Obwohl das Buch von Benedikt Herles die Elite als ‚kaputt‘ bezeichnet, bleibe ich lieber bei ‚überfordert‘.
Viel und ausführlich wurde über das Buch berichtet und ich habe es dennoch nicht gelesen (sollte man es noch lesen, wenn es schon so oft besprochen wurde?). Nicht weil ich die Thesen und Beschreibungen nicht spannend finde, im Gegenteil: bei vielen Punkten bin ich der gleichen Meinung wie Herr Herles . Die Eliten lernen das Falsche und werden zur Überheblichkeit erzogen. Eine ganze Reihe von Fragen kann man sich in dem Zusammenhang stellen: Taugen Business Schools überhaupt als Ausbildungsstätte für junge, kluge Köpfe? Und, was ist das überhaupt: ‚Die Elite‘? Eine selbsternannte Besserwisser-Brigade mit großem Drang zur Abgrenzung? Jedenfalls bin ich immer etwas skeptisch, wenn jemand allzu offensichtlich eine Tendenz zur Elite erkennen lässt. Das Phänomen ist bei Beratern – insbesondere den Strategieberatern – weit verbreitet. Eine Gute Charakterisierung findet man übrigens in einem Film, der beim Bayrischen Rundfunk im Rahmen der Reihe ‚Nachtlinie‘ im Februar diesen Jahres ausgestrahlt wurde (danke Karsten für den Hinweis!).
Ein interessantes Gespräch und insbesondere ab etwa Minute 9:00 – sinngemäß: Auf den Websites der großen Beratungen werden Querdenker gesucht (Metapher Fische, die gegen den Strom schwimmen!), kreativ sollen sie sein usw., Herles meint aber, es ist ‚Blödsinn‘ und es sind alles ‚Lippenbekenntnisse‘. Was man eigentlich sucht sind die ‚Ja und Amen Sager‘, die nicht widersprechen und die davon ausgehen, dass die ‚Oben‘ immer recht haben (‚heads down and deliver‘ Ansatz). Natürlich ist das nicht nur bei Beratungen so, sondern eher weit verbreitet in der Industrie. Und dann kommt die Stelle, die besonders nachdenklich stimmt: Angenommen, die zur Gleichförmigkeit ausgebildeten Eliten, die nie eine eigene Meinung bilden, geschweige denn reflektieren konnten, werden dann – nach Jahren – selber Chef. Dann müssten sie selber gestalten, haben es aber nie gelernt. Mit dem Standard Powerpoint-Excel-Analyse-Baukasten-Vorgehen kann man nun einmal lediglich Verbessern aber nicht Erneuerung. Kommt daher die Überforderung? Oder kann man schlussfolgern, dass die Elite für jede Form der Erneuerung (oder auch Innovation) schlicht nicht zu gebrauchen ist?