Nov 08

Innovator’s Dilemma

Vor etwas mehr als 20 Jahren erschien das Buch ‚Innovator’s Dilemma‘. Inzwischen ist es ein Klassiker (ein Review zum Buch kann hier nach gelesen werden).
Die These ist einfach: Große Unternehmen konzentrieren sich in ihren Bemühungen auf aktuelle Kundenbedürfnisse und aktuelle Umsatzbringer – dabei verschlafen sie förmlich neue Entwicklungen.

Diese These wird empirisch anhand von verschiedenen Industrien (Halbleiter, IT, Bagger …) abgeleitet und die Gründe für das Versagen werden gleich mitgeliefert: „… why great companies stumble. Incompetence, bureaucracy, arrogance, tired executive blood, poor planning and short term investment horizons obviously have played leading roles in toppling many companies.“ (S. 235)

Was mich nun – gerade zum 20-jährigen – besonders wundert ist der Punkt, dass sich trotz des Wissens darüber (immerhin ein Bestseller in der inzwischen 5. Auflage oder so) eigentlich nichts geändert hat.
In dem Film wird gezeigt, dass es nicht mehr um Disk-Floppys (kennt sicher kaum noch jemand) oder Schaufelradbagger geht sondern nun um UBER, AirBNB, Amazon-Kindle, WhatsApp, SmartPhone-Kamera und viele andere ‚Disruptive Innovationen‘ geht, die eben nicht von traditionellen Großkonzernen ausgegangen sind, sondern von Nischenplayern:

Daran anschließend: Warum ist das so? In den großen Unternehmen arbeiten smarte Leute, die bewusst Entscheidungen treffen. Warum sind dann diese Unternehmen so lern-resistent? Wäre das nicht eine gute Gelegenheit mal zu überlegen, wie man gezielt das Neue in Unternehmen bringen kann – eben auch oftmals gegen den Widerstand in den Organisationen?
Ein Hackathon wäre sicher ein guter Anfang (aber auch da sollte man darauf achten, ob man das Neue überhaupt zulässt oder doch nur wieder Lösungen für ‚alte‘ Probleme sucht – ohne jegliche Ambition auf Disruption). Immerhin gibt es auch Beispiele von Großunternehmen (Amazon und die fast paranoide Angst des Jeff Bezos vor dem Tag 2). Eine triviale Antwort wird es nicht geben aber die Zeit um das Innovator’s Dilemma zu lösen wäre reif – überreif sogar, wenn man sich einige der erfolgreichen Industrien Deutschlands mal genauer anschaut.

Jul 30

Gibt es ’scheiß‘ Innovationen?

Ja, gibt es! Die Frage ist natürlich, was bedeutet ’scheiß‘? In dem Fall vielleicht eine Mischung aus peinlich, unethisch und unmoralisch.
Innovation als Begriff ist positiv belegt und mein Verständnis dahingehend war sicher etwas naiv aber als Fan von Innovationen ging ich irgendwie immer davon aus, dass es bei Innovationen um eine positive Erneuerung geht. Erfolg ist der Feind von Innovationen (#Bequemlichkeitsverblödung, #Selbstgefälligkeit) Und nun kommt das Dieselfiasko. Unternehmen betrügen offensichtlich und nutzen Innovationen dazu (die Abschalteinrichtung ist zweifellos eine Innovation) . Das ist jedoch zum einen eine riesige Enttäuschung, schadet auch dem Konzept ‚Innovation‘. Der ‚Red-Queen-Effekt‘ wird so noch getoppt.

In dem Buch „Die Weisheit der Roulettekugel„, welches 2013 (!) erschien, beschäftigte ich mich schon mit Innovationen in der Automobilbau. Mein Fazit damals (siehe Textauszug, S.211): Mit dem ausgegebenen Ziel, größter Hersteller von Automobilen zu werden, verändert sich auch die Perspektive auf Innovationen. Es geht allein um Größe.
Dass sich meine Befürchtungen / Ahnungen von damals so brachial Bahn brachen, erschreckt mich selber. Innovationen wurden nicht nur vernachlässigt. Nein: Es wurde innoviert um zu betrügen!
So eine Abschalt-einrichtung für sich betrachtet ist ja zweifellos eine Innovation. Hätte man die vielen Milliarden, die nun an Strafe fällig sind in richtige Innovationen investiert, wäre man heute vielleicht nicht größter Hersteller aber man hätte saubere Autos und sicher einen guten Ruf und müsste sich nicht als ‚Kartell der Betrüger‚ betiteln lassen.
Bei Audi werden nun vier Vorstände entlassen. Ob das reicht? Solange die Vorstände immer als Götter betrachtet werden und Innovationen danach beurteilt werden, ob der Gott die gut findet, sicher nicht. Mitarbeiter orientieren sich an dieser Kultur – dem jeweiligen Chef in den Arsch zu kriechen (#Karrieregeil) wird wichtiger als Innovationen voran zu treiben. In uniformen Organisationen haben es Freigeister sowieso schwer. Trägheit ist vorprogrammiert. Wenn der Gott dann weg ist, entsteht Chaos, da man ja verlernt hat, selbstständig zu denken. Ich glaube, man müsste vielmehr austauschen und weniger über die Kultur und Innovationen reden sondern tatsächlich was ändern.
Gut, dass es Tesla besser macht.

 

Jan 26

Silicon Valley (3)

Reportage: Go West iht Genies

Eine Reportage im ARD. Unbedingt anschauen, insbesondere für Automobilhersteller interessant!

Gegendarstellung in der Zeit

Obwohl ich wirklich ein großer Freund des Silicon Valley bin, habe ich voller Freude den Artikel „Wie kann es sein, dass niemand im Valley und seiner Aufgeblasenheit widerspricht? Wieso ist der Diskurs so devot?“ in der Zeit (Ausgabe 5/2017 vom 26.Januar 2017, S.52, leider nicht online verfügbar) gelesen. Ich denke, es gehört dazu, dass man sich andere Meinungen und Gegenpositionen anhört um seinen eigenen Standpunkt zu reflektieren. Der Autor (Alard von Kittlitz) lässt nicht viel Gutes am Silicon Valley. Aufgeblasenheit ist noch das harmloseste, was er den Nerds vorwirft. Die Sendung in der ARD? Geschenkt, viel zu einseitig – Richtung Messias – dargestellt! Nachdem ich den Artikel gelesen hatte und die Sendung ein zweites mal sah, war ich fast peinlich berührt. Welt verändern und besser machen? Schon! Super! Guter Plan; und dann stellt Hr. Groschupf eine App vor, die den Verkaufsprozess von PKW automatisieren soll. Tolle Idee, aber eben einfach banal. Hier nennt man es jedoch ‚awesome‘. Insofern gebe ich dem Autor recht: Im SV wird die Welt sicher verändert und gestaltet, aber die großen Probleme der Menschheit werden hier (leider) nicht gelöst. Trotzdem mag ich dieses quirlige, dieses ungestüme und kreative in der Gegend südlich von San Francisco. Wenn ich das nächste mal dort bin, werde ich es aber mit anderen Augen sehen.
Was ich schon beim lesen des Buches von Keese nich verstanden habe ist diese Haltung in Deutschland, wir müssen unbedingt so werden wie im Silicon Valley. Warum? Deutschland hat viele Stärken auf die man sich auch ab und zu besinnen sollte. Diese Vergötterung ist absolut unpassend.

Jan 20

Silicon Valley (2)

Zur Geschichte des Silicon Valley gibt es eine hervorragende Reportage (in zwei Teilen):

Teil 1:

Teil 2:

Um das Silicon Valley zu verstehen, sollte man sich das unbedingt angeschaut haben. Man wird verstehen, dass es eine ca. 60ig jährige Geschichte hat und viele Zufälle notwendig waren, damit es das Silicon Valley in seiner heutigen Form gibt. So einfach kopieren, wie es ja so oft dringend empfohlen wird, erweist sich schlicht als irre.

Dez 03

Was ist ein Trend?

cxvi04mxeaagbzDas Prinzip eines Trends lässt sich sehr gut an dem Beispiel ‚Größe des Donut_Loches‘ beschreiben. So wie im Bild dargestellt, verkleinerte es sich im Verlauf von 21 Jahren erheblich – von 1,5 Zoll auf 3/8 Zoll. Faktisch hat es sich gedrittelt. Spannend wird es, wenn man sich das Jahr 1948 vorstellt und überlegt, wie sich die Größe weiter entwickeln wird. Hier kommt der Trend ins Spiel. Die Tendenz legt ja nahe, dass es sich weiter verkleinern wird, bleibt der Trend konstant, kann man davon ausgehen, dass es sich im Jahre 1970 auf 1/8 Zoll verkleinert hat.
Damit wird jedoch deutlich, dass Trends begrenzt in ihrer Aussagekraft sind. Tatsächlich hat sich die Größe des Lochs im Donut auf ca. 6/8 Zoll im Jahre 2016 eingependelt. Was kann man an diesem einfachen Beispiel lernen?

  1. Zur Beschreibung von Entwicklungen sind sie geeignet
  2. Jeder Trend ist zeitlich begrenzt, kein Trend geht ewig.
  3. Die Trendbrüche sind eigentlich viel wichtiger als die Trends

Und sonst? „Trends vermitteln das Gefühl, alles im Griff zu haben. Deshalb sind sie so populär…. und sie verschleiern auf geschickte Weise Nichtwissen.“ (Pillkahn: Mythos Zukunftsforschung)

Dez 27

Geheimnisse der Welt: Sagrada Familia

Sagrada Familia: Unvollendetes Bauwerk – 1882 mit dem Bau begonnen, geplante Fertigstellung ist 2026 zum 100. Todestag von Gaudi. In vielerlei Hinsicht ist das Bauwerk eine Sensation. Es ist eine Innovation! Sowohl architektonisch gesehen als auch gesellschaftlich. Ursprünglich ist es die Sühnekirche der heiligen Familie, aber längst ist es ein gesellschaftlich-politischer Auftrag. Der Bau hat zwei Weltkriege überstanden, eine Diktatur und Weltwirtschaftskrisen. Heute symbolisiert es die Wechselwirkung zwischen Moderne und Stabilität. Es gibt keinen Plan und dennoch wird weiter gebaut, der höchste Punkt soll über 170m sein. Ein unsystematisches System – das ist die Innovation mit doppelt gekrümmten Flächen, einzigartig!

Ein beeindruckender Film von Arte versucht das Geheimnis zu lüften. Sehr spannend und man kann nur hoffen, dass der Bau tatsächlich vollendet wird.

Dez 08

Konferenz-Wahnsinn

Meiner Tageszeitung ist ein Flyer beigelegt. Titel:

‚HUB Conference‘ Digitale Transformation. Magazin zur Bitkom hub conference 2015 in Berlin.‘

Ich muss schmunzeln. Der Konferenz-Wahnsinn schlägt wieder zu: Die Bitkom wagt sich in Richtung Digitalisierung. Ich schlage die erste Seite auf. Ein Grußwort von Andrus Ansip (Vizepräsident der Europäischen Kommission, zuständig für den Digitalen Binnenmarkt). Mein Schmunzeln wird breiter. Die EU als schlagkräftige Speerspitze ist mit im Boot. Na dann wird es auf jeden Fall ein großer Erfolg. DSM (Digital Single Market) sei die Blaupause für die Digitalisierung der europäischen Industrie. Kein Witz, das steht da so. Also wenn Google, Facebook oder Amazon Milliarden Dollar investieren um die Zukunft zu besetzen, entwickeln die Bürokraten in Brüssel einen DSM und propagieren die Blaupause. Das beruhigt. Eine Seite weiter werden im Flyer dann Personen vorgestellt, welche  auf der Konferenz reden werden und welche mit ihren Gedanken für Belebung in der von vielen Schlagworten geprägten Diskussion sorgen sollen.
Da ist Fr. Claudia Nemat von der Deutschen Telekom, Gisbert Rühl – CEO von Klöckner & Co. , der CTO von HP, Rene Obermann usw usf. Verwundert liest man weiter. All diejenigen, die dafür verantwortlich sind, dass es in den Unternehmen so schleppend voran geht und dass sich Neues kaum durchsetzen kann, wollen nun den Interessierten erläutern, wie Digitalisierung geht? Gesunde Skepsis ist sicher angebracht. Folgenden Hinweis lese ich auf einem Online-Blog:
“Viele der heutigen digitalen Systeme und Köpfe sind aus dem alten Geist sowie den alten Strukturen geboren. Die kann man morgen in die digitale Tonne treten. Das heisst aber, wer ‘digital’ propagiert, ohne dem Digitalen eine Richtung zu geben, propagiert in IT gegossene Alt-Scheiße”, kommentiert Netzökonomie-Campus-Kollege Winfried Felder.Sketch 2015-12-07 23_54_47
Man fragt sich, warum überhaupt jemand auf solche Konferenzen geht und sich den alten Mist anhört. Offensichtlich reicht es jedoch völlig, wenn man irgendwelche CEOs oder CTOs – Hauptsache irgendwas und irgendwen mit bedeutungsvollen Namen ins Spiel bringt um Beunruhigte, Verunsicherte und Aufgescheuchte zahlreich anzulocken – über 2000 haben sich schon angemeldet, verkündet man stolz auf der Homepage. Unsicherheit verleitet Menschen, Experten zu glauben. Man sucht Orientierung. Aber man wird wohl furchtbar enttäuscht sein. Weil Konferenzen normalerweise eben wenig Substanz liefern. Auf der Homepage steht: „Die hub bringt disruptive Trends, smarte Technologien und ihre Macher nach Berlin.“ Was bitte ist ein ‚disruptiver Trend‘ ? Ein Widerspruch, aber das fällt in dem Brei an Superlativen kaum auf – lässt aber auf das Niveau schließen. Die Experten werden übrigens niemals verraten, was Sie mit Ihren Firmen vorhaben. In vielen Fällen werden Sie selber auch keinen Plan haben. Viele Buzzwords – wenig Inhalt, so einfach.

Jul 05

LEGO Serious Play

Der neue Film ist fertig:

Worum gehts? Um LEGO Serious Play. Was es ist und was es bringt. Der Film soll vor allem eine Einführung ins Thema sein. Und Neugier und Interesse wecken. Die Möglichkeiten, die das Instrument dann tatsächlich bietet, lassen sich erst beim ’spielen‘ richtig erfassen. Ich hoffe, möglichst viele lassen sich inspirieren.

Jun 21

Warum Amazon nie so sein wird wie Apple

Man stelle sich vor: beim Eingang in ein Kaufhaus wird plötzlich ein Eintrittsgeld fällig …
Die Begründung des Kaufhauskonzerns würde vermutlich in die Richtung argumentieren, dass man dieses ’nur schauen‘ statt kaufen eindämmen wolle. Klingt wie ein schlechter Scherz?
So etwas ähnliches plant aber nun der Buchhändler Amanzon. Und zwar mit dem neuen Handy namens Fire-Phone:

Ein weiteres Handy auf dem Markt, nun von Amazon. Erschreckend daran ist eigentlich nur die Erkenntnis, dass jetzt sogar schon Buchhändler Geräte entwickeln und vermarkten können, die vor kurzem noch als High-Tech bezeichnet worden sind. Zwar hat Amazon schon mit dem Kindle Erfahrungen mit Endgeräten aber ein Handy ist mehr als ein Lesegerät.
Nicht zu verkennen ist das Bemühen seitens Amazon an die Marketing-Erfolge von Apple anzuknüpfen.

Sowohl die Ankündigung (im Video wird es recht geheimnisvoll, da nicht zu sehen ist, wovon alle so begeistert sind) erinnert sehr stark an Apple als auch der Preis und die Vorstellung durch Jeff Bezos. Nun ja, technisch ist einzig die 3D-Darstellung eine Neuerung zu verfügbaren Modellen (wobei LG vor 3 Jahren schon das Optimus 3D herausbrachte, welches jedoch floppte). Aber kann man so auch den Erfolg von Apples iPhone kopieren?
Ich glaube nicht, denke sogar dass es sich Amazon zu einfach macht und  sich selber dabei überschätzt und den Handymarkt unterschätzt. Der ist hart umkämpft. Auch Goolge hatte schon im August 2011 versucht mit Motorola eigene Geräte ins Programm zu nehmen, sich nach 30 Monaten wieder getrennt. Auch wenn es immer so aussah als ob der Erfolg bei Apple vor allem Steve Jobs und seiner genialen Marketing-Strategie zu verdanken war – ganz so einfach ist es nicht. Man darf nicht vergessen, am Anfang standen radikale Innovationen im Bedienkonzept und der Wille, das beste Gerät zu entwickeln. Das ist der große Unterschied zu Amazon: Die Idee hinter dem Fire-Phone ist nicht das beste Gerät sondern der Wunsch, näher am (zahlenden) Kunden zu sein. Ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen, aber vielleicht wären ja auch Leute bereit, beim Kaufhof Eintritt zu bezahlen. Wer kann das schon genau wissen.