Sep 08

Von Längs- und Querdenkern

Ein Artikel im Handelsblatt hat mich diese Woche erst zum nachdenken und dann zum Kopfschütteln gebracht. Titel: „Mehr Platz für Querdenker“ (in der Wochenendausgabe 1./2./3. August S.52/ S.53 oder als Bezahlinhalt online). Ein Lehrer würde sicher der Autorin – Stefani Hergert – attestieren ‚Sie hat sich bemüht!‘. Und tatsächlich ist der Artikel recht nett zu lesen, vorausgesetzt man versteht nichts von Innovationen. Es lässt sich etwa so zusammenfassen: ‚Früher war alles schwierig, heute haben jedoch viele Unternehmen Innovationsmanager und Zentraleinheiten, die kümmern sich um Ideen, Kultur und das ganze drumrum.‘ Natürlich kommen reichlich ‚Experten‘ zu Wort: ‚Heute haben viel mehr Unternehmen als noch vor zehn Jahren spezielle Teams, die sich um Innovationen kümmern.‘ lässt uns Linus Dahlander wissen. Accenture (die Berater, die Innovationen sonst meiden wie der Teufel das Weihwasser) kommt auch zu Wort: „Ein Mangel an Innovationskraft trägt dazu bei, dass Unternehmen gewisse Trends verschlafen.“ Nach dem Lesen der ersten Spalte habe ich schon Ohrensausen. Wie hängen noch mal Innovationskraft und Trends zusammen? Soso, die Fähigkeit, Neues zu erschaffen bzw. der Mangel daran sorgt dafür, dass man externe Entwicklungen (Trends) verschläft. Der Begriff Querdenker kommt außer in der Überschrift sonst im Text nicht mehr vor, statt dessen werden wohl die Innovationsmanager als die Querdenker angesehen. Steile These! Ich kenne einige wenige Querdenker und einige Innovationsmanager, die Schnittmenge ist jedoch NULL. Aber das geht im romantischen Innovations- und Querdenkerbestreben direkt unter.

Ablehnung von Idee_klein„Die eigenen Leute einzubringen, sei wichtiger geworden.“ weiß die Deutsche Bank zu berichten. „In einer Datenbank können Mitarbeiter Vorschläge eingeben, wird eine für gut befunden, gibt es eine Prämie.“ Das klingt zwar wahnsinnig ausgebufft, ist jedoch der Stand der frühen 80er Jahre und seit dem wenig erfolgreich. Den Vogel schießt jedoch die Telekom ab, die mit sogenannten MOOC (sonst aus der universitären Lehre bekannt) die „Megatrends der Zukunft erforschen“ wollen. Wenn es nur so einfach wäre, Technik und Prozesse können in der Regel kaum die Blutleere in den Chefetagen ausgleichen. Bei der Hypo-Vereinsbank hat wohl ein Mitarbeiter mal einen Vorschlag in der Art ‚mehr Englisch im Service‘ eingebracht. Jedenfalls gibt es jetzt ein Innovationsprojekt dazu. Was heutzutage schon als Innovation zählt, war vor 10 Jahren noch Eigeninitiative.
Das Feuerwerk an Innovationen, dass da gerade gezündet wird, ist beeindruckend. Zu den eigentlichen Problemen dringt der Artikel nicht vor. Die Verhinderung von Neuem, Innovativen und Kreativen ist oft reine Machtdemonstration. Das eigentliche Problem ist also nicht, dass Querdenker mehr Platz brauchen sondern mehr Macht!

 

Sep 06

Tag des Kaffees

Heute ist der (internationale?) Tag des Kaffees, Grund genug also, sich dem – wie es immer so schön heisst – ‚liebsten Getränk‘ der Deutschen etwas intensiver zu widmen:
Eine kurze Recherche ergibt, dass der Verband ‚Deutscher Kaffeeverband e.V.‘ die Homepage http://www.tag-des-kaffees.de betreibt (siehe Impressum). Die vielen beworbenen Aktionen lassen tatsächlich Großes vermuten, sogar ein Quiz gibt es hier. Die Bildzeitung ist auch dabei (na klar!), hier werden Cafés (also nicht das Getränk, sondern Lokale) vorgestellt, in denen man wohl besonders angenehm genießen kann.
Ich schlürfe derweil an meiner Lieblingstasse an dem leckeren Trunk und schaue mir das folgende Video an: [mediathek url=“http://www.ardmediathek.de/tv/Quarks-Co/Quarks-und-Co-Deutschland-im-Kaffeerau/WDR-Fernsehen/Video?documentId=16472698″]

Noch mehr als die Tatsache schlechthin, dass Kaffee an sich kein gesundheitliches Risiko darstellt, freut mich, dass es der WDR ist, der mit den Mythen über Kaffee aufräumt (und nicht der Kaffeerösterverband):

Hier noch einmal zusammengefasst:
1. Kaffee entzieht dem Körper Wasser. Stimmt nicht (bei den Wenigtrinkern eine stärkere Reaktion als bei Vieltrinkern)
2. Kaffee macht süchtig. Nicht wirklich (kein Suchtmittel, Kopfschmerzen nach einer Woche weg)
3. Kaffee macht alle Menschen wach. Nicht alle.
4. Kaffee enthält Koffein, Tee enthält Thein. Ein Mythos. Es ist beides identisch.
5. Entkoffeinierter Kaffee schont den Magen. Stimmt nicht, Säuren reizen den Magen, nicht das Koffein.

So, dann schmeckt der Kaffee doch gleich viel besser. Eine tolle Reportage!

Jul 26

Der Zug des Lebens

Die Vorstellung des Lebens als Zugfahrt hat etwas Faszinierendes. Zugegeben, das Leben verläuft nicht immer wie auf Schienen aber dieses Gefühl des ‚in Bewegung seins‘ – das ist es. Und die Mitreisenden im Abteil, dass sind die Leute, die man im Leben trifft. Mit einigen fährt man eine lange Strecke gemeinsam andere steigen schon an der nächsten Haltestelle wieder aus. Im Zug des Lebens sollte man immer darauf achten, dass man sich im richtigen Waggon befindet mit den richtigen Leuten. Ich persönlich unterteile meine Mitreisenden in ‚Sunriser‘ und ‚Sunsetter‘ wobei Letztere dafür stehen, Kraft zu saugen und Erstere dagegen tun gut und geben Kraft. Eigentlich ist es ganz einfach, die Anzahl der mitreisenden, anstrengenden ‚Sunsetter‘ sollte man minimieren und die inspirierenden ‚Sunriser‘ sollte man suchen, und das konsequent. So flirrt das Leben!
Ein sehr eindrucksvoller Film über den ‚Zug des Lebens‘:

Jul 06

Wo kommen die Ideen her?

Ideen sind was tolles, vor allem wenn man welche hat und wenn diese dann auch noch vielversprechend sind. Organisationen haben ja eher ein ambivalentes Verhältnis zu Ideen. In der Regel stören Ideen beim gewohnten Tagesablauf. Der ganze Management-Eifer ist darauf fokussiert, ‚den Laden am laufen zu halten‘. Und das ist schon schwer genug, am ‚Ende vom Tag‘ müssen die Zahlen stimmen. Vorschläge für Neues – auch Ideen genannt – sind lediglich weitere Störquellen auf dem ohnehin steinigen Weg zu den guten Zahlen. Dem entsprechend werden die meisten Ideen auch einfach weggedrückt. Hurra, die Hierarchie machts möglich!

Wo kommen die Ideen herAb und zu entsteht jedoch eine Situation, da merkt man in den Chefetagen dass sich die Wettbewerber weiter entwickelt haben und die eigene Organisation ist irgendwie stehen geblieben. Dann müssen plötzlich Innovationen her und zwar ganz plötzlich. Das spezielle an Ideen ist jedoch, dass die nicht auf Kommando entstehen. Für die meisten Manager die ich kennen gelernt habe, war diese Erkenntnis eine regelrechte Überraschung, die sich mit dem üblichen Anweisungs- und Controlgehabe nicht vereinbaren lässt. Ein Großteil glaubt es bis heute nicht. Wie sonst kann es möglich sein, dass man nach wie vor versucht, Ideen zu produzieren ? Das ganze Jahr über ist Tristess und Langeweile angesagt und plötzlich wird alles auf Kreativität umgestellt und man hofft auf die Super-Ideen? Wie naiv ist das? In den Organisationen haben die Verwalter oft das Sagen, aus deren Unverständnis heraus wird die Ideensuche an der Verwaltung ausgerichtet. Genau andersrum sollte es sein. Wie im Bild dargestellt, entstehen Ideen irgendwo und irgendwann. Gut ist es, wenn man dann sofort irgendwie weiterkommt mit der Idee und nicht erst 6 Monate bis zum nächsten Ideen-Workshop warten muss. Glückicherweise gelingt das in Start-Up Unternehmen besser als in den Dino-Organisationen (sonst würden wir heute noch mit dem Siemens EWSD telefonieren).

Jun 21

Warum Amazon nie so sein wird wie Apple

Man stelle sich vor: beim Eingang in ein Kaufhaus wird plötzlich ein Eintrittsgeld fällig …
Die Begründung des Kaufhauskonzerns würde vermutlich in die Richtung argumentieren, dass man dieses ’nur schauen‘ statt kaufen eindämmen wolle. Klingt wie ein schlechter Scherz?
So etwas ähnliches plant aber nun der Buchhändler Amanzon. Und zwar mit dem neuen Handy namens Fire-Phone:

Ein weiteres Handy auf dem Markt, nun von Amazon. Erschreckend daran ist eigentlich nur die Erkenntnis, dass jetzt sogar schon Buchhändler Geräte entwickeln und vermarkten können, die vor kurzem noch als High-Tech bezeichnet worden sind. Zwar hat Amazon schon mit dem Kindle Erfahrungen mit Endgeräten aber ein Handy ist mehr als ein Lesegerät.
Nicht zu verkennen ist das Bemühen seitens Amazon an die Marketing-Erfolge von Apple anzuknüpfen.

Sowohl die Ankündigung (im Video wird es recht geheimnisvoll, da nicht zu sehen ist, wovon alle so begeistert sind) erinnert sehr stark an Apple als auch der Preis und die Vorstellung durch Jeff Bezos. Nun ja, technisch ist einzig die 3D-Darstellung eine Neuerung zu verfügbaren Modellen (wobei LG vor 3 Jahren schon das Optimus 3D herausbrachte, welches jedoch floppte). Aber kann man so auch den Erfolg von Apples iPhone kopieren?
Ich glaube nicht, denke sogar dass es sich Amazon zu einfach macht und  sich selber dabei überschätzt und den Handymarkt unterschätzt. Der ist hart umkämpft. Auch Goolge hatte schon im August 2011 versucht mit Motorola eigene Geräte ins Programm zu nehmen, sich nach 30 Monaten wieder getrennt. Auch wenn es immer so aussah als ob der Erfolg bei Apple vor allem Steve Jobs und seiner genialen Marketing-Strategie zu verdanken war – ganz so einfach ist es nicht. Man darf nicht vergessen, am Anfang standen radikale Innovationen im Bedienkonzept und der Wille, das beste Gerät zu entwickeln. Das ist der große Unterschied zu Amazon: Die Idee hinter dem Fire-Phone ist nicht das beste Gerät sondern der Wunsch, näher am (zahlenden) Kunden zu sein. Ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen, aber vielleicht wären ja auch Leute bereit, beim Kaufhof Eintritt zu bezahlen. Wer kann das schon genau wissen.

Jun 13

Nachspielzeit

delBosqueSo schaut der Weltmeister-Trainer beim Stand von 1:4.  Am Ende stand es dann zwischen Spanien – Niederlande 1:5. Das ist bemerkenswert! Der amtierende Weltmeister verliert das erste Gruppenspiel in einer Größenordnung, die man durchaus als überraschend bezeichenen kann.

Und sind es nicht genau diese Überraschungen, die eine Weltmeisterschaft so spannend machen?
Die Wochenzeitung Die Zeit veröffentlichte unter dem Titel ‚Meisterchancen‘ die Wahrscheinlichkeiten der Mannschaften auf den Titel. Zwar räumen die Mathematiker ein, dass das verwendete Modell historische Spielergebnisse, Torverhältnisse, Fifa-Punkte und weitere Indikatoren einbezieht und insofern nur ein Rechnung ist, aber letztlich auf dem Platz entschieden wird: ‚Aber vorsicht: Wahrscheinlichkeiten sind das eine – das Schöne am Sport ist, dass auch der Außenseiter ein Spiel oder gar die gesamte WM gewinnen kann!‘ Aber eigentlich glauben sie schon an ihre Berechnung (mit oder ohne Nachspielzeit).
Nach der Rechnung hätte Brasilien die höchsten Chancen (13,8%), gefolgt von Argentinien (12,5%), Deutschland (11,9%) und Spanien (11,2%). Holland kommt lediglich auf 3,7% und hätte eigentlich gar nicht gewinnen dürfen. Einmal mehr zeigt sich, dass man die Zukunft nur bedingt berechnen kann. Irgendwie scheinen die Zahlen aber eine Magie auszustrahlen, ganze Volkswirtschaften aber auch Betriebswirtschaften werden berechnet. Manchmal muß der Fußball auch für Managementtheorien herhalten. Und jedesmal werden die Gesichter immer länger, wenn sich wieder einmal – wie eigentlich meistens – die Wirklichkeit nicht an die Berechnung hält. Manchmal geht die Verleugnung der Wirklichkeit soweit, dass die Theoretiker Realitäten ablehnen. Das ist lustig!
Vincent del Bosque ist da schon weiter, er akzeptierte, dass die Holländer in der 2.Halbzeit (!) besser waren. Nun kann man nur hoffen, dass Brasilien nicht Weltmeister wird, sonst hätten die Mathematiker recht behalten. Und das wäre nicht mehr lustig!

Mai 30

Improvisation mit Plan B

2014-05-28 Plan_B readyDer Plan B ist der eigentliche Held in unserem Leben und im Büro. Plan A funktioniert ja meistens nicht – jedenfalls nicht in der Praxis. In der Theorie sah noch alles ganz prächtig und vielversprechend aus. Aber leider hatte man nicht [hier wahlweise hundert verschiedene Gründe einsetzen] beachtet. Mit großer Heimtücke schleichen sich regelmäßig Überraschungen ein. An der Stelle kommt der Plan B ins Spiel, vorausgesetzt man hat einen. Fortgeschrittene haben sogar noch einen Plan C in der Schublade. Jeder weitere Plan fusst auf einer Lernerkenntnis oder einer möglichen Alternative und signalisiert Flexibilität und Anpassungsvermögen. Allein auf Plan A verlassen sich eigentlich nur Dumme und/oder Arrogante.

Mai 20

App-isierung im Alltag

Nun ist es passiert. Ich konnte zum ersten mal beobachten, wie einSketch App-isierunge Frau gegen eine Laterne lief. Welch ein Spaß! Ich schämte mich nicht einmal ob der Schadenfreude, die man mir sicher auch ansah.Ursache der Kollision war offensichtlich das Smartphone bzw. die tunnelblick-artige Vertiefung in eine der Apps (vielleicht teilte man gerade auf Facebook mit, dass man nun den Bahnhof zu Fuß verließ). Vor 170 Jahren war es der Hans-guck-in-die-Luft. Auch als Struwelpeter bekannt machte er sich zum Trottel. Das Prinzip ist heute das gleiche, nur die Ursache ist eine andere.

Ich vermute, in Zukunft wird so etwas öfter passieren: Zombie-Fussgänger laufen auf Grund: im harmlosen Fall einfach vor eine Laterne, weniger harmlose Zwischenfälle sind durchaus auch vorstellbar und der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt.
Die Mahner und Deuter der Republik weisen ja schon seit längerem auf den nicht unbedingt positiven Einfluss der Smartphones auf das Verhalten der Nutzer hin. Die Kommunikation verändere sich dramatisch, durch die App-isierung verlernen die Leute das Reden. Nun, die neuen Befunde rufen sicher schon die ersten Parlamentarier auf den Plan: Gesetze müssen her, Schutz der Fußgänger vor sich selber – am besten per Helm. Die Technik-Lobby sieht dem sicher gelassen entgegen: eine neue App könnte helfen. Sie warnt den Nutzer dann vor Kollisionen. Tja, das ist der Zeitgeist, immer weniger Zeit und immer weniger Geist.