Es ist ja nicht so, dass ich keine politische Meinung vertrete und die auch nicht artikulieren kann, aber braucht man dazu eine Partei – SPD, CDU, FDP, Grüne? Ganz klar: NEIN. Einmal mehr wurde diese Woche deutlich, dass Parteien (in dem Fall die SPD, aber die anderen verhalten sich da sicher ebenso) an Borniertheit und Verbissenheit kaum zu überbieten sind. Was war passiert:
Die Chefin der Jusos – Johanna Ueckermann – hat in einer Rede eine Bewertung für den SPD-Chef abgegeben: „Sigmar Gabriel gebe ich für seine Politik in der großen Koalition und als Parteivorsitzender eine Vier minus“ Wumm, das hat gesessen und wurde nur noch durch den Hinweis verstärkt, dass die Politik Merkels nun (endlich mal) zu loben sei. Natürlich wird noch eine Begründung dazu abgeliefert.
In der Wählergunst kommt die SPD seit Jahren nicht weit über 25% – es scheint also so zu sein, dass größere Teile der Bevölkerung und insbesondere die Wähler ebenso über Gabriel denken. Man könnte also meinen: ‚OK, wissen ja sowieso alle, nichts Neues also.‘ Aber genau an dem Punkt wird es lustig (zumindest für Außenstehende, für die Partei selber ist es derart blamabel, dass es schwer zu toppen sein wird). Einige Reaktionen aus der SPD-Führungsspitze:
Hubertus Heil: „…fällt eigener Partei in den Rücken. Unlogisch, unsolidarisch, unklug“
Yasmin Fahimi: „Ich höre wohl schlecht: Jusos loben die Kanzlerin?“
So richtig offenbart jedoch Thomas Oppermann, wessen Geistes Kind er ist: Uekermann habe sich „total verrannt“. Sie sei „konsequent unsolidarisch und wirklichkeitsfern“ (Rheinische Post).
Das ist wie in der Planwirtschaft. Alles wird ‚von oben‘ geplant und bewertet. Richtig ist nur, was man ‚oben‘ auch für richtig befindet. Gute Politik wird also in der Parteispitze festgelegt. Man fragt sich natürlich, wozu es eine Partei dann überhaupt gibt bzw. wozu es Parteimitglieder braucht. Ein gutes Parteimitglied ist jemand, der alles gut findet, nicht widerspricht und ohne zu mucken alles unterstützt, was die Spitze so umtreibt. Ist das nicht furchtbar?
Einen richtigen Diskurs, also einen Meinungsaustausch, bei dem es nicht nur darum geht, dass die Parteispitze ‚IHRE‘ Politik erklärt, sondern auch tatsächlich eine gemeinsame Meinung entsteht, gibt es kaum. Selbst die Grünen – jahrelang bekannt für interne Diskussionen – freunden sich mit der Top-Down Politik an.
Aber wen kann man da noch ruhigen Gewissens wählen?
Zum Film: Sigmar Gabriel in Hochform: mitentscheiden, mitbestimmen, Blödsinn … (ab ca 1:50)