Jun 21

Warum Amazon nie so sein wird wie Apple

Man stelle sich vor: beim Eingang in ein Kaufhaus wird plötzlich ein Eintrittsgeld fällig …
Die Begründung des Kaufhauskonzerns würde vermutlich in die Richtung argumentieren, dass man dieses ’nur schauen‘ statt kaufen eindämmen wolle. Klingt wie ein schlechter Scherz?
So etwas ähnliches plant aber nun der Buchhändler Amanzon. Und zwar mit dem neuen Handy namens Fire-Phone:

Ein weiteres Handy auf dem Markt, nun von Amazon. Erschreckend daran ist eigentlich nur die Erkenntnis, dass jetzt sogar schon Buchhändler Geräte entwickeln und vermarkten können, die vor kurzem noch als High-Tech bezeichnet worden sind. Zwar hat Amazon schon mit dem Kindle Erfahrungen mit Endgeräten aber ein Handy ist mehr als ein Lesegerät.
Nicht zu verkennen ist das Bemühen seitens Amazon an die Marketing-Erfolge von Apple anzuknüpfen.

Sowohl die Ankündigung (im Video wird es recht geheimnisvoll, da nicht zu sehen ist, wovon alle so begeistert sind) erinnert sehr stark an Apple als auch der Preis und die Vorstellung durch Jeff Bezos. Nun ja, technisch ist einzig die 3D-Darstellung eine Neuerung zu verfügbaren Modellen (wobei LG vor 3 Jahren schon das Optimus 3D herausbrachte, welches jedoch floppte). Aber kann man so auch den Erfolg von Apples iPhone kopieren?
Ich glaube nicht, denke sogar dass es sich Amazon zu einfach macht und  sich selber dabei überschätzt und den Handymarkt unterschätzt. Der ist hart umkämpft. Auch Goolge hatte schon im August 2011 versucht mit Motorola eigene Geräte ins Programm zu nehmen, sich nach 30 Monaten wieder getrennt. Auch wenn es immer so aussah als ob der Erfolg bei Apple vor allem Steve Jobs und seiner genialen Marketing-Strategie zu verdanken war – ganz so einfach ist es nicht. Man darf nicht vergessen, am Anfang standen radikale Innovationen im Bedienkonzept und der Wille, das beste Gerät zu entwickeln. Das ist der große Unterschied zu Amazon: Die Idee hinter dem Fire-Phone ist nicht das beste Gerät sondern der Wunsch, näher am (zahlenden) Kunden zu sein. Ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen, aber vielleicht wären ja auch Leute bereit, beim Kaufhof Eintritt zu bezahlen. Wer kann das schon genau wissen.

Mai 20

Von Quantensprüngen und Superlativen

In der heutigen Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung – der Printausgabe Nr. 20 / S. 26 – geht es um die Geschichte der Kaffeemaschine: „Der Siegeszug der Kaffeemaschinen“(von Niklas Wirminghaus). Es ist ein sehr interessanter Beitrag, insbesondere da ich Kaffee in allen möglichen Variationen sehr mag und reichlich genieße. Ich mag solche Artikel – eigentlich. Man lernt dabei, dass der schwäbische Küchengerätespezialist WMF die Kaffeemaschine quasi erfunden hat und 1927 die erste ‚Großkaffeemaschine‘ auf den Markt brachte. Damit begann eine neue Ära des Kaffeegenusses. Soweit so gut, nun aber kommst: Das Bild eben der Kaffeemaschine ist beschriftet mit: es sei „… ein Quantensprung in der technischen Entwicklung der maschinellen Kaffeezubereitung.“

Das ist hart! Soso, ein Quantensprung! Es wird eine Metapher aus der Physik verwendet. In der Quantenphysik werden Übergänge von einem quantenmechanischen Zustand in den anderen als Quantensprung bezeichnet. Das ‚Hopsen‘ zwischen den Energieniveaus geht mit einer Abgabe oder Aufnahme von Energie einher. Quantitativ betrachtet beträgt die Energiebilanz den kleinsten nur möglichen Wert, qualitativ ändert sich für sehr kurze Zeit der diskrete Zustand um dann wieder den Ausgangszustand einzunehmen. Laut Wikipedia wurde der Begriff Anfang des 20. Jahrhunderts geprägt, in einer Zeit, als die traditionelle Physik mit der Quantenphysik um Erklärungsversuche rang und der ganze Bereich eine neue Dimension erreichte. Erstmals wurde eingeräumt, dass neben kontinuierlichen Abläufen in der Natur auch diskrete Zustände und Zustandsänderungen auftreten, aber eben in Bereichen, die nicht wahrnehmbar sind und nur an Modellen (z.B. Bohr) darstellbar sind.

Zurück zur Kaffeemaschine. Der Autor wollte sicher hervorheben, wie bedeutend die Erfindung war. Ärgerlich ist es jedoch, dass Journalisten Worthülsen verwenden, die in einem Zeitalter des inflationären Gebrauchs von Superlativen diesen vermeintlich noch überbieten können. Aber sowohl der Quantensprung als auch andere Superlative scheinen so fest in der Umgangssprache verankert zu sein, dass jede Anmerkung dazu eigentlich aussichtslos erscheint (Bei Amazon gibt es mehr als hundert Bücher mit ‚Quantensprung‘ im Titel – die wenigsten sind Physikbücher). Was hier fehlt, ist ein echter Quantensprung. Aber selbst öffentliche Medien sind vor dieser ‚Superlatitis‘ nicht gefeit, die kündigen seit mehr als 20 Jahren immer den ‚aktuellsten Verkehrsservice‘ an, wobei sich doch die Frage stellt, kann man etwas, was aktuell ist, noch aktueller machen? Wie bitte soll das gehen? Optimalste und idealste Grüße aus den Bergen!