.
Nun ist es nicht so, dass ich neidisch bin. Ich finde, wenn jemand viel arbeitet und viel zum Erfolg der Firma beiträgt, dann soll er auch richtig viel verdienen. Aber sind diese Dimensionen noch menschlich? Kann man das noch rechtfertigen? Da der CEO erst seit etwas mehr als einem Jahr überhaupt in der Firma arbeitet, kann er also zum Erfolg (oder auch Mißerfolg) noch nicht so richtig viel beigetragen haben. Da können schon Zweifel an der Angemessenheit der Vergütung kommen. Nun muss man die Dimension des Gehalts und die Differenz zu den ’normalen‘ Gehältern schon als göttlich bezeichnen. Noch viel krasser hingegen ist die Entwicklung des Gehalts über die letzten Jahre. Während sich die Gehaltsstruktur im Konzern minimal entwickelt hat, haben sich die Vorstandsbezüge vervierfacht! Vervierfacht! Da kann man nur gratulieren! Mit Erfolg oder dem Beitrag für die Firma kann es wohl kaum zu begründen sein, denn da ist kein Zusammenhang erkennbar.
Kann man an der Differnz der Gehälter ablesen, inwieweit der Chef die Bodenhaftung verloren hat? Weiterhin würde mich interessieren, ob sich Loyalitäts- und Motivationsverluste in der Belegschaft ob solcher Exzesse beziffern lassen.
Ich mag meine Firma und arbeite gern dort. Aber ich schäme mich für einen Chef, der ohne weiteres in das Klischee des raffgierigen Managers passt.

Okt 22

Die Beschleunigungsillusion

Wir haben uns an die Krise gewöhnt. Was früher als Hiobsbotschaft galt, ist heute eine Randnotiz. Die Größenordnungen haben sich verschoben. Heute geht es um Milliarden, um Rettungsaktionen und um Schadensbegrenzung. Nach Jahren des ungebremsten Wachstums erleben wir nun eine Vollbremsung. Was sicher für viele Leute als sehr schmerzhaft empfunden wird, wird sich langfristig als gesunde Korrektur herausstellen.
Rückblickend stellt man fest, dass bestimmte Bereiche der Gesellschaft sich unterschiedlich schnell entwickeln– sowohl im Auf- als auch im Abschwung. Die Obergrenze für Beschleunigung ist durch die Geschwindigkeit des Transfers und der Verarbeitung von Waren, Geld und Informationen limitiert. Informationen können elektronisch übertragen werden – theoretisch mit Lichtgeschwindigkeit. Die Verarbeitung wird durch immer leistungsfähigere Prozessoren übernommen. Ähnlich schnell können monetäre Werte elektronisch verschoben und verarbeitet werden. Interessant ist nun, dass es in beiden Bereichen in jüngster Vergangenheit zu einer Krise kam. Im Jahre 2000 barst die Internetblase und 2008 wurde die Finanz- und Wirtschaftskrise durch den Bankrott von Lehman Brothers ausgelöst. Auffällig ist, dass in beiden Fällen die ‚abgekoppelten‘ Anwender die Krise auslösten. Es wird klar, dass die Aufnahme- und Verarbeitungskapazität des Menschen auch ein nicht zu unterschätzender Begrenzungsfaktor ist. Der Mensch kann nun einmal nur eine begrenzte Menge von Informationen und Fakten verarbeiten, insofern kann man von einer Beschleunigungsillusion sprechen. Ebenso ist die Menge an zu erwirtschaftenden Finanzmitteln limitiert und der Konsum von Produkten hat irgendwo auch eine Grenze. Letztlich ist die reale Welt der wichtigste Indikator und trotz virtueller Beschleunigung der Finanz- und Informationsmärkte kann ein Mensch jeweils immer nur ein Auto fahren, ein Buch lesen und in einen Fernseher schauen. Um mithalten zu können, müsste der beschleunigte Konsument vielmehr einkaufen und vielmehr und viel öfter die Produkte umschlagen, also viel kaufen und viel wegwerfen. Die Abwrackprämie beweist doch, dass photo posted on post-gazette.comdie Wirtschaft zu hoch getaktet ist und nur mit Staatshilfe aufrecht gehalten werden kann. Mehr Gelassenheit würde allen gut tun und obwohl ich mein iPhone inzwischen ganz gerne mag, bewundere ich die Amish in ihrer Lebensweise. Wie man hört, spüren die Angehörigen dieser Glaubensgemeinschaft nichts von der aktuellen Krise.

Aug 15

Fortschritt im Büro

Durch Neuerungen im Bereich des Internet und der Kommunikationstechnik spüren wir den technischen Fortschritt besonders intensiv. Es vergeht kaum eine Woche, da nicht neue Möglichkeiten und Anwendungen bekannt werden. Die Zeit, in der man ständig online sein kann – falls man will – , hat mit Apples iPhone und Flatrate-Tarifen begonnen. Heute bekommt man schon relativ günstig einen UMTS Anschluß mit Flatrate. Damit kann man mit einem Laptop oder Netbook nicht nur ständig online sein sondern quasi auch überall (zumindest in Deutschland).  Das ist die logische Erweiterung von der Kabelverbindung über die WLAN-Verbindung hin zur drahtlosen Überall-Verbindung.

Was an der neuen Dynamik auffällt ist, dass es nicht wie in früheren Jahren vom Bereich der Unternehmenskommunikation – also lapidar gesprochen ‚im Büro‘ – voran getrieben wird. Im Gegenteil, Unternehmen werden gerade überrannt von den neuen Möglichkeiten und wissen teilweise nicht, wie sie damit umgehen sollen.

Ich kann mich an Zeiten erinnern, da war das technische Niveau in Unternehmen in der Regel höher als im Privatbereich. Schnellere Rechner, mehr Speicher, bessere Drucker, Internet und gute Software und dann ein Handy. Irgendwann in den letzten Jahren hat sich  das jedoch komplett gewandelt. Aus dem Privatbereich kommen die Neuerungen und erschwingliche Hardware und Software beschleunigen diesen Trend sogar noch. Die Frage, ob man privat in der Firma surfen darf, wird sich bald erübrigt haben, da das surfen über ein persönliches Gerät nicht überwacht werden kann.  Firmen überlegen noch, wie sie mit Wikipedia, Youtube und den vielen sozialen Netzwerken umgehen sollen und wie man sowas in bestehende Infrastrukturen integrieren kann. Unterdessen geht die Entwicklung rasant weiter. Es wird die Zeit kommen, da man mitleidig über die veraltete Technik der Firma lächelt. Man wird als Anwender irgendwann mal vor der Entscheidung stehen, ob man für eindeutig betriebliche Aufgaben besser das private Equipment nutzen sollte – entweder weil es wesentlich einfacher damit geht oder damit es überhaupt geht. Ich gehe davon aus, den meisten Firmen ist dieses Dilemma im Moment noch nicht bewußt. Aber wenn plötzlich Diensthandys nicht mehr privat genutzt werden, sollte man sich schon mal fragen: Warum?

Jun 19

Alles Bio?

Vor langer Zeit war ja alles einmal irgendwie Bio. Es gab zu Zeiten von Goethe und Schiller keine Geschmacksverstärker und keine Tiefkühlpizza mit Käseersatz. Die Industrialisierung brachte viele Vorteile für Kunden (längere Haltbarkeit durch Konserven) aber vor allem für die Hersteller in Form von Automatisierung und Skaleneffekten. Seit Jahren gibt es nun unter dem Namen Bio viele Lebensmittel wieder in möglichst natürlicher Form und ohne die durch die Industrialisierung bedingten Nebeneffekte. Klar ist Bio teurer, ja es muss in der Herstellung teurer sein wenn das Lebensmittel im Mittelpunkt steht und nicht der Herstellungsprozess. Jeder muss für sich entscheiden, ob ihm das der höhere Preis wert ist. Für mich ist der wichtigste Grund für Bio das Vertrauen. Nun bin ich kein leichtgläubiger Mensch, aber irgendwie kann ich es glauben, dass auf einem Bauernhof, den ich mir sogar anschauen kann, die Produkte möglichst natürlich sind und die Erzeugung mit einer ökologischen Überzeugung erfolgt. Großkonzerne unterliegen anderen Motivationen und dem Ziel ist Gewinnmaximierung. Prinzipiell ist das nichts Schlechtes – es ist das Grundprinzip der Marktwirtschaft – aber wie viele erschreckende Beispiele anschaulich zeigen, leiden die Produkte darunter. Lukrativ ist nur, was sich einfach herstellen aber teuer verkaufen lässt.

Nehmen wir als Beispiel den Nescafé Xpress:

Der besteht aus 75% fettarmer Milch, 19,4% Kaffee (aus löslichem Bohnenkaffee), Zucker, Stabilisatoren (E460, E466), Säureregulator (E500, E332) und Aroma. Auf einen Liter umgerechnet würde das Milchgetränk ca. 8,00 Euro kosten – zum Vergleich: ein Liter fettarme (Bio)Milch kostet ca. 1,00 Euro. Für den Hersteller ist es ein ideales Geschäft – extrem einfach herzustellen und mit einer riesigen Marge. Leider schmeckt es wohl noch nicht mal. Laut der Tester des WDR-Fernsehens ist der Geschmack „Nur süß, holzige bis muffige Note, nur ein Hauch von Kaffeearoma, komischer Nachgeschmack.“ (WDR: http://www.wdr.de/tv/servicezeit/essen_trinken/sendungsbeitraege/2009/0515/01_kaffeedrinks_im_test.jsp)  Für richtige Bio-Fans ist so was ein Alptraum – fast nur künstliche Zutaten, extrem teuer und nicht schmeckend! Die preisliche Nähe zu Bioprodukten geht direkt als Gewinn an den Hersteller. Im Gegensatz dazu rechtfertigt sich der Preis bei Bioprodukten in der Regel durch den höheren Aufwand in der Herstellung und der Vermeidung industrieller Methoden. Und genau das ist der Grund, warum ich gerne und oft (aber nicht ausschließlich!) Bio-Produkte kaufe. Ich fühle mich einfach gut damit.

In der Financial Times Deutschland vom 22.05.2009 steht ein Kommentar von Michael Skapinker („Warum ich kein Bio kaufe“). Er argumentiert, dass der Beweis nicht erbracht ist, dass Bio-Lebensmittel nahrhafter seien als konventionelle Lebensmittel. Fairtrade sei besser als Bio und das Bio auch nicht besser für das Klima sei. Den wahren Grund, warum Leute Bio kaufen, hat er wohl nicht begriffen, der Herr Skapinker. Vielleicht hilft der neue Film Food.Inc beim Verständnis, jedenfalls trauen die meisten Bio-Konsumenten den Bio-Bauern und Bio-Produzenten wohl eher zu, die besseren Lebensmittel herzustellen.

Mai 29

Kinder an die Macht

Im Moment werden ja viele Kindertagesstätten und Kindergärten bestreikt. Dass in Deutschland gestreikt wird, ist zwar nichts Ungewöhnliches aber gewiss auch nicht alltäglich. Milchbauern streiken für höhere Milchpreise, vergessen dabei aber, dass sie selber mit verantwortlich sind, dass es bei sinkender Nachfrage immer mehr Milch gibt und diese immer abenteuerlicher hergestellt wird. Heutige Milch aus dem Supermarkt wird in der Herstellung derart behandelt, dass sie kaum noch als Milch zu bezeichnen ist. Früher konnte man Milch, falls sie schon sauer war in Schälchen füllen und dann einige Zeit später als Dickmilch genießen. Probiert man das heute, bekommt man eine ungenießbare Suppe und man wundert sich, ob das wohl ursprünglich wirklich mal Milch war. Mit den Bauern muss man also kein Mitleid haben. Sie haben die Herstellung immer weiter optimiert und effizienter gestaltet mit dem Ergebnis, dass sie heute billiger und mehr herstellen, aber das gesunde Image der Milch leidet und die Leute lieber was anderes trinken.
Dass Erzieherinnen streiken indes ist neu und irgendwie für viele auch überraschend. Kinder zählen in Deutschland nicht als systemrelevant – sind quasi unbedeutend.
In einer Krise wird deutlich, was einer Gesellschaft wichtig ist. Da die Regierung für die Rettung von Banken mehrere Milliarden spendiert, für die Erziehung unserer Kinder jedoch kaum bereit ist, mehr Geld in die Hand zu nehmen, kann man konstatieren, Banken sind wichtiger als der Nachwuchs. Oder anders ausgedrückt, die Zukunft Deutschland wird gerade verzockt. Der Nachwuchs jedoch bedeutet unsere Zukunft!
Warum gibt es keine Millionen-Boni für Kindergärtner und Kindergärtnerinnen und welchen Beitrag leistet ein Banker für die Zukunft von Deutschland? Ich glaube, es braucht sich niemand wundern, wenn Deutschland altert. Wir tuen alles für den Wohlstand und vergessen dabei die Zukunft. Solange die Renten in Deutschland staatlich gesicher sind, Kinder aber privates Risiko bedeuten, sollte sich niemand wundern, dass wir langsam aussterben. Statistiker gehen davon aus, dass in ein paar Jahren die Anzahl der Neueinschulungen um bis zu 25% zurück geht. 25% weniger Kinder in der Schule bedeuten mindestens 25% weniger Studenten und Fachkräfte und hoffentlich dann auch irgendwann 25% weniger Bankkunden. Ironie des Schicksals wäre es, wenn die Rendite der Deutschen Bank dann auch um 25% zurückgeht.

Mai 08

iPhone-MyPhone

Nun habe ich auch ein iPhone! Seit nun schon über einem Monat. Es wird Zeit, mal etwas darüber zu reflektieren. Eigentlich bin ich ja mehr der Anti-Phone-Typ. Ich rufe quasi nie jemand an, nur im äußersten Notfall greife ich zum Hörer. Wenn das Telefon klingelt, ignoriere ich das auch meistens. Klingt jetzt paradox, aber in einem schwachen Moment sollte es das iPhone sein. Ausgerechnet das iPhone, wo ich mir bis dahin immer sagte ‚Wozu braucht man den ganzen Schnick-Schnack?’.
Einen Monat später nun muss ich sagen, der Schnick-Schnack ist eigentlich ziemlich prima. Ich mag den Musik-Player, habe nun auch schon hunderte Lieder drauf. Alles quer Beet und ich mag die Zufallsfunktion zum abspielen (ich mag überhaupt den Zufall!). Zur Orientierung gibt es das GPS mit Google-Maps und es war schon ab und zu recht hilfreich. Dann ist noch eine Internet-Funktion enthalten – Zugang per Safari-Explorer. Etwas fummelig aber zur Not und vor allem unterwegs ist es OK.
Was an der Sache jedoch stört, ist die Telekom. Gut lief noch die Anmeldung. Was aber weniger optimal ist, ist die Verbindung ins Netz. Das schnelle Internet ist relativ oft eher langsam. Acht Jahre nach der Versteigerung der UMTS-Lizenzen ist das Netz noch relativ rudimentär. Auf einer vier-stündigen Fahrt von Zürich nach München ist es nicht mal auf auf der Hälfte der Strecke möglich online zu gehen. Kommen wir zum Preis. Der Spass kostet 45 Euro pro Monat – Grundpreis versteht sich. Die Kosten für SMS kommen additiv dazu. Das die Telekom dann 32 Euro vom Konto abbucht statt 7 Euro wie es die online Kostenaufstellung ausweist sei nur eine Randnotiz. In jedem Fall zu teuer für den dünnen Service.
Alles in allem kann ich jedoch sagen, mit dem Gerät bin ich zufrieden und fühle mich auch irgendwie inspiriert von der Apple-Innovation. Ein netter Nebeneffekt ist, dass mein Diensthandy nun noch öfter stumm bleibt – zwei Geräte schleppe ich nun nicht mit mir rum. Leider passt die tolle Hardware des iPhone nicht zum miesen Service der Telekom. Nur zur Erinnerung: Waren es nicht die IT Firmen, die seit Jahren verstärkt auf Service setzen wollen? Merkwürdig, die Telekom hat da wohl was missverstanden – wieder einmal!

Apr 10

Fußball als Management-Theorie

Der FC Bayern hat diese Woche 0:4 gegen den FC Barcelona verloren, wobei das Ergebnis nur annähernd das ungleiche Spiel von ungleichen Gegnern ausdrückt. Große Betretenheit in München und die Erkenntnis, dass das System Klinsmann wohl gescheitert ist.
Viel spannender als die Tatsache des Versagens finde ich den Vergleich zwischen Klinsmann als Trainer der DFB-Auswahl (WM Dritter 2006) und Klinsmann als Chefcoach von Bayern München (in den letzten beiden Spielen 9 Gegentore!). Was ist passiert? Auf der einen Seite so erfolgreich und nun das personifizierte Verlierer-Gen?
Ich denke zunächst ist das eine verzerrte Wahrnehmung. Wenn man sich die jeweilige Vorgeschichte anschaut, wird klar was ich meine.
Da ist zum einen die desaströse Leistung des DFB-Teams bei der EM 2004 und Klinsmann übernimmt als Retter ein Team am Tiefpunkt mit viel Potential nach oben. Jede noch so kleine Verbesserung ist ein Erfolg und Dritter der WM zu werden zählt da als Riesenerfolg.

Für den erfolgsverwöhnten FC Bayern ist ein dritter Platz – egal in welchem Wettbewerb –  mit einer Niederlage gleichzusetzen. Hier träumt man vom Tripple (Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League). Felix Magath wurden entlassen, da er ‚nur’ das Double schaffte! Mit dieser Vorgeschichte konnte Klinsmann eigentlich nur verlieren – außer er ist tatsächlich ein Genie. Die Frage Wie gut ist Klinsmann als Trainer tatsächlich? bleibt unbeantwortet. Und genau das ist aber das Problem! Auch in Unternehmen werden Positionen so besetzt. Es ist menschlich, nach dem Erfolg auszuwählen und Kompetenz implizit anzunehmen und weiterhin anzunehmen, dass der Erfolg der Vergangenheit kopierbar ist.
Könnte es nicht so gewesen sein, dass Klinsmann bei der WM einfach Glück gehabt hat? Eine gute Mannschaft ist ein Selbstläufer. Als Trainer kann man da eigentlich nicht viel falsch machen. Wenn der Erfolg jedoch auf Glück und nicht auf Kompetenz beruht, ist er nicht reproduzierbar – was der FC Bayern nun gerade schmerzlich erfahren muss.

Dieser Fall tritt tausendfach so oder in ähnlicher Form in Organisationen und Unternehmen auf. Bei der Neubesetzung von Positionen werden die Erfolge der Bewerber mit dem Wunsch der Wiederholung verknüpft. Als Ursachen der Erfolge werden Kompetenz vorgegeben und auch angenommen. Inkompetenz im Management – vor allem im mittleren Management – ist jedoch ein weit verbreitetes Phänomen. Systemkonformismus ist den meisten viel wichtiger als tatsächlicher Mehrwert für das Unternehmen oder die Organisation. Exzellenz wird zwar gefordert, aber Durchschnitt gefördert. Die Fehlbesetzung einer Managementposition fällt jedoch selten sofort auf. Ein stabiles Umfeld und gute Mitarbeiter schützen schlechte Chefs – ein Paradox. Um diese gefährliche Mittelmäßigkeit zu beenden sollten in Organisationen – ähnlich wie beim Fußball –  Herausforderungen vergleichbar der Champions League eingeführt werden. Die Idee mag noch nicht ganz ausgereift sein, der Charme besteht jedoch in der Konsequenz für das Management. Es würde Erneuerung statt Stillstand bedeuten.

Aber wer will schon aus seiner Kuschelecke raus?

Mrz 04

Bundelsliga für Lehrer

Einige Bundesländer verleihen ihre Lehrer an andere um den Lehrermangel dort zu lindern, so jedenfalls eine Schlagzeile diese Woche. Der Lehrermangel hat nun schon dramatische Dimensionen angenommen, mag man meinen. Aber es kommt noch schlimmer, vor allem da – wieder einmal – nur an den Symptomen gewerkelt wird, statt an den Ursachen zu operieren.
Eine Parallele drängt sich geradezu auf: die Bundesliga. Auch hier wird das Personal fleißig verliehen. Nicht jedoch um den Mangel an Spielern anderswo zu lindern, sondern schlicht aus betriebswirtschaftlichen Gründen. Der Spielermarkt wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt – im Unterschied zu den Lehrern in Deutschland. Damit sind wir mitten im Vergleich zwischen Spieler-Verleih und Lehrer-Verleih. Frappant ist zunächst der riesige Unterschied im Gehalt. Das Monatsgehalt eines (älteren) Lehrers entspricht schätzungsweise dem Tagessalär eines Spielers – eines schlechten Spielers wohlgemerkt. Bei jüngeren Lehrern ist die Dimension wohl noch erschreckender. Was mag die Ursache für solche Verzerrungen sein? Und die Frage ist nicht, warum die Spieler soviel verdienen, sondern warum die Lehrer so wenig verdienen. Unbestritten ist doch, dass Lehrer wesentlich mehr für die Zukunft des Landes tun, als schlechte Fußballspieler.
Die Bundesliga ist die höchste Spielklasse in Deutschland und wird dementsprechend auch professionell vermarktet. Gelder kommen hauptsächlich durch Fernsehrechte, Übertragungsrechte und Werbeeinnahmen in die Kassen der Clubs. Es ist ein Milliardenmarkt und das Interesse erwächst aus der emotionalen Bindung der Fans zu ihrem Verein und der vielen Fußballbegeisterten. Anders die Schule, sie ist eine Pflichtveranstaltung, gefangen im grauen Wirrwarr der Zuständigkeitsbereiche zwischen Gemeinden, Ländern und Bildungsministerkonferenzen. Anders als beim Fußball versucht man hier, möglichst viel Bildung durch möglichst billige Lehrer zu vermitteln. Fußballclubs haben verstanden, dass gute Spieler teurer sind. Deshalb verwundert es auch nicht, wenn das Ansehen der Lehrer und damit auch die Attraktivität des Lehrerberufes stetig fällt. Studienanfänger wählen Lehramt lediglich als Alternative, wenn andere Fächer zu anspruchsvoll sind. Eine Spirale nach unten, die die Verschärfung des Lehrermangels erwarten lässt. Das Verleihen ist da nur eine Kosmetikmaßnahme. Besser wäre, statt die Abwrackprämie für Altautos zu verlängern und so den Markt für Autos auf Jahre kaputt zu machen, das Geld in die vielbeschworene Bildung zu investieren. Das Gehalt der Lehrer zu verdoppeln klingt auf den ersten Blick wie eine unüberlegte Maßnahme. Aber es ist wohl der einzige Weg, um die gesellschaftliche Rolle des Lehrers entsprechend anzuerkennen und das Ansehen wieder zu verbessern. Der Vergleich mit der Bundesliga ist sicher extrem, aber einige nützliche Elemente sollten ruhig übernommen werden, um auch den Wettbewerb um die besten Lehrer anzukurbeln, bzw. erst einmal einen Lehrermarkt entstehen zu lassen. Vielleicht haben ja heute vereinzelt Lehrer schon Fans oder gar Fanclubs?
In Thailand können übrigens nur die Besten des Jahrganges Lehrer werden, von einem Mangel an Pädagogen ist nichts bekannt.

Mrz 04

Planwirtschaft

Die ganze Woche verfolgt mich schon ein Gedanke, ohne dass ich jedoch schon fertig wäre mit durchdenken. Es geht um ein Paradox. Ein Paradox ist durch einen Widerspruch gekennzeichnet, der zwei gegenläufige Argumente als plausibel darstellt. Es gibt beispielsweise Menschen, die Lotto spielen und um die geringe Gewinnwahrscheinlichkeit wissen (1: 140 Millionen), andererseits aber bei der Wahl der Fluggesellschaft sehr genau die Absturzstatistik studieren und bei ungünstigen Werten nicht in den Flieger steigen. Oder, um beim Tanken 5 Euro zu sparen, geben Menschen an, bis zu 10 km weit zu fahren. Dieselben Menschen würden jedoch bei einem Anzug (ca. 500 Euro) nicht 10 km weiter fahren, um den Anzug 5 Euro billiger zu bekommen. Merkwürdig, es gibt menschliche Reaktionen, die rational und logisch nicht erklärbar sind.
Und so ist auch die Planwirtschaft ein interessantes Phänomen. Mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten hat auch die Planwirtschaft massiv an Popularität eingebüßt. Es ist akzeptiert, dass es durch eine zentrale Planung früher oder später zu Anpassungsproblemen kommt. Mit der Zeit entfernen sich die Planer mehr und mehr von den Ausführenden und Betroffenen. Aufgrund der Entfernung vom Geschehen kommt es zu Informationsverlusten, Falscheinschätzungen und somit zu Fehlplanungen.
Das Paradoxe ist nun, dass das im Großen – also auf nationaler Ebene – von den Meisten anerkannt wird. Jedoch, Unternehmen und Unternehmensorganisationen funktionieren genau so, nämlich planwirtschaftlich organisiert. Die zentrale Unternehmensführung ist in den meisten Unternehmen gewillt, mit einer größtmöglichen Kontrolle das Unternehmen zu leiten und zu steuern. Fehlende Kontrolle wird mit Unsicherheit und Führungsschwäche verbunden. Dieses Phänomen ist sehr gut beobachtbar und wird beispielsweise durch die Bespitzelung bei der Bahn oder ausufernde Reportingsysteme deutlich. Die Erfahrungen aus dem Scheitern der Planwirtschaft scheinen in Unternehmensführungen kein Gehör zu finden. Im Gegenteil, und das ist eben extrem paradox. Die interne (betriebswirtschaftliche) Verherrlichung der Planwirtschaft widerspricht der externen Verdammung (Volkswirtschaft).

Das Entscheidende ist die Fähigkeit zur Erneuerung und zur Anpassung. Bei zentral regierten und geplanten Unternehmensorganisation ist die Fähigkeit unterentwickelt. Entscheidungen werden nicht im Sinne der Anpassung an neue Umweltbedingungen getroffen sondern im Sinne der (zentralen) Unternehmensführung u.a. um die Position zu festigen, Macht auszubauen und bestehende Strukturen zu zementieren. Erneuerung ist riskant und damit nicht gewollt.

Früher oder später wird Organisationen, die in der weiteren Entwicklung keine Möglichkeiten zur Erneuerung verfolgen, das gleiche Schicksal ereilen wie die zentral geplanten Volkswirtschaften. Die Pleite ist vorprogrammiert und Beispiele dafür gibt es auch reichlich. Viele Manager wurden von der Finanzkrise überrascht und wissen nun nicht, was zu tun ist. Die Krise war schlicht nicht eingeplant – schon gar nicht in den Planungsbänden der Unternehmen. Über die These, dass zentral geplante und gesteuerte Unternehmen früher oder später vom Markt verschwinden, werde ich weiter recherchieren und nachdenken.

Feb 27

High hanging fruits

Im Gegensatz zu den ‚Low Hanging Fruits’ befinden sich die ‚High Hanging Fruits’ deutlich höher. Die Bezeichnung hat ihren Ursprung in der Unternehmenslehre und die Höhe der Früchte signalisiert den zu leistenden Aufwand bei der Ernte. Unten hängen die leicht zu erntenten, eventuell nicht ganz so süßen und saftigen Früchte, wie sie weiter oben zu finden sind. In den letzten Jahren ist nun eine klare Tendenz in Richtung zu den ‚Low Hanging Fruits’ zu erkennen. Und zwar in allen Bereichen der Gesellschaft, nicht nur in der Wirtschaft.

Es geht darum, möglichst schnell – ohne großen Aufwand – zu Ergebnissen zu kommen. Nicht umsonst gibt es in der Industrie die Bezeichnung Ergebnisorientierung. Beim Outsourcing stellen die billigeren Arbeitskräfte die verlockenden, vermeintlich tief hängenden Früchte dar. Viele Unternehmen stellten die Grundlagenforschung ganz ein – viel zu anstrengend, viel zu weit oben im Baum.

Eine andere überreife Frucht ergibt sich aus dem Portfoliomanagement. Unternehmen konzentrieren sich mit ihren Aktionen auf die Bereiche, die die höchsten Margen erzielen und stoßen die weniger lukrativen ab. Stellt ein Friseur beispielsweise fest, dass Damen sowohl öfter kommen als auch das üppigere Programm ordern und demzufolge wesentlich mehr Geld im Geschäft lassen, könnte er auf die Idee kommen, den Bereich Herren zu schließen. Wenn mehr auf die Idee kommen, werden Herrenfriseure zum Nichensegment. Was bei den Friseuren mit Marktgesetzen erklärt werden kann, ist in anderen Bereichen nicht so einfach zu erklären und das band zur Illegalität ist auch recht schmal, privat drängelt man sich mal in einer Warteschlange vor, im Sport wird gedopt, Lebensmittelproduzenten kommen öfter mal ins Gerede. Immer mit dem Ziel, schnelle Ergebnisse bei geringem Aufwand. Das schlimme ist, dass man das hat Gefühl, dieses Cherry-Picking wird von der Ausnahme zur Normalität.

Albert Einstein soll einmal gesagt haben, Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil die Ergebnisse sofort sichtbar sind. Gemeint hat er wohl, dass die Entwicklung der Relativitätstheorie wesentlich mehr Aufwand bedeutet und undankbarer ist.

Muss man sich nicht fragen, ob der Sinn des Lebens dieser Jagd nach den reifen Früchten geopfert wird? Aus überlegter, langfristiger und sinnstiftender Planung und Handlung wird hektisches Reagieren, Flickschusterei und Krisenmanagement. Nach Beispielen aus Wirtschaft und Politik muss man heute nicht lange suchen.

Das nächste Mal werde ich wohl etwas nachdenklicher als sonst zum Friseur gehen, so ich noch einen finde kann