Jan. 09

Warum wir Trends so lieben

Unsere Welt ist voller Trends.

Beispielsweise werden wir Deutsche immer dicker. In den letzten fünfundzwanzig Jahren hat sich die Zahl der adipösen Deutschen verdoppelt – von ca. 10 % auf ca. 20%. Die Zahl der dicken Kinder hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. (statistisches Bundesamt, Bundesverzehrstudie, Bundesgesundheitssurvey vom Robert-Koch-Institut).

An diesem recht anschaulichen Beispiel lassen sich die trendtyischen Probleme im Umgang darstellen. Mit Hilfe von Trends werden aus komplexen Vorgängen und Entwicklungen einfache Kurven. Genau das ist es, womit sich die Popularität in der Anwendung von Trends erklären lässt.

Trends charakterisieren eine Veränderung. Im konkreten Fall werden die Deutschen dicker – vermutlich steigt sowohl die Anzahl der Dicken und die Dicken an sich nehmen auch eher zu als ab. Belegen lässt sich die Entwicklung mit Umfrageergebnissen und es reicht für die Schlagzeile:’ Wir Deutsche werden immer dicker.’ Doch Vorsicht! Man hat ja lediglich Untersuchungsergebnisse der Vergangenheit. Die stillschweigende Annahme ist, dass die Randbedingungen mindestens gleich bleiben, besser noch verschärfen. Konkret: noch weniger bewegen, noch mehr vor dem PC sitzen, mehr Fastfood und insgesamt noch ungesündere Ernährung. Strenggenommen müsste unsere Schlagzeile demzufolge wie folgt lauten:

‚Wenn wir Deutsche nichts an unserer Ernährung und unserem Bewegungsverhalten ändern, werden wir in Zukunft immer dicker werden und die Dicken werden immer mehr werden.’

Als Schlagzeile zwar ungeeignet aber inhaltlich richtig: die Entwicklung ist an Annahmen und Bedingungen geknüpft. Wenn … dann …

Besonders Unternehmensplaner und Strategen scheinen jedoch von der kindlich-naiven Vorstellung getrieben zu sein, dass ein Trend sobald er einmal postuliert ist, ein mysteriöses Eigenleben entwickelt. Dieses Phänomen ist sehr gut zu beobachten: Nachfrage nach Mobiltelefonen, Nachfrage noch Autos, Blu-Ray Spielern, aber auch Umsatz, Preissteigerungen, Effizienzsteigerungen – alles unterliegt der Magie des Trends.

Ich denke, man kann viele Probleme, welche Unternehmen derzeit ausgesetzt sind auf dieses naive Trendverständnis zurück führen.

Entscheidend für die weitere Entwicklung ist nicht der erkannte und formulierte Trend sondern die zugrunde liegende Anatomie: der Unterschied wird deutlich, wenn man beispielsweise die körperliche Entwicklung der Deutschen mit der Nachfrageentwicklung nach SUVs vergleicht.

Ein potentieller Käufer eines SUV kann sich bis zur Unterzeichnung des Kaufvertrages umentscheiden. Beeinflusst wird er möglicherweise vom Benzinpreis, vom Händlerrabatt, von seinen farblichen Präferenzen usw. Die Regierung kann durch Umweltauflagen die Nachfrage über Nacht abwürgen – ohne Rücksicht auf die postulierten Trends. Die Nachfrage in einem Markt ist nun mal ein sehr empfindliches Pflänzchen, welches sich extrem schnell ändern kann. Anders die Dicken, die ändern sich sehr langsam, wenn überhaupt. Jedenfalls nicht über Nacht.

Trends sind und bleichen ambivalent: einerseits plakativ andererseits ohne jede Magie.

Dez. 19

Sparen

Die Idee des Sparens liegt darin, etwas kostengünstiger anzubieten oder eben ganz darauf zu verzichten – also ersatzlos zu streichen. Das geht natürlich nicht ohne Auswirkungen für die angebotene Leistung. Zur Zeit kann man in München einem Experiment der Münchener Verkehrsbetriebe beiwohnen, bei dem man besonders dämlich versucht zu sparen. Der MVV hat damit begonnen, die üblicherweise in den Wagen unterhalb des Fensters angebrachten Abfallbehältnisse zu entfernen. Die Motivation für diese offensichtlich gedankenbefreite Aktion liegt wohl darin, dass man sich die Entleerung sparen will: keine Abfallbehälter – keine Entleerung. Die Konsequenz ist für jeden vernünftigen Menschen absehbar. Der Müll wandert nicht mehr in den Behälter sondern landet nun im ganzen Abteil. Für den MVV scheint das jedoch eine gewisse Überraschung darzustellen, jedenfalls hat man reagiert und mit der Demontage der Abfallbehälter aufgehört. Nun fährt ein Teil mit – meist sauber -und ein Teil ohne – meist verdreckt Müllbehälter. Eine absurde Aktion, aber das Ergebnis ist erkennbar. Damit kann man darauf reagieren. Einsparungen, die man jedoch nicht verfolgen kann, können noch wesentlich mehr Schaden anrichten. Dummes Sparen bedeutet, dass an einer Stelle im Unternehmen etwas gespart wird, dafür jedoch an anderer Stelle umsomehr Kosten entstehen. Leider scheint das weit verbreitet zu sein. Intelligentes Sparen bedeutet im Gegensatz dazu, tatsächlich vermeidbare Kosten zu reduzieren. Das ist eine riesige Herausforderung. Wenn man sich so die Einsparziele der Unternehmen anschaut, kann es sich in den seltensten Fällen um richtig überlegte (intelligente) Einsparungen handeln. Die Lufthansa schwingt sich gerade zu einem neuen Sparprogramm auf. Herr Franz verkündet die Ziele und die Orientierung an den Billigfliegern. Ähnlich wie in der Münchner U-Bahn wird man recht bald das Ergebnis bewundern können. Das letzte mir bekannte Unternehmen was sparen wollte und dabei gleichzeitig wachsen, war BENQ. Bis zur Pleite war es ungefähr ein Jahr. Kein Unternehmen hat Anspruch aufs überleben. Bleibt abzuwarten, wie lange die Lufthansa das Spagat zwischen premium und billig verkraftet.

Juli 16

Was bedeutet Glück?

Glück bedeutet sicher mehr als der berühmte Sechser im Lotto – daran gibt es wohl keinen Zweifel. Wohlstand muß immer herhalten als das Ziel zum Glück, dabei ist es erwiesen, dass der Grad der Zufriedenheit oder des Glücklichseins nicht mit steigendem Wohlstand zunimmt. Die Reichen sind also auch nicht glücklicher. Das beruhigt irgendwie. Die glücklichsten Menschen sollen im Inselstaat Vanuatu leben. Hier ist man mit sehr wenig zufrieden.
Es scheint so also ob Glück eine leicht vergängliche und kurzlebige Erscheinung ist. Schon Goethe wusste (in Form des Faust):
Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muss.Mein Großvater hat mir oft gesagt: ‚In der Beschränkung liegt der Meister.‘ Das klingt fast theatralisch, aber mit wenig(er) auszukommen ist ein Segen. Er war jedenfalls ein glücklicher Mensch, jedenfalls wirkte er auf mich so. Irgendwie konnte er allem etwas Gutes abgewinnen. Wenn es regnete, freute er sich für die Pflanzen. Er liebte und achtete die Menschen, er war ehrlich und strahlte es Grundzufriedenheit aus (heutzutage wird man oft mit einer Grundunzufriedenheit konfrontiert). Wenn ihm Unheil widerfuhr, sagte er häufig ‚Es gibt Schlimmeres‘ und er hielt sich nicht lange mit jammern auf sondern war rasch um eine Lösung bemüht. Er war nie abhängig von materiellen Wohlstand und fast immer glücklich. Ich habe ihn bewundert und überlege oft, ob das wohl sein Geheimnis des Glücks war?