Nun ist es wieder soweit. Der Herbst ist da, das Wetter wird kühler, feuchter, nebeliger und damit steigt die Zahl der Schniefnasen. Leute erkälten sich oder noch schlimmer, sie bekommen Grippe (soll jedoch nicht das Thema heute sein).
Worauf ich hinaus will: Wenn jemand niesst, dann sagen die meisten ‚Gesundheit‘, fast reflexartig. Die Betroffenen waren sich damit wenigstens des Mitgefühls der anderen sicher und bedankten sich brav. Ich bin damit aufgewachsen; ich fand diese Interaktion weder als störend noch war ich ein Extremist in der Anwendung oder gar Bekehrung. Es war einfach so, basta. Jetzt habe ich jedoch schon des öfteren vernommen, dass Schlaukekse mit der Aussage „‚Gesundheit‘ sagt man -laut Knigge- nicht mehr“ in den Dialog grätschen. Was soll man davon halten? Ist das Klugscheißerei? Oder hält sich ernsthaft jemand an Knigge? Ich bin jedesmal aufs neue verblüfft. Ich hielt Knigge für noch bedeutungsloser als Anne Will. Und die Auffassung, ob man nun Gesundheit sagt oder nicht, ist so banal, dass es schon wieder witzig ist (und ich darüber schreibe). Irgendwann werden die Knigge-Ratgeber auf die Idee kommen und in ihre Statuten aufnehmen ‚Man lacht nicht mehr, wenn jemand etwas lustiges erzählt‘ Ob es auch so lemming-gleich aufgenommen wird? Vermutlich. Oder die Knigge-Leute wollten nur mal testen, wie weit sie gehen können mit ihrer Gängelei. Die Orientierungslosen wird es freuen, die anderen sagen und tun weiterhin, was sie für richtig halten – ‚Gesundheit‘ .
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Das Wasserhahn-Dilemma
Es ist ein Wahnsinn. Händewaschen ist ja eine Routinetätigkeit. Nach der Benutzung der Toilette oder überhaupt einfach mal so Händewaschen kann man immer mal. Schadet nicht im Gegenteil, jetzt zu Zeiten der Schweinegrippe soll es ja Wunder wirken.
Auffällig ist, dass in den letzten Jahren die Vielfalt bei den Wasserhähnen quasi explodiert ist. Was früher einfach war Hahn aufdrehen, Hände einseifen, abspülen und Hahn zudrehen – kann heute schnell zur Tortur werden. Vereinzelt gibt es noch die traditionellen Wasserhähne zum drehen. Einhebelmischer sind inzwischen auch weit verbreitet. Hebel für kalt und warm getrennt gibt es zusätzlich noch. Der Vielfalt sind quasi keine Grenzen gesetzt. Ich stand schon an einem Waschbecken mit eingeseiften Händen und habe vergeblich versucht, den Wasserhahn zu öffnen. Besonders absurd sind die Wasserhähne mit Bewegungssensor. Ich erlebe es kaum auf öffentlichen Toiletten, dass diese auf Anhieb funktionieren. Häufig sieht man jedoch Anwender, die mit ihren Händen im Becken rumfuchteln und versuchen, irgendwie das Wasser zum laufen zu bringen. Ziemlich absurd wie ich finde. Mir ist bis jetzt noch kein vernünftiger Grund eingefallen, warum ein Wasserhahn bewegungslos funktionieren sollte. Möglich wäre, dass Betreiber verhindern wollen, dass vergessen wird den Wasserhahn vollständig nach der Benutzung – zuzudrehen. Das ist in der Tat ärgerlich und falls das der Grund sein sollte, würde ich in jedem Fall die Version vorziehen, bei der mechanisch die Laufzeit zeitlich begrenzt ist. Ärgerlich ist es in jedem Fall. Ich mag ja prinzipiell den technischen Fortschritt. Furchtbar finde ich jedoch, wenn Neuerungen nicht zuverlässig funktionieren bzw. unzuverlässiger sind als zuvor. Innovationen sollten nie einfache Sachen verkomplizieren, was jedoch viel zu oft passiert. Der berührungslose Wasserhahn ist eine Pseudo-Innovation. Seitdem es sie gibt, lerne ich die normalen Wasserhähne zu lieben. Eine andere Geschichte ist es, die Hände wieder trocken zu bekommen. Man ahnt es, es ist nicht mehr so einfach wie früher. Das wäre aber schon fast die nächste Kolumne.
Es ist Sommer
Nun endlich ist Sommer. Jede Jahreszeit hat zwar ihre Reize, aber irgendwie ist der Sommer doch etwas Besonderes. Irritierend ist die Tatsache, dass es einen kalendarischen oder astronomischen und einen metereologischen Sommer gibt und beide nur ungefähr übereinstimmen. Der kalendarische Sommer beginnt am 21. Juni, der meteorologische Sommer hingegen am 01. Juni. Es gibt einen Kernsommer, also der Teil, bei dem alle Fakultäten zustimmen, dass nun Sommer ist. Irgendwie beruhigend eigentlich andererseits verwirrend, da es ja ca. 3 Wochen gibt, an denen nicht ganz klar ist, was nun eigentlich ist. Am 21.Juni ist jedenfalls der Tag, an dem es am längsten hell ist. Allgemein sagt man, dass die Tage danach ‚wieder kürzer werden’ (obwohl jeder weiß, dass ein Tag immer 24 Stunden hat). Früher war alles einfacher, da war einfach Sommer. Für viele ist ja der Sommer das Highlight des Jahren. Die Sonne scheint, es ist warm und die Leute sind gut gelaunt. Ich bin recht froh, wenn es nicht ganz so heiß ist und ich werde es nie verstehen können, was toll daran sein soll, wenn in der Sommerhitze klebrige Leiber vor sich hin transpirieren. Diesen Sommer 2009 finde ich ganz ok. Die Phasen zwischen sehr warm und nicht so sehr warm wechseln relativ rasch. Bevor man sich also an allzu extreme Wetterlagen gewöhnen muss, ändert sich das Wetter schon. Das ist auch gut für die ewigen Nörgler. Denn gerade in der höchsten Wahrscheinlichkeit des Sommerlochs haben die ewig Unzufriedenen Hochkonjunktur. Scheint die Sonne, ist es Ihnen zu warm. Regnet es, ist es ein scheiß Sommer. Ist das Wetter einfach mal grau, sind sie deprimiert. Dabei weiß doch jeder, dass es sich nicht lohnt, über das Wetter aufzuregen, da man bis auch die anthropologe Erwärmung kaum Einfluss auf das Wetter nehmen kann. Jedenfalls kommen die Wetternörgler dieses Jahr nicht richtig zum Zug. Hoffentlich entladen sie ihren Unmut nun nicht anderswo. Da ja jetzt auch noch ‚die Tage kürzer werden’ könnte da eine explosive Mischung entstehen und das auch noch so kurz vor der Wahl. Irgendjemand sollte hier mal eine Warnung aussprechen und die Bevölkerung auf dies virulente Gefahr hinweisen: ‚Warnung vor wetter-induziertem sozialen Sprengstoff!’ Was im Übrigen auch eine gute Sommerloch – Schlagzeile wäre.
Vergessen wir nicht, das Leben ist schön und bunt und eigentlich viel zu kurz um Dinge zu tun, die man nicht mag. Gerade im Sommer. Aber ehe man sich versieht, ist es schon wieder (gefühlter meteorologischer) Herbst und eigentlich wollte man doch in diesem Sommer so viele tolle, verrückte Sachen machen.
Eyjafjallajökull
Ein Vulkan spukt Asche und in halb Europa legt ein Flugverbot den Luftverkehr lahm. Tausende Reisende sitzen fest, sogar die Produktion bei BMW muss gestoppt werden. Ein überraschendes Ereignis und nun, ein paar Tage später läuft der Flugverkehr schon fast wieder normal. Interessant an diesem Vorfall sind vor allem zwei Dinge. Zum einen wird den Menschen mal wieder bewusst, dass trotz aller verfügbarer Technik und entwickelter Technologie die Natur ein Eigenleben führt und zum Teil unkalkulierbar ist. Mehr Demut gegenüber unserer Umwelt scheint angebracht und die Erinnerung, dass wir Menschen Gast sind auf der Erde und die Erde ohne uns weiter existiert aber eben nicht umgekehrt.
Das andere wirklich erstaunliche an dieser Ereigniskette – Vulkanausbruch – Aschewolke – Flugverbot – dass niemand mit absoluter Sicherheit sagen konnte, was da eigentlich passiert war und welche Konsequenzen das haben wird. Die Datenlage war sehr dünn, Messergebnisse erst nach Tagen verfügbar. Da Sicherheit nun einmal vorgeht, hat die Flugsicherung den Luftraum gesperrt. Das ist nachvollziehbar und absolut verständlich. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn auf Grund der Aschewolke Menschenleben zu beklagen gewesen wären. Das wirklich erstaunliche an der Situation ist jedoch, dass viele der Beteiligten sich eine Meinung auf Grund des vorliegenden Halbwissens bildeten und darin stark beeinflusst durch die Auswirkungen waren. Die Airlines waren die ersten, die das Flugverbot in Frage stellten, viele Passagiere waren hin und her gerissen zwischen Sicherheitsbedenken und den Unannehmlichkeiten. Niemand wusste etwas Genaues aber viele der Beteiligten meinten mehr zu wissen und meldeten sich wortgewaltig. Alles war Spekulation! Eine besonders traurige Figur machte wieder einmal die Politik – allen voran Herr Ramsauer. Man kann sich nur immer wieder wundern, wie und vor allem warum solch Orientierungslose auf Ministerposten gehievt werden.
Bis heute ist nicht genau zu ermitteln, ab welcher Größe die Partikel der Asche den Triebwerken schaden. Wäre nicht genau das mal ein erster Schritt, damit im Wiederholungsfall (z.B. falls der Katla aktiv wird) nicht wieder alle nur spekulieren und im Geschrei von Halbwissen der Sicherheitsaspekt gerade noch so durchsetzen kann?
Kassenkampf
Wer steht schon gern in einer Warteschlange? Niemand. Endlos erscheinen die Sekunden und Minuten, bis man endlich an der Reihe ist. Es gibt Geschäfte, da sind immer Warteschlangen und andere haben das irgendwie im Griff. Das ‚Wartepotential‘ scheint für Kunden ein wichtiges Kriterium beim Vergleich der Einkaufsmöglichkeiten zu sein.
Nun wäre ja die einfachste Option um Warteschlangen möglichst kurz zu halten, mehr Kassen zu betreiben – quasi durch Parallelisierung den Durchsatz zu vergrößern. Das bedeutet jedoch höhere Kosten und welcher Händler will das schon. Das Ziel vieler Einzelhändler scheint vielmehr zu sein, die bestehende Kapazität – zu annähernd gleichen Kosten – zu erhöhen. Diese serielle Steigerung wiederum bedeutet für das Personal Höchstleistung. Aber nicht nur für das Kassenpersonal – auch für die Kunden. Diese werden regelrecht dressiert von den Einzelhändlern. Wer ab und zu bei Aldi oder Lidl o.ä. einkauft, weiss wovon ich spreche. Das kann richtig stressig werden, zumal der ganze Kassiervorgang ja quasi als Wettstreit zwischen Kassierer(in) und Kunde inszeniert wird. Wer zuerst fertig ist, hat gewonnen. Nun gut, als Kunde kann man eigentlich nie gewinnen: Irgendwann kommt man in die Nähe der Kassenzone und legt die ausgewählten Produkte auf das Warenband. Die Kassenkraft fetzt in Höchstgeschwindigkeit den Einkauf Stück für Stück über den Scanner, nur unterbrochen von evtl. Wiegevorgängen für Obst / Gemüse oder ähnliche Artikel ohne Code für den Scanner. Das ist der Frontalangriff im Kassenkampf. Die geschickte Verteidigung sieht so aus, dass man wieselflink alle Artikel am Ende des Bandes wegräumt – in den Einkaufswagen oder so – damit kein Stau entsteht. Die Situation spitzt sich noch zu, wenn der letzte Artikel eingescannt wurde und wie ein Torschuß der Preis in schrillem Quitschen das monotone Kassenzonengerassel zerreisst: „45,62 bitte“. Jetzt ist der Ball beim Kunden. Kann er parieren, wie sieht seine Verteidigung aus? In der Regel ist der Kunde noch mit dem Verstauen der Waren beschäftigt und wird eiskalt erwischt. Die Niederlage ist abzusehen – Geld wird rausgefummelt, bezahlt und dann zu Ende eingepackt. Nun kann es schon mal passieren, dass die Kassiererin ihren Sieg genüsslich auskostet und entweder mit den Augen rollt oder noch mit beim einpacken hilft. Einkaufsprofis rücken ja gleich zu zweit an. Da ist zwar feige, aber wenn einer einpackt und der andere zahlt hat man eine Chance, die Taktgeschwindigkeit der Kasse zu erreichen. Aber warum eigentlich? Warum muss man sich so hetzen lassen? Die meisten lassen sich nötigen, ohne es zu merken, bzw. empfinden es als normal. Ich habe mir angewöhnt, nur noch mit Karte zu bezahlen, selbst wenn ich meistens ausreichend Bargeld dabei habe. Das gleicht einer Vollbremsung in der Kassenzone. Während die Verbindung zu ihrer Bank hergestellt wird, kann man in Ruhe einpacken. Falls das zeitlich nicht reichen sollte, einfach mal die falsche Geheimzahl eingeben. Das bringt zusätzliche Zeit und vor allem die Genugtuung ein Unentschieden erkämpft zu haben.
Eine gute Zeitung
Zeitungen sind was Fantastisches! Sie erscheinen jeden Tag (zumindest kann jeden Tag eine Zeitung gelesen werden, berücksichtigt man die Sonntagszeitungen). Sie sind meistens aktuell, enthalten Neues, Informationen und teilweise auch Wissen. Klar, man kann nicht alle lesen aber wie wählt man aus?
Bei Büchern gibt es ja die Bestseller, die erleichtern die Entscheidung. Wenn man sich also für einen solchen entscheidet, hat man die Gewissheit, dass schon jede Menge Leute vorher das Buch gekauft und vielleicht auch gelesen haben. Dass das jedoch keine Garantie dafür ist, tatsächlich ein gutes Buch zu erwerben, wissen wir seit Babara und Allan Pease‘ „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“. Dennoch dient es vielen als Orientierungshilfe. Im Unterschied zu Zeitungen, die ja täglich mit neuem Inhalt erscheinen, werden Bücher unregelmäßig aufgelegt. Die Entscheidung für ein Buch ist insofern folgenreicher und nicht direkt vergleichbar mit einer täglich neu erscheinenden Zeitung, mit der Option, am nächsten Tag zu wechseln.
Dennoch hat der Vergleich Buch – Zeitung – einen gewissen Charme, da – übertragen auf die Ausgangsfrage – die Bild-Zeitung unsere erste Wahl sein müsste.
Aber ist es wirklich so einfach? Die Bild-Zeitung ist die auflagenstärkste Zeitung aber es gibt wohl kaum jemand, der richtig stolz darauf ist, Leser der Zeitung zu sein. Die Überschriften sind zu groß, die Bilder auch und der Inhalt ist zu flach. Eine gute Zeitung zeichnet sich zunächst einmal durch umfangreichen Inhalt aus – gut ausgewogen in Tiefe und Vielfalt. Gewöhnlich liest man nicht mehr als fünfzig Prozent einer Zeitung und das ist ein guter Wert. Gute Überschriften sind fesselnd und beim Überfliegen bleibt man als Leser an denen hängen, die den persönlichen Interessen entsprechen und die neugierig machen. Jeden Tag also ein neues Spiel.
Ich persönlich schätze an einer Zeitung, wenn sie mir persönlich Freiraum lässt, mir meine Meinung zu bilden, jedoch ausreichend Informationen zur Verfügung stellt – möglichst neutral. Das erfordert Nachdenken und aktiven Umgang mit der Materie und das ist der entscheidende Unterschied zur Bild-Zeitung, die einem das größtenteils abnimmt.
Diese Balance recht gut trifft die Süddeutsche Zeitung, aber auch die Financial Times Deutschland. Ergänzt man die Lektüre dann noch mit Die Zeit und der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und ab und zu auch mal die Bild-Zeitung, ist man gut informiert und hat ausreichend Stoff zum nachdenken. Einer Leserbefragung würde ich sowas dennoch niemals anvertrauen,
Alles Bio?
Vor langer Zeit war ja alles einmal irgendwie Bio. Es gab zu Zeiten von Goethe und Schiller keine Geschmacksverstärker und keine Tiefkühlpizza mit Käseersatz. Die Industrialisierung brachte viele Vorteile für Kunden (längere Haltbarkeit durch Konserven) aber vor allem für die Hersteller in Form von Automatisierung und Skaleneffekten. Seit Jahren gibt es nun unter dem Namen Bio viele Lebensmittel wieder in möglichst natürlicher Form und ohne die durch die Industrialisierung bedingten Nebeneffekte. Klar ist Bio teurer, ja es muss in der Herstellung teurer sein wenn das Lebensmittel im Mittelpunkt steht und nicht der Herstellungsprozess. Jeder muss für sich entscheiden, ob ihm das der höhere Preis wert ist. Für mich ist der wichtigste Grund für Bio das Vertrauen. Nun bin ich kein leichtgläubiger Mensch, aber irgendwie kann ich es glauben, dass auf einem Bauernhof, den ich mir sogar anschauen kann, die Produkte möglichst natürlich sind und die Erzeugung mit einer ökologischen Überzeugung erfolgt. Großkonzerne unterliegen anderen Motivationen und dem Ziel ist Gewinnmaximierung. Prinzipiell ist das nichts Schlechtes – es ist das Grundprinzip der Marktwirtschaft – aber wie viele erschreckende Beispiele anschaulich zeigen, leiden die Produkte darunter. Lukrativ ist nur, was sich einfach herstellen aber teuer verkaufen lässt.
Nehmen wir als Beispiel den Nescafé Xpress:
Der besteht aus 75% fettarmer Milch, 19,4% Kaffee (aus löslichem Bohnenkaffee), Zucker, Stabilisatoren (E460, E466), Säureregulator (E500, E332) und Aroma. Auf einen Liter umgerechnet würde das Milchgetränk ca. 8,00 Euro kosten – zum Vergleich: ein Liter fettarme (Bio)Milch kostet ca. 1,00 Euro. Für den Hersteller ist es ein ideales Geschäft – extrem einfach herzustellen und mit einer riesigen Marge. Leider schmeckt es wohl noch nicht mal. Laut der Tester des WDR-Fernsehens ist der Geschmack „Nur süß, holzige bis muffige Note, nur ein Hauch von Kaffeearoma, komischer Nachgeschmack.“ (WDR: http://www.wdr.de/tv/servicezeit/essen_trinken/sendungsbeitraege/2009/0515/01_kaffeedrinks_im_test.jsp) Für richtige Bio-Fans ist so was ein Alptraum – fast nur künstliche Zutaten, extrem teuer und nicht schmeckend! Die preisliche Nähe zu Bioprodukten geht direkt als Gewinn an den Hersteller. Im Gegensatz dazu rechtfertigt sich der Preis bei Bioprodukten in der Regel durch den höheren Aufwand in der Herstellung und der Vermeidung industrieller Methoden. Und genau das ist der Grund, warum ich gerne und oft (aber nicht ausschließlich!) Bio-Produkte kaufe. Ich fühle mich einfach gut damit.
In der Financial Times Deutschland vom 22.05.2009 steht ein Kommentar von Michael Skapinker („Warum ich kein Bio kaufe“). Er argumentiert, dass der Beweis nicht erbracht ist, dass Bio-Lebensmittel nahrhafter seien als konventionelle Lebensmittel. Fairtrade sei besser als Bio und das Bio auch nicht besser für das Klima sei. Den wahren Grund, warum Leute Bio kaufen, hat er wohl nicht begriffen, der Herr Skapinker. Vielleicht hilft der neue Film Food.Inc beim Verständnis, jedenfalls trauen die meisten Bio-Konsumenten den Bio-Bauern und Bio-Produzenten wohl eher zu, die besseren Lebensmittel herzustellen.
Kinder an die Macht
Im Moment werden ja viele Kindertagesstätten und Kindergärten bestreikt. Dass in Deutschland gestreikt wird, ist zwar nichts Ungewöhnliches aber gewiss auch nicht alltäglich. Milchbauern streiken für höhere Milchpreise, vergessen dabei aber, dass sie selber mit verantwortlich sind, dass es bei sinkender Nachfrage immer mehr Milch gibt und diese immer abenteuerlicher hergestellt wird. Heutige Milch aus dem Supermarkt wird in der Herstellung derart behandelt, dass sie kaum noch als Milch zu bezeichnen ist. Früher konnte man Milch, falls sie schon sauer war in Schälchen füllen und dann einige Zeit später als Dickmilch genießen. Probiert man das heute, bekommt man eine ungenießbare Suppe und man wundert sich, ob das wohl ursprünglich wirklich mal Milch war. Mit den Bauern muss man also kein Mitleid haben. Sie haben die Herstellung immer weiter optimiert und effizienter gestaltet mit dem Ergebnis, dass sie heute billiger und mehr herstellen, aber das gesunde Image der Milch leidet und die Leute lieber was anderes trinken.
Dass Erzieherinnen streiken indes ist neu und irgendwie für viele auch überraschend. Kinder zählen in Deutschland nicht als systemrelevant sind quasi unbedeutend.
In einer Krise wird deutlich, was einer Gesellschaft wichtig ist. Da die Regierung für die Rettung von Banken mehrere Milliarden spendiert, für die Erziehung unserer Kinder jedoch kaum bereit ist, mehr Geld in die Hand zu nehmen, kann man konstatieren, Banken sind wichtiger als der Nachwuchs. Oder anders ausgedrückt, die Zukunft Deutschland wird gerade verzockt. Der Nachwuchs jedoch bedeutet unsere Zukunft!
Warum gibt es keine Millionen-Boni für Kindergärtner und Kindergärtnerinnen und welchen Beitrag leistet ein Banker für die Zukunft von Deutschland? Ich glaube, es braucht sich niemand wundern, wenn Deutschland altert. Wir tuen alles für den Wohlstand und vergessen dabei die Zukunft. Solange die Renten in Deutschland staatlich gesicher sind, Kinder aber privates Risiko bedeuten, sollte sich niemand wundern, dass wir langsam aussterben. Statistiker gehen davon aus, dass in ein paar Jahren die Anzahl der Neueinschulungen um bis zu 25% zurück geht. 25% weniger Kinder in der Schule bedeuten mindestens 25% weniger Studenten und Fachkräfte und hoffentlich dann auch irgendwann 25% weniger Bankkunden. Ironie des Schicksals wäre es, wenn die Rendite der Deutschen Bank dann auch um 25% zurückgeht.
Fußball als Management-Theorie
Der FC Bayern hat diese Woche 0:4 gegen den FC Barcelona verloren, wobei das Ergebnis nur annähernd das ungleiche Spiel von ungleichen Gegnern ausdrückt. Große Betretenheit in München und die Erkenntnis, dass das System Klinsmann wohl gescheitert ist.
Viel spannender als die Tatsache des Versagens finde ich den Vergleich zwischen Klinsmann als Trainer der DFB-Auswahl (WM Dritter 2006) und Klinsmann als Chefcoach von Bayern München (in den letzten beiden Spielen 9 Gegentore!). Was ist passiert? Auf der einen Seite so erfolgreich und nun das personifizierte Verlierer-Gen?
Ich denke zunächst ist das eine verzerrte Wahrnehmung. Wenn man sich die jeweilige Vorgeschichte anschaut, wird klar was ich meine.
Da ist zum einen die desaströse Leistung des DFB-Teams bei der EM 2004 und Klinsmann übernimmt als Retter ein Team am Tiefpunkt mit viel Potential nach oben. Jede noch so kleine Verbesserung ist ein Erfolg und Dritter der WM zu werden zählt da als Riesenerfolg.
Für den erfolgsverwöhnten FC Bayern ist ein dritter Platz – egal in welchem Wettbewerb – mit einer Niederlage gleichzusetzen. Hier träumt man vom Tripple (Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League). Felix Magath wurden entlassen, da er ‚nur’ das Double schaffte! Mit dieser Vorgeschichte konnte Klinsmann eigentlich nur verlieren – außer er ist tatsächlich ein Genie. Die Frage Wie gut ist Klinsmann als Trainer tatsächlich? bleibt unbeantwortet. Und genau das ist aber das Problem! Auch in Unternehmen werden Positionen so besetzt. Es ist menschlich, nach dem Erfolg auszuwählen und Kompetenz implizit anzunehmen und weiterhin anzunehmen, dass der Erfolg der Vergangenheit kopierbar ist.
Könnte es nicht so gewesen sein, dass Klinsmann bei der WM einfach Glück gehabt hat? Eine gute Mannschaft ist ein Selbstläufer. Als Trainer kann man da eigentlich nicht viel falsch machen. Wenn der Erfolg jedoch auf Glück und nicht auf Kompetenz beruht, ist er nicht reproduzierbar – was der FC Bayern nun gerade schmerzlich erfahren muss.
Dieser Fall tritt tausendfach so oder in ähnlicher Form in Organisationen und Unternehmen auf. Bei der Neubesetzung von Positionen werden die Erfolge der Bewerber mit dem Wunsch der Wiederholung verknüpft. Als Ursachen der Erfolge werden Kompetenz vorgegeben und auch angenommen. Inkompetenz im Management – vor allem im mittleren Management – ist jedoch ein weit verbreitetes Phänomen. Systemkonformismus ist den meisten viel wichtiger als tatsächlicher Mehrwert für das Unternehmen oder die Organisation. Exzellenz wird zwar gefordert, aber Durchschnitt gefördert. Die Fehlbesetzung einer Managementposition fällt jedoch selten sofort auf. Ein stabiles Umfeld und gute Mitarbeiter schützen schlechte Chefs – ein Paradox. Um diese gefährliche Mittelmäßigkeit zu beenden sollten in Organisationen – ähnlich wie beim Fußball – Herausforderungen vergleichbar der Champions League eingeführt werden. Die Idee mag noch nicht ganz ausgereift sein, der Charme besteht jedoch in der Konsequenz für das Management. Es würde Erneuerung statt Stillstand bedeuten.
Aber wer will schon aus seiner Kuschelecke raus?
Bundelsliga für Lehrer
Einige Bundesländer verleihen ihre Lehrer an andere um den Lehrermangel dort zu lindern, so jedenfalls eine Schlagzeile diese Woche. Der Lehrermangel hat nun schon dramatische Dimensionen angenommen, mag man meinen. Aber es kommt noch schlimmer, vor allem da – wieder einmal – nur an den Symptomen gewerkelt wird, statt an den Ursachen zu operieren.
Eine Parallele drängt sich geradezu auf: die Bundesliga. Auch hier wird das Personal fleißig verliehen. Nicht jedoch um den Mangel an Spielern anderswo zu lindern, sondern schlicht aus betriebswirtschaftlichen Gründen. Der Spielermarkt wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt – im Unterschied zu den Lehrern in Deutschland. Damit sind wir mitten im Vergleich zwischen Spieler-Verleih und Lehrer-Verleih. Frappant ist zunächst der riesige Unterschied im Gehalt. Das Monatsgehalt eines (älteren) Lehrers entspricht schätzungsweise dem Tagessalär eines Spielers – eines schlechten Spielers wohlgemerkt. Bei jüngeren Lehrern ist die Dimension wohl noch erschreckender. Was mag die Ursache für solche Verzerrungen sein? Und die Frage ist nicht, warum die Spieler soviel verdienen, sondern warum die Lehrer so wenig verdienen. Unbestritten ist doch, dass Lehrer wesentlich mehr für die Zukunft des Landes tun, als schlechte Fußballspieler.
Die Bundesliga ist die höchste Spielklasse in Deutschland und wird dementsprechend auch professionell vermarktet. Gelder kommen hauptsächlich durch Fernsehrechte, Übertragungsrechte und Werbeeinnahmen in die Kassen der Clubs. Es ist ein Milliardenmarkt und das Interesse erwächst aus der emotionalen Bindung der Fans zu ihrem Verein und der vielen Fußballbegeisterten. Anders die Schule, sie ist eine Pflichtveranstaltung, gefangen im grauen Wirrwarr der Zuständigkeitsbereiche zwischen Gemeinden, Ländern und Bildungsministerkonferenzen. Anders als beim Fußball versucht man hier, möglichst viel Bildung durch möglichst billige Lehrer zu vermitteln. Fußballclubs haben verstanden, dass gute Spieler teurer sind. Deshalb verwundert es auch nicht, wenn das Ansehen der Lehrer und damit auch die Attraktivität des Lehrerberufes stetig fällt. Studienanfänger wählen Lehramt lediglich als Alternative, wenn andere Fächer zu anspruchsvoll sind. Eine Spirale nach unten, die die Verschärfung des Lehrermangels erwarten lässt. Das Verleihen ist da nur eine Kosmetikmaßnahme. Besser wäre, statt die Abwrackprämie für Altautos zu verlängern und so den Markt für Autos auf Jahre kaputt zu machen, das Geld in die vielbeschworene Bildung zu investieren. Das Gehalt der Lehrer zu verdoppeln klingt auf den ersten Blick wie eine unüberlegte Maßnahme. Aber es ist wohl der einzige Weg, um die gesellschaftliche Rolle des Lehrers entsprechend anzuerkennen und das Ansehen wieder zu verbessern. Der Vergleich mit der Bundesliga ist sicher extrem, aber einige nützliche Elemente sollten ruhig übernommen werden, um auch den Wettbewerb um die besten Lehrer anzukurbeln, bzw. erst einmal einen Lehrermarkt entstehen zu lassen. Vielleicht haben ja heute vereinzelt Lehrer schon Fans oder gar Fanclubs?
In Thailand können übrigens nur die Besten des Jahrganges Lehrer werden, von einem Mangel an Pädagogen ist nichts bekannt.