Apr 09

Im Schatten der Planwirtschaft …

Ein Teil meines Lebens war geprägt durch die Planwirtschaft. Ich wuchs in der DDR auf und machte ddr-parolefrühzeitig die Erfahrung der zentral gesteuerten Wirtschaftspolitik und der Begleit-Propaganda. Wenn ich zurückdenke, dann nicht im Groll. Es war anders. Es gab keine Werbung dafür aber Mangelwirtschaft, die Preise waren überall gleich und der Staat war eigentlich chronisch überfordert. Das Interessante war jedoch, dass man beim Lesen der Zeitung und als Empfänger der zentral organisierten Kommunikation ein ganz anderes Bild präsentiert bekam. Glaubte man dem in den Medien gezeichneten Bild, so war das Leben schillernd und der Sozialismus alternativlos und erfolgreich. Der erlebte Alltag und das gezeichnete Bild hatten kaum etwas miteinander zu tun – und alle wussten das und hatten sich damit arrangiert. Man lernte damit zu leben: In der Zeitung wurde z.B. von  den Erfolgen der Partei und den übererfüllten Plänen berichtet. Der Alltag war eine Monokultur und durch Mängel und Langsamkeit geprägt. Es war keineswegs Armut aber eben auch nicht so wie in den Medien dargestellt. War es Propaganda oder Realitätsverlust? Es war nicht ganz klar, vermutlich eine Mischung aus beidem.junge_welt

Das Verblüffende ist nun, daß dieses Phänomen – also die Diskrepanz zwischen der Wirklichkeit und der Darstellung – genauso in große Unternehmen (insbesondere mit internationaler Ausrichtung) zu beobachten ist. Zunächst einmal ist bemerkenswert, dass die Unternehmen in ähnlicher Weise organisiert und gesteuert werden wie damals in der zentralistischen Planwirtschaft. Wichtige Entscheidungen werden in zentralen Machtzirkeln entschieden, beide Systeme sind eher Diktaturen als Demokratien und die Strukturen und Machtverhältnisse sind intransparent. pic159eUnd am Auffälligsten ist, dass die Darstellung nach den gleichen Mustern abläuft wie im Sozialismus (ich kann das beurteilen, da ich beides erlebt habe / erlebe): alles ist rosig, fast alles ist vom Erfolg gekrönt und Probleme sind nicht erkennbar (man ist immer ‚gut aufgestellt‘). Auch hier sind die Unterschiede zur Realität enorm groß und es wird wohl auch – wie zuvor schon beschrieben eine Mischung aus Realitätsverlust und Propaganda sein.
Und genau das bereitet mir etwas Sorgen. Ich weiß, was aus der DDR wurde und ich befürchte das die Verleugnung der Realität und die verzerrte Darstellung hier wie dort der Anfang vom Ende ist.