Aug. 15

Fortschritt im Büro

Durch Neuerungen im Bereich des Internet und der Kommunikationstechnik spüren wir den technischen Fortschritt besonders intensiv. Es vergeht kaum eine Woche, da nicht neue Möglichkeiten und Anwendungen bekannt werden. Die Zeit, in der man ständig online sein kann – falls man will – , hat mit Apples iPhone und Flatrate-Tarifen begonnen. Heute bekommt man schon relativ günstig einen UMTS Anschluß mit Flatrate. Damit kann man mit einem Laptop oder Netbook nicht nur ständig online sein sondern quasi auch überall (zumindest in Deutschland).  Das ist die logische Erweiterung von der Kabelverbindung über die WLAN-Verbindung hin zur drahtlosen Überall-Verbindung.

Was an der neuen Dynamik auffällt ist, dass es nicht wie in früheren Jahren vom Bereich der Unternehmenskommunikation – also lapidar gesprochen ‚im Büro‘ – voran getrieben wird. Im Gegenteil, Unternehmen werden gerade überrannt von den neuen Möglichkeiten und wissen teilweise nicht, wie sie damit umgehen sollen.

Ich kann mich an Zeiten erinnern, da war das technische Niveau in Unternehmen in der Regel höher als im Privatbereich. Schnellere Rechner, mehr Speicher, bessere Drucker, Internet und gute Software und dann ein Handy. Irgendwann in den letzten Jahren hat sich  das jedoch komplett gewandelt. Aus dem Privatbereich kommen die Neuerungen und erschwingliche Hardware und Software beschleunigen diesen Trend sogar noch. Die Frage, ob man privat in der Firma surfen darf, wird sich bald erübrigt haben, da das surfen über ein persönliches Gerät nicht überwacht werden kann.  Firmen überlegen noch, wie sie mit Wikipedia, Youtube und den vielen sozialen Netzwerken umgehen sollen und wie man sowas in bestehende Infrastrukturen integrieren kann. Unterdessen geht die Entwicklung rasant weiter. Es wird die Zeit kommen, da man mitleidig über die veraltete Technik der Firma lächelt. Man wird als Anwender irgendwann mal vor der Entscheidung stehen, ob man für eindeutig betriebliche Aufgaben besser das private Equipment nutzen sollte – entweder weil es wesentlich einfacher damit geht oder damit es überhaupt geht. Ich gehe davon aus, den meisten Firmen ist dieses Dilemma im Moment noch nicht bewußt. Aber wenn plötzlich Diensthandys nicht mehr privat genutzt werden, sollte man sich schon mal fragen: Warum?

Mrz. 04

Planwirtschaft

Die ganze Woche verfolgt mich schon ein Gedanke, ohne dass ich jedoch schon fertig wäre mit durchdenken. Es geht um ein Paradox. Ein Paradox ist durch einen Widerspruch gekennzeichnet, der zwei gegenläufige Argumente als plausibel darstellt. Es gibt beispielsweise Menschen, die Lotto spielen und um die geringe Gewinnwahrscheinlichkeit wissen (1: 140 Millionen), andererseits aber bei der Wahl der Fluggesellschaft sehr genau die Absturzstatistik studieren und bei ungünstigen Werten nicht in den Flieger steigen. Oder, um beim Tanken 5 Euro zu sparen, geben Menschen an, bis zu 10 km weit zu fahren. Dieselben Menschen würden jedoch bei einem Anzug (ca. 500 Euro) nicht 10 km weiter fahren, um den Anzug 5 Euro billiger zu bekommen. Merkwürdig, es gibt menschliche Reaktionen, die rational und logisch nicht erklärbar sind.
Und so ist auch die Planwirtschaft ein interessantes Phänomen. Mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten hat auch die Planwirtschaft massiv an Popularität eingebüßt. Es ist akzeptiert, dass es durch eine zentrale Planung früher oder später zu Anpassungsproblemen kommt. Mit der Zeit entfernen sich die Planer mehr und mehr von den Ausführenden und Betroffenen. Aufgrund der Entfernung vom Geschehen kommt es zu Informationsverlusten, Falscheinschätzungen und somit zu Fehlplanungen.
Das Paradoxe ist nun, dass das im Großen – also auf nationaler Ebene – von den Meisten anerkannt wird. Jedoch, Unternehmen und Unternehmensorganisationen funktionieren genau so, nämlich planwirtschaftlich organisiert. Die zentrale Unternehmensführung ist in den meisten Unternehmen gewillt, mit einer größtmöglichen Kontrolle das Unternehmen zu leiten und zu steuern. Fehlende Kontrolle wird mit Unsicherheit und Führungsschwäche verbunden. Dieses Phänomen ist sehr gut beobachtbar und wird beispielsweise durch die Bespitzelung bei der Bahn oder ausufernde Reportingsysteme deutlich. Die Erfahrungen aus dem Scheitern der Planwirtschaft scheinen in Unternehmensführungen kein Gehör zu finden. Im Gegenteil, und das ist eben extrem paradox. Die interne (betriebswirtschaftliche) Verherrlichung der Planwirtschaft widerspricht der externen Verdammung (Volkswirtschaft).

Das Entscheidende ist die Fähigkeit zur Erneuerung und zur Anpassung. Bei zentral regierten und geplanten Unternehmensorganisation ist die Fähigkeit unterentwickelt. Entscheidungen werden nicht im Sinne der Anpassung an neue Umweltbedingungen getroffen sondern im Sinne der (zentralen) Unternehmensführung u.a. um die Position zu festigen, Macht auszubauen und bestehende Strukturen zu zementieren. Erneuerung ist riskant und damit nicht gewollt.

Früher oder später wird Organisationen, die in der weiteren Entwicklung keine Möglichkeiten zur Erneuerung verfolgen, das gleiche Schicksal ereilen wie die zentral geplanten Volkswirtschaften. Die Pleite ist vorprogrammiert und Beispiele dafür gibt es auch reichlich. Viele Manager wurden von der Finanzkrise überrascht und wissen nun nicht, was zu tun ist. Die Krise war schlicht nicht eingeplant – schon gar nicht in den Planungsbänden der Unternehmen. Über die These, dass zentral geplante und gesteuerte Unternehmen früher oder später vom Markt verschwinden, werde ich weiter recherchieren und nachdenken.

Feb. 27

High hanging fruits

Im Gegensatz zu den ‚Low Hanging Fruits’ befinden sich die ‚High Hanging Fruits’ deutlich höher. Die Bezeichnung hat ihren Ursprung in der Unternehmenslehre und die Höhe der Früchte signalisiert den zu leistenden Aufwand bei der Ernte. Unten hängen die leicht zu erntenten, eventuell nicht ganz so süßen und saftigen Früchte, wie sie weiter oben zu finden sind. In den letzten Jahren ist nun eine klare Tendenz in Richtung zu den ‚Low Hanging Fruits’ zu erkennen. Und zwar in allen Bereichen der Gesellschaft, nicht nur in der Wirtschaft.

Es geht darum, möglichst schnell – ohne großen Aufwand – zu Ergebnissen zu kommen. Nicht umsonst gibt es in der Industrie die Bezeichnung Ergebnisorientierung. Beim Outsourcing stellen die billigeren Arbeitskräfte die verlockenden, vermeintlich tief hängenden Früchte dar. Viele Unternehmen stellten die Grundlagenforschung ganz ein – viel zu anstrengend, viel zu weit oben im Baum.

Eine andere überreife Frucht ergibt sich aus dem Portfoliomanagement. Unternehmen konzentrieren sich mit ihren Aktionen auf die Bereiche, die die höchsten Margen erzielen und stoßen die weniger lukrativen ab. Stellt ein Friseur beispielsweise fest, dass Damen sowohl öfter kommen als auch das üppigere Programm ordern und demzufolge wesentlich mehr Geld im Geschäft lassen, könnte er auf die Idee kommen, den Bereich Herren zu schließen. Wenn mehr auf die Idee kommen, werden Herrenfriseure zum Nichensegment. Was bei den Friseuren mit Marktgesetzen erklärt werden kann, ist in anderen Bereichen nicht so einfach zu erklären und das band zur Illegalität ist auch recht schmal, privat drängelt man sich mal in einer Warteschlange vor, im Sport wird gedopt, Lebensmittelproduzenten kommen öfter mal ins Gerede. Immer mit dem Ziel, schnelle Ergebnisse bei geringem Aufwand. Das schlimme ist, dass man das hat Gefühl, dieses Cherry-Picking wird von der Ausnahme zur Normalität.

Albert Einstein soll einmal gesagt haben, Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil die Ergebnisse sofort sichtbar sind. Gemeint hat er wohl, dass die Entwicklung der Relativitätstheorie wesentlich mehr Aufwand bedeutet und undankbarer ist.

Muss man sich nicht fragen, ob der Sinn des Lebens dieser Jagd nach den reifen Früchten geopfert wird? Aus überlegter, langfristiger und sinnstiftender Planung und Handlung wird hektisches Reagieren, Flickschusterei und Krisenmanagement. Nach Beispielen aus Wirtschaft und Politik muss man heute nicht lange suchen.

Das nächste Mal werde ich wohl etwas nachdenklicher als sonst zum Friseur gehen, so ich noch einen finde kann